Robo Advice – Schöne neue Bankenwelt?

Computer-Algorithmen revolutionieren die private Vermögensverwaltung

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Kostengünstige, digitale Angebote ergänzen zunehmend das Portfolio der Anlageberatung. Vor allem Robo Advice bietet viele neue Möglichkeiten für Anbieter und Kunden. Es entstehen neue Formen der Zusammenarbeit zwischen Banken und FinTechs. Die Regulierung muss an diese Entwicklung angepasst werden.

Robo Advice im Banking

Robo Advice hat die Chance, die private Vermögensverwaltung zu revolutionieren

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Ein Roboter als Anlageberater? Was in den Ohren vieler Verbraucher noch ungewohnt klingt, ist vielfach schon Realität. Aktuell werden weltweit geschätzte 100 Mrd. Dollar von digitalen Vermögensberatern im Wege des „Robo Advice“ verwaltet, allerdings der allergrößte Teil davon in den USA.

Apps und Algorithmen statt Anlageberater

„RoboCop“, der bekannte amerikanische Science-Fiction-Film aus dem Jahr 1987 erzählt die Geschichte eines Polizisten, der im Einsatz getötet, im Körper eines Roboters zu neuem Leben erwacht. Ein perfekter, unverwüstlicher Prototyp, der seinen Polizeidienst fortan noch effizienter, erfolgreicher, heldenhafter versieht als seine natürlichen Kollegen. Muss man sich Robo Advice, die automatisierte auf Algorithmen basierte Finanzberatung, ähnlich überragend vorstellen? Dem Anlageberater aus Fleisch und Blut stets überlegen? Als Maschine, die immer den Rendite versprechenden Tipp parat hat? Die immer freundlich ist und beliebig viel Zeit mitbringt? Die auch komplexe Produkte einfach erklärt, und das so lange bis der Kunde alles verstanden hat? Die … halt! – ganz so schön ist die neue Bankenwelt nun vielleicht doch noch nicht!

Regulierung muss an digitale Welt angepasst werden

Auch wenn der computerbasierten Beratung großes Zukunftspotenzial zugeschrieben wird – es steckt eher noch in den Kinderschuhen. Bevor Robo Advice zum hiesigen Marktstandard werden kann, müssen noch einige Hürden genommen werden. Das beginnt schon bei den rechtlichen Fragen. Die aktuelle Regulierung wurde für die klassischen, nicht-digitalisierten Geschäftsmodelle im Wertpapiergeschäft geschaffen. Obwohl sich digitalisierte Dienste in Funktionsweise und Darstellung von herkömmlichen Wertpapierdienstleistungen in vielerlei Hinsicht unterscheiden können, gibt es bislang keine speziellen Vorgaben etwa für Robo Advice. Vielleicht muss es ein eigenes regulatorisches Rahmenwerk für neue, auf Digitalisierung beruhende Dienstleistungen auch gar nicht geben. Unter Umständen reichen ergänzende Klarstellungen auch aus. Zum Beispiel, wenn es um die Frage geht, wann im konkreten Anwendungsfall die Schwelle von reinen Informationsangeboten (Entscheidungshilfetools, Produktvergleiche) zur eigentlichen Anlageberatung überschritten ist. Wichtiger als alles bis ins letzte Detail hinein zu regulieren ist es, notwendige neue Bestimmungen möglichst einfach und transparent zu gestalten. Denn sie sollten kompatibel zu neuen Geschäftsmodellen sein und sie nicht von vornherein erschweren oder gar gänzlich verhindern.

Aus Gründen der Wettbewerbsgleichheit sollte die Regulierung für verschiedene Geschäftsmodelle allerdings einheitliche Anforderungen vorsehen. Robo Advice ist ein Bereich, auf dem etablierte, klassische Banken vielfach mit jungen Technologieunternehmen, den so genannten „FinTechs“ kooperieren. Auch solche Unternehmen wollen keine „Regulierung light“ für sich in Anspruch nehmen. Denn eine gute Regulierung ist auch ein Qualitätsmerkmal und geeignet, Kundenvertrauen zu schaffen. Ganz davon abgesehen, kann es auch in niemandem Interesse sein, durch neue Geschäftsmodelle das bestehende Anlegerschutzniveau zu unterlaufen.

