Banken müssen strukturelle Kostenreduktion forcieren

Strategische Bedeutung des Kostenmanagements

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Die Dringlichkeit einer strukturellen Kostenreduktion ist für viele Banken und Sparkassen offensichtlich. Kostenmanagement hat in der Finanzbranche eine zentrale strategische Bedeutung erlangt. Dabei sind fünf Handlungsfelder zu beachten.

Studien und Research zu strategischen Trends und Entwicklungen in der Finanzdienstleistung

Zahlreiche Trends und Entwicklungen sind von übergeordneter strategischer Bedeutung für Banken und Sparkassen. Im Bank Blog finden Sie Studien zu den wichtigsten strategischen Trends und Entwicklungen im Finanzbereich.

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Die Finanzkrise von vor zehn Jahren hat eine neue Realität geschaffen, die schwierige Rahmenbedingungen für die Bankenbranche zur Folge hat: Die Niedrigzinsphase hält an, zahlreiche Regulierungen mussten umgesetzt werden, noch restriktivere Eigenkapitalvorgaben sind absehbar. Zudem verändern sich die Strukturen auf der Angebots- und Nachfrageseite mit der Folge zunehmenden Wettbewerbs und sinkender Erträge. Diese Vielzahl von unterschiedlichen Entwicklungen erzeugt einen akuten Handlungsdruck auf Finanzinstitute.

Für deutsche Institute stellt sich die Situation im Vergleich zu anderen europäischen Ländern sogar noch dramatischer dar. Deutschland ist „overbanked & underpriced“ aufgrund zu vieler Banken und eines ruinösen Preiswettbewerbs, auch weil die öffentlich oder kommunal getragenen Institute ihre Kapitalkosten nicht verdienen.

Große deutsche Institute trennen sich von ganzen Geschäftsbereichen, Landesbanken strukturieren sich um und nicht mehr nur Großbanken, sondern auch viele Sparkassen und Volksbanken schließen zahlreiche Geschäftsstellen. Immer häufiger wird von neuen mehr oder weniger dramatischen Kostensenkungsprogrammen berichtet.

Kosten sind Teil der Strategie geworden

Während der Blick auf die Kosten früher stark operativ geprägt war, ist Kostenmanagement heute wichtiger Teil des Strategischen Managements geworden. Viele Institute planen Maßnahmen, um ihre Kostenbasis an das neue Umfeld anzupassen. Dazu steht ihnen eine große Bandbreite von neuen digitalen Methoden zur Verfügung, die weit über die klassischen Hebel hinausgehen. Denn das Kostenmanagement hat sich in den letzten Jahren umfassend weiterentwickelt.

Eine zukunftsweisende Kostentransformation mit technologischer Ausrichtung liefert hier einen geeigneten Lösungsansatz. Eine Studie der Unternehmensberatung Deloitte hat dazu einen Maßnahmen-„Werkzeugkoffer“ entwickelt, der 50 Kostensenkungsmethoden beschreibt und nach ihrer Wirksamkeit aufschlüsselt. Dieser liefert die Grundlage für die detaillierte Konfiguration einer individuellen Transformationsagenda.

Fünf Handlungsfelder für strategisches Kostenmanagement

Um die Kostentransformation zielführend umzusetzen, wurden die folgenden fünf Handlungsfelder für strategisches Kostenmanagement identifiziert:

  1. Transformative Kostenentscheidungen treffen,
  2. Erfolgskritische Fähigkeiten erweitern und Engpässe beheben,
  3. Execution: Das Business Portfolio unter Kostenwettbewerbs-Kriterien fokussieren,
  4. Execution: Die Kostenarchitektur der Zukunft gestalten sowie
  5. Execution: Operative Exzellenz im Kostenmanagement schaffen und erhalten.

1. Transformative Kostenentscheidungen treffen

Die Experten sehen vier prinzipielle Optionen für die Transformation der Kostenbasis:

  • Turnaround,
  • Defensive Transformation,
  • Growth Offensive Transformation und
  • Hyper Growth Transformation.

Turnaround

Der Turnaround ist der richtige Ansatz, wenn ein Unternehmensbereich existenziell unter Druck steht und dysfunktionale Strukturen in diesem überproportionale Kosten verursachen, die zu strukturellen Verlusten führen. Das Geschäftsmodell ist falsifiziert. Hier geht es darum, so schnell wie möglich „die lebensbedrohende Blutung zu stoppen“. Prioritäten sind Verbesserung der Liquidität, unmittelbar wirksame Kostensenkung und Sicherung von Stabilität.

