Wie lerne ich die verborgenen Gefühle meiner Kunden kennen?

Umsatz steigern mit Emotion Analytics

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Wir sind rationale Wesen – bis wir ein Geschäft betreten: 95 Prozent unserer Kaufentscheidungen werden von einem mentalen Autopiloten getroffen, der nicht durch Fakten, sondern durch Emotionen und Instinkte gesteuert ist. Kann man Emotionen messen, steuern und beeinflussen? Natürlich.

Emotionen beeinflussen Kaufentscheidungen auch für Finanzprodukte

Emotionen und Gefühle beeinflussen auch die Kaufentscheidungen von Bankkunden.

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Sie lassen uns vergnügt pfeifen, wenn wir glücklich sind. Wir verursachen signifikant öfter Autounfälle, wenn wir wütend sind. An Momente, die uns emotional berühren, erinnern wir uns besser. Das letzte Konzert, der letzte Theaterbesuch, besondere Momente mir der Familie. Wenn die Inhalte schon längst der Halbwertszeit des Wissens zum Opfer gefallen sind, können wir uns häufig zumindest noch an die Emotion erinnern, die wir in Augenblicken wie diesen verspürten. Außerdem entscheiden wir bei positiven Emotionen risikofreudiger.

Was bedeutet dies im Geschäftskontext? Wenn wir emotional an eine Marke gebunden sind, dann kaufen wir diese häufiger, weil wir uns besser an sie erinnern. Wir sind dadurch loyaler und geben dabei auch noch mehr Geld für diese Marke aus. Jeder Anhänger einer Marke kann ein Lied hiervon singen. Kein Wunder also, dass Customer Experience seit Jahren das bestimmende Thema in den Marketing- und Vertriebsabteilungen ist, egal ob es sich um B2C- oder B2B-Unternehmen handelt. Es geht darum, über positive Markenerfahrungen positive Emotionen bei den Kunden zu erzeugen, damit eine positive Verbindung zwischen Marke und menschlicher Emotion entsteht.

Unternehmen brauchen emotionale KPIs

Über Jahre haben sich Unternehmen vorwiegend auf die traditionellen Marktforschungsstrategien verlassen und ihre Kunden gefragt, was sie wollen und fühlen. Gemixt mit dem Bauchgefühl der Produktentwickler und Werbetreiber haben damit aber nur acht Prozent der Kunden die Experience bekommen, die sie erwartet haben, wie Forbes herausgefunden hat. Wenn es um Emotionen geht, dann versagt die traditionelle Marktforschung, denn nur etwa zehn Prozent der Emotionen, die uns täglich durchströmen, werden uns Menschen bewusst.

Diese Emotionen nennt man Gefühle, und die zu beschreiben – das wissen wir alle – ist nicht immer einfach. Um die richtigen Emotionen ihrer Kunden zu treffen, brauchen Unternehmen ein zusätzliches Navigationssystem. Emotionale KPIs.

Was sind Emotionen?

Emotionen sind psychophysiologische Phänomene im Millisekunden- bis Sekundenbereich. Phänomene also, die sich auf Geist und Körper gleichzeitig auswirken. Die Basisemotionen sind Furcht, Verachtung, Traurigkeit, Freude, Überraschung, Wut und Ekel, wobei Ekel schon vor Milliarden von Jahren den ersten Einzellern das Überleben gesichert hat, weil dadurch giftige von ungiftiger Nahrung unterschieden wurde. Diese Emotionen sind kulturübergreifend in jedem Menschen angelegt.

Aus der Mischung dieser Basisemotionen und ihrer unterschiedlichen Intensität entstehen Abstufungen von Emotionen. Emotionen entstehen im Gehirn als Reaktion auf einen sensorischen Reiz – schmecken, hören, fühlen, sehen oder riechen. Das Gehirn verarbeitet den Reiz und löst eine physiologische Reaktion aus. Bin ich peinlich berührt, schießt mir Blut ins Gesicht. Wut erhöht den Puls. Angst weitet die Pupillen. Dies löst eine Motivation in Menschen aus, die sich vereinfachend als anziehend oder abstoßend beschreiben lässt, woraufhin eine expressive Reaktion erfolgt, wie lachen oder weinen.

Wie kann man Emotionen messen?

Emotionen lassen sich nicht direkt messen, sondern nur indirekt. Gemessen werden kann zum einen die Erregung, also die Stärke der Emotion und zum anderen die Valenz, also die Art der Emotion, ob positiv oder negativ.

Mit Hilfe moderner Technologien lassen sich Emotionen über unterschiedliche Wege automatisiert erfassen und analysieren. Über ein EEG können die Hirnströme gemessen werden, was im praktischen Alltag außerhalb eines Labors vielleicht etwas umständlich wäre. Auch die physiologische Komponente einer Emotion kann gemessen werden. So ist es heute beispielsweise möglich, Emotionen über die Herzfrequenzvariabilität nicht nur durch die üblichen Pulsmessgeräte zu bestimmen, sondern auch durch handelsübliche WIFI-Router durch Mauern hindurch – das kommt dem Röntgenblick eines Superman schon ziemlich nahe.

