Der Chefverhandler

Verhandlungstraining für Bankbetriebsräte

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Kostensparen ist derzeit eines der wichtigsten Themen in der Kreditwirtschaft. Sobald es dabei um Personaleinsparungen geht, sind in der Regel die Betriebsräte mit ins Boot zu holen. Die allerdings rüsten auf in Sachen Verhandlungsführung.

Führen von Verhandlungen bei Banken und Sparkassen

Das richtige Führen von Verhandlungen bei Banken und Sparkassen wird immer wichtiger.

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„Nein, nein, nein!“ Athena Savostopulu zog verächtlich die Mundwinkel nach unten und blickte den Banker aus zusammengekniffenen Augen an.

„Wenn ich ihnen das Auto für 10.000 Euro anbiete, und sie einfach ja sagen, dann ist das doch keinen Verhandlung!“

Rudi Kropke, seines Zeichens Betriebsratsvorsitzender einer internationalen Universalbank, konnte ein leichtes Zucken in den Augenwinkeln nicht verhindern. Man hatte ihm dieses Verhandlungstraining unter völlig falschen Voraussetzungen verkauft.

„Rudi, entspann dich mal und genieße die Zeit in dem tollen Seminarhotel! Du hast es dir redlich verdient.“, hatte sein Team gemeint. Und jetzt stand er hier, in einer Runde von ebenso genervten Kolleginnen und Kollegen und musste sich von der jungen Frau, die im Ruf stand, eine der besten Autoverkäuferinnen Deutschlands zu sein, zur Minna machen lassen.

Rudi war eigentlich ein netter Kerl. Emphatisch, unkompliziert, kompromissbereit. Kann man sich bessere Eigenschaften für einen Betriebsrat wünschen? Anders, als in der Branche üblich, hatte Herr Kropke nicht die übliche Gewerkschaftskarriere genommen und von der Pieke auf als Belegschaftsvertreter gearbeitet. Er war ein Quereinsteiger. Ein Akademiker, als  Führungskraft bereits höchst erfolgreich und karriereorientiert. Doch die eine oder andere Entwicklung in der Bank hatte ihn die Seiten wechseln lassen. Jeder, der die Heerscharen von Consultants durch die Korridore der Bank wieseln sah, wusste, was es geschlagen hatte: Einsparung, Umorganisation, Neuorientierung. Personalkürzungen waren der „no-brainer“ unter den Erstmaßnahmen, das war dem Vorsitzenden Kropke nur allzu gut bekannt.

15  Prozent Minus gehen immer!

Mit der Aussage: „15  Prozent Minus gehen immer!“ wurden schon Legionen von Kolleginnen und Kollegen überrumpelt. Aber diesmal nicht. Diesmal würde um jedes Promille Einsparung gekämpft werden. Vor allem angesichts der Quartals- und Halbjahresergebnisse, die sich durchaus sehen lassen konnten. Mit solch guten Argumenten würde er beinhart und tagelang verhandeln, da war sich Rudi sicher. Von wegen 15 Prozent!

„Hey, Konzentration!“ Athena schnippte herrisch mit ihren kleinen Fingern, um ihn aus seiner Traumwelt wieder in den Showroom des Autohauses zurückzuholen. Ihre schwere, viel zu große goldene Rolex schwang im Rhythmus der Finger mit und machte den Seminarteilnehmern unmissverständlich klar, dass sie hier wirklich von der Besten lernten. Also zumindest einer der Besten in Deutschland!

„Versuchen wir es noch einmal. Sehen sie sich den Wagen genau an, bevor sie mir ein Angebot machen.“ Frau Savostopulu strich mit einer einladenden Handbewegung über den glänzend polierten Mittelklassewagen, der mitten im Kreisrund der Teilnehmer stand.

Rudi, der die zweifelhafte Ehre hatte, als Erster seine Verhandlungskünste zu präsentieren, ging skeptisch um das Auto.

Hmmm…

Es schien alles da zu sein. Vier Räder, Lenkrad, ein nettes Interieur, vier Türen. Der Lack schien in Ordnung zu sein und er konnte mit bloßem Auge keine Unfallschäden erkennen. Er würde sich hier nicht die Blöße geben und sich hinlegen, um unter den Wagen zu schauen, also machte er ein neues Angebot.

„Also gut. 9.950,- Euro. Cash!“, feixte Kropke in Richtung einer der Besten Deutschlands. Mit Genugtuung registrierte er das anerkennende Gemurmel der übrigen Seminarteilnehmer.

„Hör mal zu, mein Lieber!“ Athena hatte sich neben ihn gestellt und lässig den Arm um seine Schultern gelegt. „Ich bin Griechin und Verhandeln wurde mir in die Wiege gelegt.“ Täuschte sich Rudi, oder sprach sie mit ihm wie mit einem Kleinkind?