Um dies zu erreichen, werden unter anderem Kapital- und Kostenbasis sowie das Portfolio restrukturiert. Beispiel hierfür sind etwa die drastischen Portfolio-Bereinigungen großer Häuser, über die in jüngster Zeit vermehrt in den Medien berichtet wurde.

Defensive Transformation

Hier liegt der Schwerpunkt darauf, die Ertragsbasis zu halten und die Wettbewerbsposition zu verbessern. Das Geschäftsmodell insgesamt wird dabei zwar nicht prinzipiell hinterfragt, dennoch sollte die Kostenstruktur der Geschäftsmodellkomponenten an allen möglichen Stellschrauben verbessert werden.

Beispielhaft dafür – und auch für den Compliance-Aspekt – ist ein Institut, dem im Rahmen der Regulation zum „Fundamental Review of the Trading Book“ (FRTB) empfohlen werden musste, die nicht strategisch relevante Hälfte seiner globalen Trading-Niederlassungen zu schließen. Denn allein die Change-Kosten für die Regulatorik hätten den Gewinn der kommenden Jahre aufgezehrt und damit den Business Case ad absurdum geführt.

Zu begrenzen sind in diesem Szenario allerdings Einschnitte, die zukünftig die Ertragsbasis mindern. Durch eine angepasste und ausbalancierte Kostenbasis sollten zugleich Mittel für Investitionen in strategisch wichtige Bereiche und Wachstumschancen freigesetzt werden.

Growth Offensive Transformation

Hier ist das Ziel, in einem wachsenden Markt den Umsatz nachhaltig zu steigern, ohne die Kosten-Wettbewerbsposition zu verwässern. Oft wird in Wachstumsphasen die Ursache für Profitabilitätsprobleme gelegt, die dann in der Reifephase durchschlagen. Grundlage für das Wachstum kann beispielsweise die Entwicklung einer skalierbaren Geschäftsplattform sein. Dabei muss der Grenzkostenzuwachs effizient gehalten werden, damit Komplexität und Kosten nicht exponentiell mitwachsen, sondern die Skalierung profitabel verläuft. Während in Kernbereiche investiert wird, sollte zugleich eine differenzierte Geschäftsstrategie verfolgt und ausgebaut werden.

Hyper Growth Transformation

In diesen Bereich fallen radikal innovative Ansätze wie etwa die der disruptiven neuen Digitalbanken. Fortschrittliche technologische Lösungen ermöglichen agile neue Geschäftsmodelle.

Doch diese Modelle haben ganz andere Kostenprofile als die etablierten Markteilnehmer. Beim anstehenden Skalieren des Geschäfts muss diese Kostenbasis aber transformiert werden. Sich etablierende digitale Marktteilnehmer mit hoher Bewertung müssen beispielsweise die Ineffizienzen der „Kindertage“ im Laufe des Wachstums dringend überwinden.

2. Erfolgskritische Fähigkeiten erweitern und Engpässe beheben

Parallel zur Auswahl passender Transformationsstrategien muss das betroffene Unternehmen die notwendigen Voraussetzungen für die oft vollkommen neuen Maßnahmen herstellen, vor allem hinsichtlich der erfolgskritischen Fähigkeiten und der Engpassfaktoren.

Unter den typischen Engpassfaktoren ist insbesondere das Funding hervorzuheben. Große Kostensprünge nach unten erfordern auch Investitionen von entsprechend großem Ausmaß. Sind genügend Mittel aus dem Cashflow oder aus Reserven verfügbar, um die Kostenmaßnahmen zu finanzieren?

Denkbare Quellen für Elemente des Fundings sind außerdem z.B. der Verkauf von Geschäftsbereichen, transformative IT-Partnerschaften, die aus dem Programm abgeleitet werden können, sowie Kapitalmaßnahmen. Die Bereitstellung des Fundings stellt sich jedenfalls als komplexer Managementprozess dar, der klug geplant sein will und sowohl den Vorstand wie auch den Aufsichtsrat involvieren kann.