EY Smart Mirror verbindet POS-Daten mit emotionalen Kundendaten

Der EY Smart Mirror verbindet POS-Daten mit emotionalen Kundendaten.

Per Video können Emotionen aus Gestik und Mimik eines Menschen abgeleitet werden. Gerade die Analyse des Gesichts bietet den Vorteil, dass die Reaktionen kulturübergreifend sehr ähnlich bis identisch sind. Gleiches gilt für die Analyse der Stimme, genauer: der Stimmfrequenz. Liebe hat beispielsweise überall auf der Welt die Note F. Auch das Auge verrät unsere Emotionen. So weitet sich die Pupille bei Angst, um mehr Licht ins Auge zu lassen.

Und weitläufig bekannt ist die Textanalyse, die unsere Emotionen aus Texten filtert. Aufgrund der Leistungsfähigkeit moderner Technologien geschehen diese Analysen quasi in Echtzeit, was die Emotionsanalyse interessant macht für den Einsatz im Unternehmenskontext.

Wo wird Emotionsmessung heute schon eingesetzt?

Die Einsatzszenarien der Emotionsanalyse sind schon heute vielfältig und lassen sich vielfach auf den Bankensektor übertragen. Wir veredeln Produkte durch den Einsatz von Emotion-Analytics, wie zum Beispiel Fahrassistenzsysteme, die den emotionalen Zustand von Fahrern beobachten, um Unfälle zu verhindern. Videospiele, die den Schwierigkeitsgrad in Echtzeit anpassen, um die Frustrationsraten beim Spielen zu minimieren. Playlists von Streaming-Anbietern werden emotional optimiert, genau wie Websites von Unternehmen. Die Filmindustrie unterzieht ihre Filme und Trailer einem Emotionstest. Je höher die Emotion des Trailers, desto höher die zu erwartenden Einspielerlöse.

Basierend auf Emotionsanalysen werden Autos konfiguriert. In Momenten mit hoher positiver Emotionalität kann zielgerichtet Werbung in Internet, Funk und Fernsehen geschaltet werden. So werden beispielsweise Emotionen in amerikanischen Footballstadien gemessen.

In der Marktforschung setzen wir Emotionsanalysen entlang aller denkbaren Szenarien ein, wie Ad-Testing oder Produkttests. Im Einzelhandel optimieren wir die In-Store-Experience und beobachten beispielsweise mit dem EY-Smart-Mirror, einem intelligenten Spiegel, Kundenemotionen direkt beim Kauf eines Produktes, was Einfluss auf Sortiment- und Regalplanung hat. Personal mit Kundenkontakt wird aufgrund von Emotionsanalysen gezielt geschult.

Roboter lernen auf die emotionalen Reaktionen ihrer Bediener zu reagieren. Call-Center werden durch Stimmanalysen unterstützt, um frühzeitig deeskalierend handeln zu können. Dies wird auch im Bankwesen schon erfolgreich eingesetzt. Neue emotionsgebundene Preismodelle entstehen, wie z.B. Pay-Per-Laugh. Der unternehmerischen Fantasie für den Einsatz der Emotionsanalyse sind hier wenig Grenzen gesetzt.

Fazit und Ausblick: Wachstumsmarkt Emotionsanalyse

Technologieanalysten gehen davon aus, dass der Markt für Emotionsanalyse in den nächsten Jahren durchschnittlich im hohen zweistelligen Bereich wachsen und mehrere Milliarden Euro umfassen wird. Nicht umsonst haben sich namenhafte Technologieanbieter wie IBM, Microsoft, Amazon, Google und Apple hier neben Spezialisten wie Beyond Verbal für Stimmanalyse oder Affectiva für Gesichtsanalyse in Position gebracht. Jeder Anbieter hat seine Stärken und Schwächen.

Die größte Herausforderung für Unternehmen liegt aber weniger in der Auswahl und Beherrschbarkeit der Technik, als vielmehr darin, das Vertrauen des Kunden nicht zu verspielen. Emotionen sind für uns Menschen etwas sehr Persönliches. Der Umgang hiermit sollte deshalb sehr sensibel und transparent erfolgen.

Dass es nicht unmöglich ist dieses Vertrauen aufzubauen, zeigen die oben aufgeführten Beispiele, aber auch der Erfolg von persönlichen Assistenzsystemen von Technologieunternehmen wie Apple, Google oder Amazon, die aufgrund des hohen Nutzens für den Kunden weite Verbreitung gefunden haben. Beim Einsatz von Emotionsanalyse im Unternehmenskontext sollte deshalb der Kundennutzen immer im Fokus stehen.


Dr. Martin Zirkel – Partner. Advisory-Practice EY

Dr. Martin Zirkel

Dr. Martin Zirkel ist Partner bei EYs Advisory-Practice und Koautor des Beitrags. Er ist promovierter Informatiker und langjähriger Berater an der Schnittstelle zwischen Business und IT und verantwortet bei EY den Bereich Agile Business Customer in Deutschland, Österreich und der Schweiz.

Über den Autor

Dr. Cristian Wieland

Dr. Cristian Wieland ist Senior Manager in EYs Advisory-Practice. Er ist promovierter Statistiker und langjähriger Berater für Business und IT mit Fokus auf Strategie und Innovation.

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