Robo Advice wird überbewertet!

Performance-Test legt strukturelle Schwächen offen

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Robo Advisor sollen die Geld- und Vermögensanlage revolutionieren. Doch funktioniert das in der Praxis? Ermöglichen die digitalen Vermögensverwalter eine höhere Performance? Ein seit 2015 laufender Test lässt zumindest Zweifel aufkommen.

Robo Adisor auf dem Performance-Prüfstand

Robo Adisor auf dem Prüfstand: Halten die Ergebnisse, was sie versprechen?

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Die automatisierte Vermögensverwaltung und Geldanlage ist, neben den Payment-Funktionen, ein wichtiger Ansatz zur Digitalisierung der Finanzbranche. Sogenannte Robo Advisor, ein Kunstwort zusammengesetzt aus Roboter und Berater, sollen die Geldanlage standardisieren, vereinfachen und verbessern. Der menschliche Anlageberater wird ersetzt von einem Algorithmus, der – laut Werbung – Kundengelder besser und kostengünstiger anlegen kann.

Ein Beitrag auf Brokervergleich, der mehrere „Robo Advisor im Echtgeld-Test“ zeigt, hat mich veranlasst, das Thema Geldanlage noch einmal grundsätzlich anzugehen. Spoiler Alert: normale Anleger benötigen keinen menschlichen oder maschinellen Vermögensberater und Profi-Anleger auch nicht.

Unterschiedliche Strategien der Geldanlage

Bei der langfristigen Geldanlage unterscheidet man aktive und passive Strategien. Eine passive Anlagestrategie bedeutet, dass man das Geld in einem Markt anlegt, der durch einen entsprechenden Index repräsentiert wird. Diese sogenannte Benchmark kann ein Aktienindex, ein Bondindex, ein Rohstoffindex oder ein Immobilienindex sein. Will man beispielsweise in den deutschen Aktienmarkt investieren, wäre eine mögliche Benchmark der DAX, für den europäischen Markt der EuroStoxx und für eine weltweite Aktienanlage könnte man den MSCI World wählen. Über Exchange Traded Funds (ETF) kann man kostengünstig direkt die jeweiligen Indizes kaufen und verkaufen. Die grundsätzliche Idee hinter dieser passiven Anlagestrategie lautet: niemand weiß mehr als der Markt – weder ein Mensch noch eine Maschine.

Aktive Anlagestrategien gehen davon aus, dass ein Mensch oder ein Algorithmus durch Auswahl einzelner Papiere, Märkte oder Asset Klassen besser anlegt als „der Markt“, repräsentiert durch die jeweilige Benchmark. In Aufschwungphasen soll die Rendite der Benchmark übertroffen werden, in Abschwungphasen soll der Verlust geringer ausfallen als im jeweiligen Gesamtmarkt. Für diese Leistung werden dann aber auch höhere Gebühren verlangt.

Die Historie zeigt: über einen längeren Zeitraum schlägt so gut wie kein menschlich-aktiv gemanagter Fonds die Benchmark dauerhaft. Aber möglicherweise erfüllen ja Robo Advisor diese Anforderung. Im Gegensatz zu Menschen können sie wesentlich schneller wesentlich mehr Daten verarbeiten und unterliegen keinen psychologischen Schwächen, die im Fachgebiet Behavioral Finance sehr schön herausgearbeitet wurden.

Diesen Vorteil der unvoreingenommenen, automatisierten Datenanalyse geben viele Robo Advisor leider sofort wieder auf. Unter der Annahme, dass Anleger sich nicht allein auf eine Maschine verlassen wollen, kombinieren sie Algorithmus mit menschlichen „Kapitalmarktexperten“. Und obwohl die Portfoliomanager langfristig immer schlechter als die Benchmark waren, wird im Jahr 2018 immer noch geworben mit: „Unsere Kapitalmarktexperten haben in den Handelsräumen weltweit ein Ohr am Markt und erkennen Ertragspotenziale, die kein Algorithmus errechnen kann“ (sponsored Post bei t3n von der Deutschen Bank zu ihrem Robo Advisor „ROBIN“).

Robo Advisor sind günstiger

Immerhin verlangen die Anbieter bei der automatisierten Geldanlage niedrigere Gebühren als bei traditionellen Fonds. Bei Investmentfonds fallen in der Regel bei Kauf ein Ausgabeaufschlag von etwa drei bis fünf Prozent und eine jährliche Verwaltungsgebühr von ca. ein bis zwei Prozent an. Die Gebühren der Robo Advisor bewegen sich bei etwa 0,5 bis einem Prozent jährlicher Grundgebühr, hinzukommen die Kosten der ETF und teilweise eine Erfolgsbeteiligung.

