Dieser Banker verdient zu viel!

Outing beim Gehalt

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Gespräche über das Gehalt sind in den meisten Banken und Sparkassen ein absolutes Tabu-Thema. Mitunter kommt es dennoch vor, dass sich Mitarbeiter oder Führungskräfte outen. Das kann Folgen haben… 

Gehalt ist in Banken und Sparkassen ein Tabu-Thema

Gehalt ist in den meisten Banken und Sparkassen ein Tabu-Thema.

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Freiwilliges Outing

„Hmmm!“ Misstrauisch beäugte mich der Kollege, mit dem ich mir in den nächsten Wochen das Büro teilen würde.

„Nur solange, bis ihr eigenes Büro fertig ist.“, hatte mir die Personalabteilung damals versprochen. „Das dauert bestimmt nur ein paar Tage. Und es ist eine gute Gelegenheit, sich mit ihrem neuen Kollegen bekannt zu machen“

Ich war gerade von einem modernen, dynamischen Unternehmen in das Spitzeninstitut einer Bankengruppe gewechselt und musste mich noch an die neue, etwas andere Unternehmenskultur gewöhnen. Gehaltstransparenz war bei meinem vorherigen Arbeitgeber selbstverständlich, sodass ich auf die Frage des skeptischen Kollegen, mit dem ich nun für die nächsten Tage Schreibtisch an Schreibtisch saß, was ich als Newcomer denn so verdienen würde, ganz einfach die Wahrheit sagte.

Ein schwerer Fehler! Ich dachte damals, ich würde Kermit, dem Frosch ins Gesicht schauen. Just in dem Moment, als ihm eröffnet wird, dass Miss Piggy jetzt einen neuen, besseren Frosch hat. Wir sind noch heute einander nicht grün! Was Neid alles anrichten kann.

Ich lernte auf die harte Tour, dass man niemals, unter keinen Umständen, sein wahres Einkommen preisgeben darf. Verdient man zu wenig, macht man sich lächerlich. Einer meiner Kollegen zum Beispiel plauderte bei einem Internationalen Kongress mit einem Banker aus London und prahlte mit seinem mühsam hochverhandelten Jahresbruttoeinkommen. Doch sein Gegenüber meinte nur trocken: „Monatlich? Nun, das ist gar nicht so schlecht, mein Lieber!“

Verdient man zu viel, kommt schon das eine oder andere Mal der Neid der Kollegen zum Vorschein und das Beste, was man dann noch zu hören bekommt ist ein: „Okay, er verdient schon recht gut. Aber bei dem Job ist das ja eher Schmerzensgeld.“

Na wenn schon, dachte ich mir. Ich bin Indianer, mir fehlt das Enzym. Was soll ich sagen? Der Schuh des Manitu war damals gerade „in“.

Unfreiwilliges Outing

Noch schlimmer als das freiwillige Outing ist das unfreiwillige. Wie der Name schon sagt, möchte die betroffene Person hier gar nichts preisgeben. Und trotzdem…

Manchmal macht es die Technik möglich. In unserer Bank wurde die Abwicklung der Gehaltsabrechnungen ausgelagert und statt der Endlosvordrucke mit unseren Abrechnungen kamen nun personalisierte Briefkuverts mit dem Gehaltszettel. Und während ich meinen ersten Brief öffnete und meine Gehaltsabrechnung auseinanderfaltete, fiel eine zweite, fremde aus dem Kuvert. Tatsächlich war es die von unserem Bereichsleiter.

Es war wie bei einem Unfall, ich MUSSTE einfach hinsehen. Obwohl ich die Abrechnung sofort ins Kuvert zurücksteckte, erhaschte ich einen ganz kurzen Blick auf die Zahlen. Eigentlich verdiente er weniger, als ich mir dachte. Aber die Zulagen waren nicht schlecht, die Abgaben aber auch nicht. Schön war jedenfalls die Vorsorge der Bank für seine Firmenpension – ach ja, das alles hatte ich ja gar nicht gesehen!

Unfreiwillig war auch das Gehaltsouting einer Kollegin, die sich während einer Feier anlässlich ihrer Beförderung veranlasst sah, eine spontane Dankesrede zu halten. Zufälliger Weise hatte sie eine kurze Rede vorbereitet, die sie, akkurat wie sie war, auf einem Stapel von Notizzetteln vor sich hielt. Und ganz unten in diesem Stapel, als Deckblatt in Richtung Zuhörer sozusagen, hielt sie ihr Beförderungsschreiben mit dem Glückwunsch des Vorstandes und dick und fett gedruckt das neue Monatsgehalt als Bereichsleiterin. Sogar die letzten Reihen im Saal konnten den Betrag ausmachen.

Meine Erkenntnis aus den leidigen Diskussionen rund um das Einkommen der Banker war und ist unerschütterlich: es gibt nur eine Person, die dir dein Gehalt gönnt, und das bist du selbst. In den USA mag man den Kollegen auf die Schulter klopfen und ihnen ein „Gut gemacht!“ bei einer Gehaltserhöhung entgegenschmettern. Bei uns ist das eben ein klein wenig anders. Aber man kann es auch mit Humor nehmen.

Fake-Outing

Ich habe meine Lektion gelernt. Wenn mich jemand nach meinem Einkommen fragt, dann gebe ich bereitwillig Auskunft. Ja, ich mache schon mal eine halbe Million im Jahr. Über meinen Dienstwagen mit Chauffeur rede ich wenig, aber doch offen. Dass ich den Firmenjet auch privat nutzen darf, ist selbstverständlich, genauso wie die Überlassung einer großzügigen Firmenvilla mit Personal und einer ebenso großzügigen Ruhestandsregelung ab 50.

Wenn sie einmal Kermit, den Frosch, missmutig durch ihre Stadt streifen sehen, habe ich mit ihm vermutlich gerade über meinen Verdienst als Banker gesprochen.

Schenken Sie ihm ein Lächeln, er kann es brauchen.

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Über den Autor

Michel Lemont

Michel Lemont ist seit mehr als 35 Jahren in Bankenwesen tätig. Er war in verschiedenen Bereichen der Finanzindustrie tätig, unter anderem im Vertrieb, im Marketing und zuletzt im Umfeld des Zahlungsverkehrs. In seinen Aufgabenbereich fallen unter anderem regulatorische Themen, das Management von Zahlungsverkehrs-Infrastrukturen sowie die Arbeit in nationalen und internationalen Gremien im Bereich Payments. Ein besonderes Anliegen sind ihm Innovationen im Bankenbereich und das "Querdenken". Michel Lemont ist Autor des Buches „Bankers have more fun“ und betrachtet das Bankwesen gerne von der humoristischen Seite. Er ist verheiratet und Vater einer Tochter.

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