Neue Formen der Zusammenarbeit

Eine Schwierigkeit der aktuellen Gesetzeslage ist aber, dass rechtliche Anforderungen zumeist von allen Beteiligten einer Kooperation erfüllt werden müssen. Dies erschwert die Kooperationen zwischen unterschiedlichen Dienstleistern mitunter erheblich, da ein und dieselben Prozesse wie beispielsweise die Erhebung von Kundenangaben immer wieder von allen beteiligten Parteien wiederholt werden müssen. Und da gerade im regulierten Anlagegeschäft viele Kundendaten abgefragt werden müssen, ist dies nur für alle Beteiligten lästig, sondern auch zeit- und kostenintensiv. Eigentlich sollte es ausreichen, dass bestimmte rechtliche Anforderungen nur von einem Kooperationspartner erfüllt werden.

Robo Advice stellt auch die Aufsichtsbehörden vor neue Herausforderungen. Diese haben sich bislang im Wertpapiergeschäft vorwiegend mit den klassischen, nicht-digitalisierten Geschäftsmodellen befasst. Aber auch hier gilt: Eine kompetente und durchsetzungsstarke Aufsicht für digitale Dienstleistungen kann als ein Qualitätsmerkmal angesehen werden, das Kundenvertrauen schafft. Aufgrund ihrer Erfahrungen und Ressourcen ist die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) sicher besonders gut für die Beaufsichtigung digitaler Dienstleistungen im Wertpapierbereich geeignet. Allerdings müssten bisher bestehende Vorgaben der BaFin bald an die neuen Marktgegebenheiten und Geschäftsmodelle angepasst werden. Der Aufbau eines bei der BaFin angesiedelten Kompetenz-Centers könnte das dort bereits vorhandene Knowhow bündeln.

Viele neue Möglichkeiten ergänzen die persönliche Beratung

Es ist also noch einiges zu tun, um der schönen neuen Bankenwelt rund um Robo Advice in Deutschland zum Durchbruch zu verhelfen. Gleichwohl hält die neue Technik für Kunden, die sich dafür begeistern können, schon heute viele Vorteile bereit. Der größte dürfte wahrscheinlich darin liegen, dass es deutlich günstiger angeboten werden kann, als die Inanspruchnahme einer persönlichen Beratung. Gerade in Zeiten sehr niedriger Zinsen sind viele Kunden kostensensitiver als in Normalzinsphasen. Und da die Dienstleistungen beim Robo Advice weitgehend durch Algorithmen erbracht werden und kaum oder kein Personaleinsatz erfordern, können die Anbieter diesen Preisvorteil an die Kunden weitergeben. Robo Advice senkt zudem für Kunden die Barrieren, in die Wertpapierwelt einzusteigen und erleichtert es, die verschiedenen Anbieter und Dienstleistungen miteinander zu vergleichen. Und der Kunde kann ohne Rücksicht auf Öffnungs- oder Telefonzeiten „rund-um-die-Uhr“ in Anspruch genommen werden. Wenn man das möchte, wohl gemerkt! Wie überhaupt Robo Advice insgesamt eher als eine weitere Facette, ein zusätzliches Angebot, zur persönlichen Anlageberatung gesehen werden sollte, die diese bis auf weiteres wohl ergänzen, aber sicher nicht völlig ersetzen kann.

Über den Autor

Dr. Christian Ossig

Dr. Christian Ossig ist Hauptgeschäftsführer und Mitglied des Vorstands des Bundesverbandes deutscher Banken e. V. Er verfügt über langjährige Erfahrungen aus dem Kapitalmarkt- und Bankgeschäft. Als Geschäftsleiter und Managing Director der Bank of America in Frankfurt verantwortete er das Geschäft mit Finanzinstitutionen und der öffentlichen Hand und war in ähnlicher Funktion bei der Royal Bank of Scotland tätig. Daneben hat er sich beim IIF in Washington DC aus regulatorischer und aufsichtsrechtlicher und im Rahmen seiner Lehrtätigkeit an der Goethe-Universität Frankfurt aus akademischer Perspektive mit Finanzinstituten beschäftigt.

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