Schlagen Robo Advisor den Markt?

Und wie schlagen sich nun die Robo Advisor im Vergleich zur Benchmark?

Dazu hat „Brokervergleich“ im Mai 2015 Depots mit echtem Geld bei zunächst acht, seit Mai 2017 bei elf verschiedenen Robo Advice Anbietern eröffnet. Dieser relativ kurze Betrachtungszeitraum ist natürlich noch nicht geeignet, Aussagen über die langfristige Performance zu treffen. Erste Hinweise lassen sich jedoch entdecken.

An dieser Stelle werden die drei Testphasen von Brokervergleich übernommen:

  • Phase 1: seit 05/2015,
  • Phase 2: seit 05/2016 und
  • Phase 3: seit 05/2017.

Für den Vergleich wurde als Benchmark eine Kombination aus 50 Prozent MSCI World (Aktien weltweit) und 50 Prozent Barclays Aggregate Bonds (Anleihen) gewählt, was approximativ der tatsächlichen Zusammensetzung der jeweiligen Portfolios entspricht.

Während die Benchmark seit Mai 2015 eine Performance von plus 6,9 Prozent erreicht, liegt der beste Robo Advisor – vaamo – in dieser Phase lediglich bei 4,6 Prozent (nach Gebühren). Der Markt wurde also nicht von der Maschine geschlagen.

Die Phase 2 ergibt ein anderes Bild: während die Benchmark seit Mai 2016 um 9,8 Prozent zulegte, übertrafen sie gleich vier Anbieter: Whitebox mit 10,8 Prozent, SutorBank mit 10,7 Prozent, ginmon mit 10,4 Prozent und vaamo mit 10,2 Prozent). Es bleibt abzuwarten, ob die Robo Advisor nicht nur einmal, sondern dauerhaft die Benchmark schlagen können.

Die Testphase 3 seit Mai 2017 zeigt die Besonderheit, dass sich die Märkte negativ entwickelt haben – die Benchmark verliert 0,7 Prozent. Können die Algorithmen wenigstens in Abschwungphasen weniger verlieren als die Benchmark, wenn sie schon in Aufschwungphasen nicht mehr gewinnen?

Leider „übertreffen“ acht der elf getesteten Anbieter das negative Ergebnis der Benchmark. Drei performen jedoch besser, zwei weisen sogar eine positive Rendite trotz negativer Marktentwicklung auf: growney mit plus 0,6 Prozent und investify mit plus 0,1 Prozent.

Fazit: Robo Advisor performen nicht besser als traditionelle Investmentfonds

Die Performance der Robo Advisor unterscheidet sich also bislang nicht von den traditionellen Investmentfonds. Ein Schritt in die richtige Richtung ist die Verringerung der Gebühren. Allerdings können auch unerfahrene Privatanleger mit einer einfachen Strategie die Gebühren für ihre langfristige Geldanlage noch weiter senken. In einem späteren Beitrag werde ich das Vorgehen beschreiben.

Für die junge Anlagealternative Robo Advice bleibt aus meiner Sicht die Hoffnung, dass die Fehlerquelle „Mensch“ weitestgehend aus dem Anlageprozess entfernt wird und selbstlernende Algorithmen im Zeitablauf zumindest keine schlechtere Performance als die Benchmark erreichen.

Über eine kundenfreundliche, einfach zu bedienende App wäre es vielleicht möglich, den Menschen eine risikoadjustierte Anlagemöglichkeit ohne den unbeliebten Bankbesuch zu bieten, was bei unserem Rentensystem in Kombination mit der demografischen Entwicklung dringend notwendig ist.

Über den Autor

Prof. Dr. Andreas Buschmeier

Andreas Buschmeier ist promovierter Volkswirt und Professor an der BA Fulda. Neben seiner Tätigkeit als Studienleiter berät er mittelständische Unternehmen in ihrer Kommunikation mit Kapitalgebern. Banken unterstützt er in Fragen zu Geschäftsmodellen und Digitalisierung. In seinem Buch „Ratingagenturen – Wettbewerb und Transparenz auf dem Ratingmarkt“ hat er ein eigenes Ratingmodell entwickelt und dies Politik und Aufsichtsbehörden vorgestellt. Zusätzlich veröffentlichte er diverse Buchbeiträge und Zeitschriftenartikel. Erfahrungen im Bankgeschäft sammelt er seit 1990, als Hochschuldozent ist er seit 2003 tätig.

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