Bankfilialen im Metaverse?

Der Hype um virtuelle Erlebniswelten

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Das Metaverse ist der aktuelle Internet-Toptrend. Handelt es sich nur um einen neuen Hype oder steckt tatsächlich ein hohes Ertragspotential dahinter? Und wie schaut es für Finanzdienstleister aus? Sollten sie virtuelle Filialen aufmachen?

Cartoon: Willkommen im Metaverse unserer Bank

Willkommen im Metaverse unserer Bank.
© Tom Fishburne

Partner des Bank Blogs

Atruvia ist Partner des Bank Blogs

Bereits seit längerem werden digitalen Realitäten große Chancen eingeräumt. Augmented Reality, Virtual Reality, Mixed und Extended Reality sollen helfen, physische und digitale Erfahrungen zu überbrücken. Im Metaversum (englisch: Metaverse) soll nun die Zukunft des Internets liegen. Die reale Welt soll im Web 3.0 um eine virtuelle ergänzt – manche meinen sogar ersetzt – werden. Geprägt wurde der Begriff übrigens vor über 30 Jahren vom Science-Fiction-Autor Neal Stephenson.

Idealisten erwarten, dass das Metaversum ein weitläufiger, digitalisierter Gemeinschaftsraum wird, in dem sich Nutzer frei mit Marken und untereinander auf eine Art und Weise verbinden können, die es ermöglicht, sich selbst auszudrücken und Freude zu wecken. Unternehmen erwarten eher einen gepflegten, werbegeladenen Newsfeed, der von Plattformen wie Facebook präsentiert wird und in dem es neue Möglichkeiten des Geldverdienens gibt.

Metaverse: Megatrend oder Marketing-Hype?

Kein Zweifel: Die Verbindung von realer und digitaler Welt bietet faszinierende Möglichkeiten. Diese gehen weit über die bereits vorhandenen virtuellen Landschaften hinaus, die vor allem in zahlreichen Computerspielen bereits Realität sind.

Doch auch wenn Mark Zuckerberg es gerne so hätte, es wird nicht ein einziges Metaversum geben. Nicht nur Facebook (oder Meta, wie der Social Media Gigant seit neuestem heißt) träumt von gigantischen Perspektiven, vor allem zum Geldverdienen. Zahlreiche Tech-Firmen arbeiten an eigenen Internet-Landschaften und diese werden kaum miteinander kompatibel sein. Statt eines einzigen wird es also viele Metaversen geben.

Marketingexperten sind (zu) euphorisch

Wenn Marketingteams darüber nachdenken, wie sie mit dem Metaversum experimentieren können, besteht schon jetzt die Gefahr der Marketing-Kurzsichtigkeit. Innerhalb der Unternehmen kann man sich leicht vorstellen, dass die Verbraucher nur darauf warten, sich „frei“ mit ihrer Marke zu verbinden. In Wahrheit denken Menschen weit weniger über Marken nach und warten keineswegs darauf sich permanent mit ihnen zu beschäftigen.

Die Metaverse ist nicht mehr – aber auch nicht weniger – als das Internet selbst. Das Web wird verbessert und aktualisiert, um konsistente 3D-Inhalte, räumlich organisierte Informationen und Erfahrungen sowie synchrone Kommunikation in Echtzeit bereitzustellen.

Bankfilialen im Metaversum?

Auch Finanzinstitute planen schon für das Metaverse – zumindest international. So sind einige südkoreanische Institute bereits mit eigenen Plattformen an den Start gegangen. Und JPMorgan hat kürzlich bekannt gegeben, eine Metaverse-Lounge zu eröffnen und zugleich ein Diskussionspapier zu den Chancen im Metaversum herausgegeben. Demnach „scheinen die Möglichkeiten interaktiver, digitaler Welten grenzenlos“.