„Sie wollen etwas kaufen, ich will etwas verkaufen. Die Annäherung der beiden Positionen muss schon etwas komplexer von Statten gehen. Ich will 10.000, sie geben mir 9.950. Das ist doch Pillepalle. Geben sie es mir richtig. Fangen sie mit 7.000 an!“

Rudi konnte sich diesem Argument nicht verschießen. Aber er war ja nicht von gestern. Also kniff er die Augen zusammen, blickte Athena kühl an.

Die Schmerzgrenze ausreizen

„6.750!“, ließ er unter dem Raunen seiner Kollegenschaft verlauten.

„Sind sie von allen guten Geistern verlassen? 6.750 Euro für ein Auto, das mindestens das Doppelte wert ist. Niemals!“

Athena schäumte und ließ den armen Herrn Kropke  ein paar unangenehme Momente in Ungewissheit, was nun weiter geschehen würde. Stille breitete sich im Autohaus aus, was zu einem Gutteil daran lag, dass das Seminar an einem Sonntagmorgen stattfand und sonst niemand anwesend war.

„Also!“, brach Frau Savostopulu nach zehrenden Sekunden, die wie Stunden anmutete, das Schweigen. „Bei Verhandlungen brauchen wir was?“

Eine vorwitzige Kollegin aus einer Kreissparkasse durchbrach die Stille: „Gute Argumente!“

„Richtig, Liebelein! Gute Argumente. Nun, Herr Kropke . Warum sollte ich ihnen den Wagen so deutlich unter Preis verkaufen?“

Rudi konzentrierte sich und ließ mit fester Stimme verlauten: „Mir gefällt die Farbe nicht.“

„Okay, ein Anfang. Wie wäre es mit etwas Substantiellerem?“

Der Betriebsratsvorsitzende verstand in Sekundenschnelle das System.

„Der hat nur Stahlfelgen. Ich will Alu!“

Athena schlug ihm (kam es nur ihm so vor oder war es eine Spur zu fest?)  anerkennend auf die Schulter.

„Und? Und weiter?“, trieb sie ihren Schüler an.

Kropke  blickte in den Wagen und stellte mit Verachtung fest: „Der hat kein Leder!“

Er wartete auf einen weiteren Schulterschlag, doch der kam nicht. Also machte er weiter.

„Hat er Servolenkung? Hat er elektrische Fensterheber? Hat er Radio?“

„Nein, hat er nicht!“, jauchzte Athena, doch ihre Antwort ging fast im Applaus der übrigen Seminarteilnehmer unter.

Wie im Rausch deutete Kropke  auf das Autodach und rief anklagend: „Kein Schiebedach!“

In Athenas Augenwinkel blinkten Tränchen des Stolzes. Und sie lächelte zum Ersten Mal seit Langem.

„Und jetzt die Meisterprüfung, Herr Kropke!“, murmelte sie bewegt.

Rudi ging nochmals um den Wagen herum, blieb am Heck stehen und deutete lässig auf ein kleines Bläschen im Lack des Kofferraumdeckels.

„Der hat Rost! Keinen Cent mehr als 7.500 Euro“

Athena Savostopulu klatsche bewundernd in die Hände und wandte sich an die übrigen Seminarteilnehmer: „Und so, meine Damen und Herren, geht richtiges Verhandeln.“

Zwei Wochen später

Rudi Kropke betrat mit seiner Betriebsratsdelegation den großen Sitzungssaal der Universalbank, in dem schon der Vorstand und die Consultants siegesgewiss warteten. Die Verhandlungen über die Einsparungen würden langwierig und hart werden. Man machte sich auf ein tagelanges Tauziehen gefasst.

Rudi öffnete die streng vertraulichen Unterlagen der Berater und überflog die ersten Seiten. Und gleich da, auf Seite zwei, stand in großen, fetten Lettern das Einsparungsziel beim Personal.

Minus 15 Prozent.

Kropke  ließ die flache Hand auf den Tisch sausen und der Knall zerriss die Stille.

„Der hat Rost!“, fauchte der Betriebsrat in die Runde. Und da wussten die Vorstände, dass sie diesmal kein leichtes Spiel haben würden.

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Über den Autor

Michel Lemont

Michel Lemont ist seit mehr als 35 Jahren in Bankenwesen tätig. Er war in verschiedenen Bereichen der Finanzindustrie tätig, unter anderem im Vertrieb, im Marketing und zuletzt im Umfeld des Zahlungsverkehrs. In seinen Aufgabenbereich fallen unter anderem regulatorische Themen, das Management von Zahlungsverkehrs-Infrastrukturen sowie die Arbeit in nationalen und internationalen Gremien im Bereich Payments. Ein besonderes Anliegen sind ihm Innovationen im Bankenbereich und das "Querdenken". Michel Lemont ist Autor des Buches „Bankers have more fun“ und betrachtet das Bankwesen gerne von der humoristischen Seite. Er ist verheiratet und Vater einer Tochter.

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