Kundenansprache: Frische Ideen für Verbraucher

Digitalisierung und Wettbewerb im Zahlungsverkehr

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Die laufende Welle der Digitalisierung ist kein isolierter Prozess, der allein von der IT-Abteilung getrieben wird und im papierlosen Büro gipfeln soll. Von der Kundenansprache über die Geschäftsprozesse bis hin zur Infrastruktur gilt es, eine digitale Institution zu schaffen.

Digitalisierung und Wettbewerb im Zahlungsverkehr

Die Digitalisierung ermöglicht Banken und Sparkassen neue Wege der Kundenansprache.

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Zurzeit legt die europäische Finanzbranche die Fundamente für eine umfassende Digitalisierung ihrer Infrastruktur und Prozesse sowie ihrer Leistungen und Nutzenversprechen an ihre Kunden. Instant Payments werden europaweit möglich. Es werden standardisierte, offene Schnittstellen zum Austausch von Daten zwischen Zahlungskonten definiert, sowie neue Technologien für die Initiierung, Autorisierung und Sicherung von Zahlungen entwickelt.

Die Erneuerung von IT-Infrastruktur und Prozessen in Richtung Echtzeitzahlungen und Open Banking-Ansätzen liefern die Grundlage dafür, die Kundenansprache umfassend zu digitalisieren. Neben den bekannten internationalen Technologiekonzernen sind in den vergangenen Jahren in Europa und Deutschland auch viele FinTech-Unternehmen gestartet. Seit 2012 haben Venture Capital-Firmen fast drei Milliarden Euro in deutsche FinTechs investiert. In den ersten neun Monaten diesen Jahres waren es 778 Millionen Euro, mehr als im gesamten vergangenen Jahr. Diese Start-ups haben frische Ideen in den Markt gebracht und die etablierten Spieler aufgeweckt.

Zwei aktuelle FinTech Trends

Zwei Trends lassen sich beobachten:

  • Vernetzung und
  • Kooperation.

Vernetzung und Integration

FinTechs beginnen sich untereinander zu vernetzen und ausgewählte Leistungen zu integrieren. Zugute kommt ihnen hier, dass sie „auf der grünen Wiese“ entstandene, offene, modulare Systeme nutzen können, die es ihnen erlauben, zusätzliche Dienste problemlos anzuschließen.

Fraglich bleibt, ob den Kunden letztlich bewusst ist, wer der eigentliche Vertragspartner ist, an wen sie sich im Problemfall wenden können und wer ihre Daten hält und verarbeitet. Hier ist es sehr wichtig, die Kunden einfach und verständlich zu informieren, um ihr Vertrauen zu erhalten.

Kooperationen zwischen Kreditinstituten und FinTechs

Kooperationen zwischen Kreditinstituten und FinTechs nehmen weiter zu. Die einen können ihren Kunden auf diese Weise innerhalb kurzer Zeit, bequeme und innovative Leistungen anbieten. Die anderen erhalten Zugang zu einer großen Kundenbasis und profitieren unter anderem vom Vertrauensvorsprung und der regulatorischen Expertise.

Klar ist aber auch: Die schicke App kann nur so gut sein, wie die darunter liegende IT- und Prozesslandschaft.

Smartphone im Mittelpunkt der Digitalisierung

Gleichzeitig sind die Kreditinstitute selbst aktiv geworden. Sie haben Ideen für schnelle, einfache, sichere Zahlungen entwickelt, die bestmöglich an die Bedürfnisse der Nutzer angepasst und in deren Alltag integriert sind. Und der Handel träumt vom Bezahlen einfach im Vorbeigehen – en passant. Die Schlagworte sind wohl bekannt: „invisible, seamless, handsfree“ und so weiter. Erste „Convenience-Shops“ eines Technologieriesen in den USA kommen schon ganz ohne Kasse aus.

Im Zentrum dieser Bemühungen steht dabei das Smartphone. Es erlaubt, Transaktionsdaten mit verschiedensten Technologien – z.B. NFC (Near Field Communication), QR (Quick Response) Code, Bar Code – zu übertragen, Zahlungsmittel in digitalen Wallets zu speichern und dies mit unterschiedlichen Authentifizierungsmechanismen – beispielsweise biometrischen Merkmalen wie etwa den Fingerabdruck oder anderen – zu kombinieren.

Allein in diesem Jahr werden in Deutschland voraussichtlich 23 Millionen Smartphones verkauft. Fast jeder besitzt eines und schaut im Durchschnitt 88 Mal am Tag drauf.

Die mobile Internetnutzung steigt rasant. Bei den 18- bis 29-Jährigen surfen 90 Prozent mobil. Besonders aktiv sind die Menschen im M-Commerce unterwegs, d.h. sie kaufen Waren, buchen Reisen und bezahlen vor allem immer häufiger von unterwegs. Im Smartphone verschmelzen die Kanäle. Es kann sowohl im Laden zum Bezahlen eingesetzt werden als auch beim mobilen Einkaufen oder bei P2P-Zahlungen.

Offener Wettbewerb am Point-of-Sale

Dagegen ist der Wettbewerb um alternative Bezahlverfahren an der Ladenkasse noch offen. Für den klassischen POS (Point of Sale) bieten immer mehr Publikums- und Whitelabel-Banken eigene Lösungen an, ebenso Handelsketten, ein etabliertes Bonussystem und nicht zuletzt PayPal, Google und demnächst Apple. Sogar Alipay ist inzwischen an einigen Kassenterminals in Deutschland und Europa angekommen.

