Krisensitzung im Bankvorstand – Alea iacta est

Kuriose Entscheidungsfindung in Banken

Abonnieren Sie den kostenlosen Bank Blog Newsletter
Banking mit einem Augenzwinkern

Lustiges, Humorvolles und mitunter auch Nachdenkliches für Banker
© Shutterstock

Wer sich schon immer gefragt hat, wie Entscheidungen in Top-Unternehmen getroffen werden, dem möchte ich heute einen kleinen Einblick in die Vorstandsetage einer Bank geben.

Partner des Bank Blogs

Horváth ist Partner des Bank Blogs

Dort, wo über das Schicksal von Legionen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern entschieden wird und wo Milliardenkredite zugesagt oder abgelehnt werden.

Und seien wir uns ehrlich: niemand hat einen schweren Job als die Lenker und Denker von Konzernen, die selbst in Krisenzeiten einen kühlen Kopf und auch oft ein ebenso kühles Herz bewahren müssen.

Begleiten Sie mich in eine Bank in ihrer Nähe.

Sparbank Nord AG, Vorstandsetage, großes (antikes) Sitzungszimmer.

CEO – der Vorstandsvorsitzende: „Liebe Kollegen, ich habe euch zusammengerufen, weil wir dringend die Probleme mit unserer schwindenden Eigenkapitaldecke adressieren müssen. Und auch die Veröffentlichung des Halbjahresergebnisses steht an. Wie sie alle wissen, wird auch diesmal ein kräftiges Minus am Ende herauskommen.“

CFO – Finanzvorstand: „Ja, die Lage ist bedenklich. Wie ich schon immer gesagt habe. Da hätte man schon lange gegensteuern müssen.“

CSO – Vertriebsvorstand: „Äh, ist das nicht ihre Aufgabe als Finanzvorstand?“

CFO: „Hören sie sofort auf mit dieser unangebrachten Aggressivität. Wir sind hier ja nicht im Urwald.“

CEO: „Sei nicht gleich so sensibel, er hat´s ja nicht so gemeint.“

CSO, trocken: „Genau so habe ich es gemeint!“

CIO – IT Vorstand: „Tatsächlich brauchen wir rasch eine Idee, wie wir mit diesem Problem umgehen wollen. Vielleicht ein neues Sparpaket?“

CEO: „Na bitte, ein erster konstruktiver Vorschlag. Weiter so!“

CFO: „Ich mag den CSO nicht mehr!“

CEO: „Wir müssen jetzt aber Einigkeit und Entschlossenheit zeigen. Also, gebt euch die Hände!“

CFO und CSO gleichzeitig: „Niemals!“

CRO – Risikovorstand: „Ich möchte das mit dem Sparpaket noch mal aufgreifen. Das ist die einzige Maßnahme, mit der wir unsere Risiken reduzieren können. Wir sollten nun darüber sprechen, wie wir das Sparpaket umsetzen.“

CIO: „Ich habe schon vierzig Planstellen eingespart. Also von mir könnt ihr keine weiteren Einsparungen mehr erwarten.“

CFO, leise, aber doch hörbar: „Das waren nicht besetzte Planstellen. Was für eine Einsparung! Die haben aktuell sowieso keine Kosten verursacht.“

CIO: „Dieses Einsparungsprogramm bringt mich noch um den Verstand.“

CFO, wieder leise: „Na, da braucht es ja nicht viel.“

CEO, ernst: „Wir werden im Halbjahresbericht um die dreihundert Millionen Verlust schreiben. Da braucht es schon mehr als ein paar kosmetische Einschnitte.“

COO, Vorstand für das operative Geschäft: „Wie wäre es, wenn wir weitere Drucker einsparen? Wir erweitern das 3-D Programm „Drucker Duck Dich“ zur Druckerreduktion.“

CEO: „Bestens, und wieviel könnten wir da einsparen?“

COO: „Gut und gerne ein paar Hunderttausend. Und das jedes Jahr.“

CEO: „Danke. Aber das wird wohl nicht reichen. Weitere Vorschläge? Wer ist bereit, in seinem Vorstandsbereich kräftig einzusparen? Aha, niemand? Das ist etwas unerfreulich.“

Die Würfel sind gefallen

Alea iacta est: Die Würfel sind gefallen und eine Entscheidung ist getroffen!
© Shutterstock

CFO: „Ich wollte das Thema ja nicht aufbringen: aber wo ist der Würfel?“

CEO, erschrocken: „Ich dachte, wir hätten ihn endlich vergessen, den Würfel.“

CFO: „Warum? Er hat uns bisher durch die gesamte Finanzkrise gebracht.“

COO: „Genau, nichts ist gerechter, als die Entscheidung einer unbestrittenen Autorität!“

CIO: „Es lebe der Würfel.“

CEO: „Leise Kollegen, das darf wirklich niemand mitkriegen, dass wir hier mithilfe eines „Ja“, „Nein“ und „ich brauche mehr Details“ Würfels Entscheidungen treffen.“

CRO: „Wollen wir jetzt den Würfel befragen, ob wir mit Hilfe des Würfels Entscheidungen treffen sollen?“

Alle, außer dem CEO: „Eine ausgezeichnete Idee.“

Man hört das Geräusch eines Würfels auf dem Sitzungstisch.