Ein weiterer Aspekt betrifft u.a. die Sicherstellung der erforderlichen Skills und Manpower für die anstehenden Aufgaben. Die zuständigen Mitarbeiter benötigen dafür ausgeprägte Kostenmanagement-Fähigkeiten, insbesondere auch in technologischer Hinsicht (digital enablement). Dafür müssen typischerweise zusätzliche Einstellungen oder eine zielgerichtete Weiterbildung vorhandener Mitarbeiter eingeplant werden und natürlich eine organisatorische Institutionalisierung dieser Fähigkeiten. Begleitend sind auch die Governance-Strukturen darauf zu überprüfen, ob sie den Anforderungen der Transformation genügen.

3. Execution: Das Business Portfolio unter Kostenwettbewerbs-Kriterien fokussieren

Nicht immer können bestimmte Geschäftsbereiche durch Kostenreduktion zukunftsfähig gemacht werden. Dass sie nicht mehr sanierbar sind, kann marktgegebene oder hausgemachte Ursachen haben: Der Wettbewerb hat sich beispielsweise verändert, oder in der Vergangenheit versäumte Investitionen sind nicht mehr mit vertretbarem Aufwand aufzuholen.

Prominentes Beispiel aus der jüngsten Zeit ist etwa das Wertpapiergeschäft einer globalen deutschen Bank, die das gesamte Geschäftsfeld nun verkauft. Die Portfolio-Fokussierung kann aber auch funktional zugeschnitten sein. Bestimmte Bereiche werden dabei z.B. gebündelt, ausgegründet und schließlich verkauft. Etwa in der IT und beim Servicebetrieb, die über viele Standorte verteilt hohe Kosten verursachen, aber offensichtlich nicht zum Kerngeschäft einer Bank gehören.

4. Execution: Die Kostenarchitektur der Zukunft gestalten

Hier kommt es darauf an, sich vom reinen Denken in Kategorien des Target Operating Models zu lösen und sich am Konzept einer Competitive Ecosystem Cost Architecture zu orientieren. Denn die Wahl der richtigen Kostenarchitektur kann regelrechte Quantensprünge in der Wettbewerbsfähigkeit auslösen. Multikanal- oder Direktbank-Modelle haben völlig unterschiedliche Kostenkurven.

Dabei gibt es meist erhebliche Spielräume, die je nach dem gewählten Ambitionslevel und der strategischen Zielsetzung genutzt werden können. Vertriebskostenlogik muss in bestimmten Bereichen neu gedacht werden, die Kosten der Kundenakquisition werden zur zentralen Ziel-KPI. Bei den Personalkosten sind z.B. auch Überlegungen zur Tarifstruktur einschlägig: Welche Rolle wird nach Banktarif besetzt, welche nach Haustarif? Mit der Überprüfung und Änderung der Kostenarchitektur lassen sich große Effekte erzielen, wobei ein zeitlicher Vorlauf etwa von 12-18 Monaten einzukalkulieren ist.

5. Execution: Operative Exzellenz im Kostenmanagement schaffen und erhalten

Bei der praktischen Umsetzung wird ein weiterer Horizont der Kostentransformation relevant: die Erzielung operativer Exzellenz. Hier existiert eine Vielzahl konkreter Maßnahmentypen, die auf fortschrittlichster digitaler Technologie basieren und dem Unternehmen bei der Verbesserung von Einzelthemen helfen.

Solche Aktivitäten können sehr relevant sein: Sie haben, bezogen auf die Addressable Cost Base, einen Effekt von 5 bis 15Prozent oder mehr. Ein Beispiel für solche Methoden ist etwa Advanced Procurement auf der Basis von KI-Analysen und -Prognosen.

Die Studie „Save-to-transform as a catalyst for embracing digital disruption“ können Sie hier direkt herunterladen.


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Über den Autor

Dr. Hansjörg Leichsenring

Dr. Hansjörg Leichsenring ist Herausgeber des Bank Blogs und der Finanzbranche seit über 30 Jahren beruflich verbunden. Nach Banklehre und Studium arbeitete er in verschiedenen Positionen, u.a. als Direktor bei der Deutschen Bank, als Vorstand einer Sparkasse und als Geschäftsführer eines Online Brokers. Als Experte für Strategien in den Bereichen Digitalisierung, Innovation und Vertrieb ist er gefragter Referent und Moderator bei internen und externen Veranstaltungen im In- und Ausland.

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