Viele Institute überlegen, wie Vertriebs- und Servicefähigkeiten, die jahrzehntelang in der physischen Welt aufgebaut wurden (wirklich?), in die neue virtuelle Welt übertragen werden können. Ziel ist es, sich als große Gewinner zu positionieren, wenn die Kunden dort auftauchen. Hinzu kommt beim einen oder anderen die Angst, mal wieder einen wichtigen Trend zu verpassen und als Verlierer gegenüber digitalen No-Names oder BigTechs dazustehen.

Es gab vor über zehn Jahren schon mal die Euphorie Bankfilialen auf Facebook zu eröffnen. Davon ist wenig übriggeblieben. Der aktuelle Metaverse-Hype wird dennoch dazu führen, dass Milliarden Euro in viel Unsinn investiert werden: Virtuelle Grundstücke, digitale Avatare und anderer virtueller Krimskrams.

Communities gibt es auch im realen Leben

Es darf aber nicht vergessen werden: Die wahren Nutzer im Internet sind Menschen. Mit den vielfach vertretenen Bots lassen sich keine Geschäfte machen. Und auch im Metaversum stehen Menschen hinter den Avataren. Wie soziale Netzwerke schon heute, wird das Metaverse zukünftig dazu führen, dass manche Nutzer mit verschiedenen Pseudonymen in bestimmte digitale Communities eintauchen. Diese digitale Parallelwelt kann aber nicht Grundlage von Bankgeschäften sein – mal ganz abgesehen von Compliance-Vorschriften.

Unabhängig davon, ob Sie eine eigene Metawelt aufbauen oder ein Markenerlebnis in eine bestehende Plattform einfügen, ist es wichtig, die tatsächliche Rolle der Marke im Leben der Menschen im Auge zu behalten. Schließlich müssen Marken die Menschen dort abholen, wo sie sind.

Wenn Banken und Sparkassen Menschen in bestimmten Communities erreichen wollen, ist dafür keine virtuelle Welt notwendig. Erinnert sei an die Zeiten, in denen Regionalinstitute, aber auch Großbanken in den lokalen Communities noch eine Rolle gespielt haben. Vielleicht also lieber versuchen, (noch) bestehenden Filialen neues Leben einzuhauchen, statt in virtuelle Filialen zu investieren, die dann am Ende auch leer stehen?

Über den Autor

Dr. Hansjörg Leichsenring

Dr. Hansjörg Leichsenring ist Herausgeber des Bank Blogs und der Finanzbranche seit über 30 Jahren beruflich verbunden. Nach Banklehre und Studium arbeitete er in verschiedenen Positionen, u.a. als Direktor bei der Deutschen Bank, als Vorstand einer Sparkasse und als Geschäftsführer eines Online Brokers. Als Experte für Strategien in den Bereichen Digitalisierung, Innovation und Vertrieb ist er gefragter Referent und Moderator bei internen und externen Veranstaltungen im In- und Ausland.

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Ein Kommentar

  1. Avatar

    Meistern der Metaverse Transition

    https://www.linkedin.com/pulse/metaverse-ready-take-off-social-toolset-creates-mindset-ren%25C3%25A9-stocker

    Im Bankenumfeld steht vorerst die Transition vom Web 1.0 (Website, Self-Service, E-Banking) auf Web 2.0 an. Die von wenigen Banken angebotenen beschränkten Web 2.0 – Komponenten wie Messenger und individueller Video-Call reichen für ein umfassendes Enterprise Social Network weder bei B2C für Kunden noch bei B2B für Drittanbieter aus.

    Ein direkter Schritt von Web 1.0 auf das Metaverse als mögliches neues Web 3.0 Internet kann ich mir ohne vorbereitete Strukturen und Anpassung des Mindset für die Kundenbetreuung nicht vorstellen. Deshalb ist zwingend ein Projekt (oder POC) zur Vorbereitung auf die wohl noch länger dauernde ‘Mixed Reality’ mit den Zielsetzungen gemäss Blog-Artikel

    http://www.enterpriseknowhow-blog.ch

    Voraussetzung, um den Anschluss nicht zu verpassen!

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