Eine Stimme aus dem Hintergrund: „Der Würfel braucht mehr Details“

Der CEO: „Mist, ich wusste es. Formulieren wir es etwas anders: Wäre der Würfel bereit, die volle und ausschließliche Verantwortung für das Wohlergehen unserer Bank zu tragen?“

Geräusch eines Würfels auf dem Sitzungstisch.

„Der Würfel sagt: ja!“

Erleichtertes Aufatmen.

CRO: „Fangen wir mit etwas Einfachem an: Wir verkaufen unser Bürogebäude und mieten es dann vom neuen Eigentümer zurück!“

CEO: „Brillante Idee. Aber kommt uns das auf lange Sicht nicht wesentlich teurer als wenn wir selbst Eigentümer bleiben würden?“

CRO: „Das schon. Aber da sind wir alle schon im verdienten Ruhestand.“

Würfelgeräusch. „Der Würfel sagt: ja.“

CFO: „Wir haben da noch ein paar Beteiligungen, die wir veräußern könnten. Das ist aber so wie beim Familiensilber. Das kann man auch nur einmal verkaufen.“

Geräusch eines Würfels auf dem Sitzungstisch.

„Der Würfel sagt: ja, verkaufen!“

CIO: „Na bitte, jetzt werden wir produktiv! Ich könnte unser Rechenzentrum auslagern und damit Geld sparen.“

Geräusch eines Würfels auf dem Sitzungstisch.

„Der Würfel braucht mehr Details!“

CIO: „Wir lagern Personal in eine Tochter aus und verlegen dann diese Firma in ein Billiglohnland. Ganz einfach. Aus Personalkosten werden Sachkosten.“

Geräusch eines Würfels auf dem Sitzungstisch.

„Der Würfel sagt: ja!“

COO: „Wir könnten auch umstrukturieren, eine Führungsebene eliminieren und mit der gesteigerten Produktivität effizienter werden, irgendwie?“

„Der Würfel sagt: niemals!“

CEO: „Noch weitere Vorschläge, solange der Entscheidungsträger heiß ist?“

CFO: „Noch eine Idee. Wir lassen unser Eigenkapital von den Eigentümern aufstocken. Das geht rasch und niemand muss unter weiteren Einsparungen leiden. Wir müssen ja schließlich an den künftigen Bonus denken.“

Tosender Applaus.

„Der Würfel sagt: ja!“

CSO: „So macht das Arbeiten Spaß. Wir könnten auch unsere Vertriebskanäle und Produkte erneuern und in harter Arbeit eine Innovationsstrategie entwickeln.“

Würfelgeräusch. „Der Würfel sagt: nein!“

Alle enttäuscht: „Oh!“

CSO: „Naja, einen Versuch war es wert.“

CRO: „Aber jetzt mal im Ernst. Wir können doch unmöglich über das Schicksal unserer Bank einen Würfel entscheiden lassen. Bei aller Liebe, das macht uns doch komplett entbehrlich.“

Klackern eines Würfels auf dem Sitzungstisch.

„Der Würfel sagt: ja!“

Alle, noch enttäuschter: „Ohhhh.“

Die Sitzung wird geschlossen.

Bankers still have more fun: Die neuesten Geschichten
Bankers have More Fun
Sex, Schampus und Spesen: Innenansichten aus dem harten Leben der Banker

Über den Autor

Michel Lemont

Michel Lemont ist seit mehr als 35 Jahren in Bankenwesen tätig. Er war in verschiedenen Bereichen der Finanzindustrie tätig, unter anderem im Vertrieb, im Marketing und zuletzt im Umfeld des Zahlungsverkehrs. In seinen Aufgabenbereich fallen unter anderem regulatorische Themen, das Management von Zahlungsverkehrs-Infrastrukturen sowie die Arbeit in nationalen und internationalen Gremien im Bereich Payments. Ein besonderes Anliegen sind ihm Innovationen im Bankenbereich und das "Querdenken". Michel Lemont ist Autor des Buches „Bankers have more fun“ und betrachtet das Bankwesen gerne von der humoristischen Seite. Er ist verheiratet und Vater einer Tochter.

Vielen Dank fürs Teilen und Weiterempfehlen


Mit dem kostenlosen Bank Blog Newsletter immer informiert bleiben:

Anzeige

Get Abstract: Zusammenfassungen interessanter Businessbücher

2 Kommentare

Bank Blog Newsletter abonnieren

Bank Blog Newsletter abonnieren