Der Wettbewerb – und damit die Fragmentierung des Marktes – nimmt zu. Verbraucher hingegen bevorzugen flächendeckende, einheitliche Lösungen analog etwa zur Kartenzahlung. Wer will schon mit sechs verschiedenen Bezahl-Apps hantieren müssen? Käufer wechseln dann zu einem neuen Zahlungsmittel, wenn dieses einfach zugänglich, bequem zu bedienen, sicher ist und ihnen einen zusätzlichen Nutzen gegenüber den bisherigen Instrumenten bietet.

Schnelligkeit gewinnt an Bedeutung

„Time to market“ ist hier von entscheidender Bedeutung. Die deutsche Kreditwirtschaft hat erst kürzlich die girocard ins Smartphone gebracht. Sie kann in der Banking-App hinterlegt werden. Die Zahlung erfolgt wie mit der kontaktlosen Karte, per Near Field Communication (NFC) im Laden.

Die Vorteile liegen auf der Hand: In ihrer physischen Form ist die girocard bekannt und weithin akzeptiert. Zudem vertrauen die Konsumenten am meisten ihrer Bank bzw. Sparkasse als Anbieter mobiler Zahlverfahren. Diese laufen sicher ab und es werden nur die für die Zahlung notwendigen Daten gesammelt. Auf dieser Basis könnte girocard mobile Marktanteile gewinnen und zum Erfolg werden.

Eine Einschränkung gibt es allerdings. Das mobile Bezahlen per girocard funktioniert bislang nur für Android-Telefone. Apple behält aktuell seine NFC-Schnittstelle der eigenen kontaktlosen Bezahlanwendung, Apple Pay, vor. Das bedeutet, dass fast ein Drittel der Smartphone-Nutzer nicht mit der girocard mobil bezahlen können. An diesem Beispiel zeigt sich ein Dilemma des digitalen mobilen Banking: Es sind nicht alle Teilnehmer in der Wertschöpfungskette, die offene Schnittstellen für den Austausch notwendiger Daten bereitstellen. Das behindert den Wettbewerb und kann Märkte zementieren.

P2P-Zahlungen stehen noch am Anfang

Zahlungen zwischen Privatpersonen über P2P-Anwendungen stehen in Deutschland noch am Anfang. In anderen europäischen Ländern wie Schweden existieren schon seit längerem sehr erfolgreiche Dienste. Sparkassen und Genossenschaftsbanken haben vor einiger Zeit kwitt vorgestellt. Pressemeldungen zufolge nehmen die Kunden die Funktion wohl sehr gut an. Das passt zu den Erhebungen der Bundesbank im Rahmen der jüngsten Zahlungsverhaltensstudie, wonach bereits im ersten Jahr 5 Prozent der Befragten auf diese Weise Geld an Freunde oder Bekannte geschickt haben.

Einige private Banken bieten ebenfalls eine P2P-Funktion in ihrer Banking-App an. Zudem gibt es weitere, davon unabhängige P2P-Lösungen. Paydirekt beispielsweise möchte damit sein Angebot erweitern, was die Attraktivität erhöhen könnte. Aus meiner Sicht ist für den durchgreifenden Erfolg jedoch eine breite Erreichbarkeit wichtig. Nutzer anderer Anwendungen sollten adressiert werden können.

Um solche Transfers SEPA-weit zu erleichtern, wird im Auftrag des Euro Retail Payment Boards an der Erstellung eines pan-europäischen Proxy-Verzeichnisses gearbeitet. Dabei wird die IBAN zum Beispiel mit der Telefonnummer oder einem Nutzernamen verlinkt.

Mobile Zahlungen als Chance für die Banken

In Verbindung mit einfachen, sicheren, eventuell biometrischen Authentifizierungsverfahren und leicht bedienbaren Apps könnte mobilen Zahlungen der Durchbruch europaweit gelingen. In Australien ist ein solcher Proxy Service direkt an die New (Instant) Payment Plattform der Kreditwirtschaft gekoppelt und ermöglicht die bankübergreifende Adressierung von Konten.

Gelingt dies, könnte das Konto wieder in das Zentrum der Kundenbeziehung rücken; und damit das kontoführende Institut. Banken und Sparkassen sollten diese Chance ergreifen und nutzen. Sie sollten entschlossen handeln, um wichtige Märkte frühzeitig zu entwickeln und von Netzwerkeffekten zu profitieren. Und dabei nicht vergessen, dass es Kunden gibt, die trotz aller Digitalisierung das Analoge bevorzugen oder die keine Möglichkeit haben, sich in die digitale Welt zu begeben.

Über den Autor

Burkhard Balz

Burkhard Balz ist Mitglied des Vorstands der Deutschen Bundesbank, zuständig für die Bereiche Zahlungsverkehr und Abwicklungssysteme sowie Ökonomische Bildung, Hochschule und Internationaler Zentralbankdialog. Der gelernte Bankkaufmann und Jurist war lange Zeit im Firmenkundengeschäft der Commerzbank tätig und von 2009 bis 2018 Mitglied des Europäischen Parlaments.

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