Leben in der „Big World“

Banking wird grenzenlos, virtuell und digital

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In vielen Branchen gehören Virtualität und Digitalisierung zur Normalität. Doch Banken befinden sich oft noch in der „Small World“. Der Trend hin zu modernen Technologien ist allerdings unumkehrbar, denn die Kunden der Zukunft fordern dies ein.

Virtuelles Banking

Das Banking von morgen ist grenzenlos, virtuell und digital
© Shutterstock

Partner des Bank Blogs

Horváth ist Partner des Bank Blogs

„Banking is necessary, banks are not!“ Mit diesem Statement brachte Bill Gates bereits vor über 20 Jahren auf den Punkt, was seit einiger Zeit immer offensichtlicher wird. Mit innovativen Ideen und modernen technologischen Lösungen bringen junge FinTech-Start-ups frischen Wind in die Welt der Banken und Asset Manager. Die Konsequenz: Viele Akteure in der Bankenbranche müssen ihr Geschäftsmodell auf den Prüfstand stellen. Sind wir gut aufgestellt für die Herausforderungen der Zukunft? Reicht unsere Innovationskraft, um den Anforderungen einer in der digitalen Welt groß gewordenen Generation an Kunden gerecht zu werden?

Banken bei technologischen Neuerungen abgeschlagen

De facto aber hat sich die Bankenbranche in den vergangenen Jahren mit Blick auf neue Technologien kaum verändert. Finanzmathematische Innovationen gab es wohl, dazu gehören Derivate, Asset Backed Securities und vieles mehr an ausgeklügelten Finanzprodukten. Aber aus technologischer Warte war der Geldautomat eine der letzten großen Neuerungen, die Banken auf den Weg gebracht haben. Eine fantastische Innovation, zugegebenermaßen. Als solche inzwischen aber eben doch schon etwas in die Jahre gekommen. Vergleicht man das Maß an neuen Ideen und innovativen Entwicklungen in der Bankenbranche mit dem anderer Branchen wie der Biotechnologie oder der Informatik, so sind Banken, Asset Manager und Co. weit abgeschlagen.

Doch woran liegt es, dass wir immer noch mit altmodischen Zahlungsmitteln wie Schecks und Kreditkarten unseren Alltag bestreiten? Weil sich daraus Profit generieren lässt. Und selbst wenn ein vielversprechendes Kapitalmarktprodukt wie Exchance Traded Funds (ETF) auf den Markt kommt, das Zweckmäßigkeit und Mehrwert für Kunden und Nutzer verspricht, laufen wir Gefahr, aus Profitgründen die Innovation und Nutzerfreundlichkeit an sich aus den Augen zu verlieren.

Kunden der Zukunft wollen digitales Banking

Dennoch gibt es viele Faktoren, die den technologischen Wandel auch in der Finanzdienstleistungsbranche unabwendbar machen. Dazu zählt zum einen der sich gerade vollziehende Generationswechsel. Junge Menschen, die in einer digitalen Welt aufgewachsen sind, treten nun zunehmend in das Arbeitsleben ein und werden die Kunden von morgen sein. Während sich frühere Generationswechsel dadurch auszeichneten, dass die Jungen von den Älteren lernten, ist es heutzutage umgekehrt. In manchen Unternehmen gibt es Mentoring-Programme, bei denen junge Manager ihren alteingesessenen Pendants dabei unter die Arme greifen, sich in einer Welt zurechtzufinden, die grenzenlos, virtuell und digital ist. In dieser „Big World“ werden Kunden künftig keinen direkten Kontakt mehr zu ihrem Bankberater oder Vermögensverwalter haben. Diese Form des Bankgeschäfts haben sie nie kennengelernt. Darauf müssen die Banken sich vorbereiten, um langfristig ihr Überleben zu sichern.

Zwei klassische Merkmale des traditionellen Bankgeschäfts erschweren jedoch diesen Wandel. Zum einen ist die große Mehrheit der Finanzinstitute trotz moderner Möglichkeiten wie das Onlinebanking lokal aufgestellt: Ein weit verzweigtes Filialnetz mit Beratern macht es Kunden möglich, die alltäglichen finanziellen Belange vor Ort zu erledigen. Zum anderen ist Vertrauen die Grundlage des Bankgeschäfts. Dieses Vertrauen ist allerdings nach der Finanzkrise zerstört.

FinTechs mangelt es noch an Erfahrung

Dieser Vertrauensverlust ist gleichzeitig ein herber Verlust für eine Gesellschaft, in der man sich von Experten unterstützen lässt, wenn das eigene Know-how in einem anderen Bereich liegt. Unter dem Gesichtspunkt der effizienten Arbeitsteilung wäre es sinnvoll, sich bei Bankgeschäften vertrauensvoll von einem Fachmann beraten zu lassen, anstatt sich das dafür erforderliche umfassende Wissen aus Mangel an Vertrauen selbst aneignen zu müssen. Der Bankindustrie ist damit einer der größten Wettbewerbsvorteile verloren gegangen, den sie gegenüber den Start-ups hätte aufweisen können. Diese verknüpfen zwar innovative Finanzideen mit modernen Technologien, doch auf eine über Jahrhunderte gewachsene Tradition und Erfahrung können sie noch nicht zurückblicken.

In der Diskussion um Finanzdienstleister und deren Gewinnstreben, das es in Grenzen zu halten gilt, sollten wir uns gleichzeitig immer wieder vor Augen führen, dass die Instabilität des Bankensystems in seiner Natur begründet liegt. Die Kernfunktion einer Bank besteht nun einmal darin, Risiken zu übernehmen und die Wirtschaft mit Liquidität zu versorgen. Auch in Zukunft werden die Finanzinstitute diese Funktionen erfüllen. Doch wir erleben bereits jetzt, dass die Schnittstelle zum Kunden hin nicht mehr unbedingt die Bank selbst ist. Stattdessen übernimmt das Internet diese Funktion mit Plattformen, die zwar in der Vergangenheit bereits von Banken angeboten wurden. Inzwischen wurden diese aber von Anbietern überholt, die sehr viel Energie und können auf Marketing-Aktivitäten aufwenden. Denn ihnen ist klar, dass ihr einziges Asset darin besteht, den Kunden auf die eigene Webseite zu holen, bevor er auf die Seite der Bank geht.

Disruptive Technologien halten Einzug

Das Internet verwandelt die Welt in ein globales Dorf, das ein gemeinsames, weit zurückreichendes und vollkommen integres Gedächtnis hat. Disruptive Technologien wie Blockchain machen dies möglich. Dabei enthält beispielsweise die Information über eine Besitzübertragung gleichzeitig immer auch alle vorherigen Besitz-Informationen über das entsprechende Objekt. Denn gemäß einer dezentralen Datenbank-Logik wird der vorangehende Datensatz im jeweils nachfolgenden gesichert. Wechselt also ein Gegenstand den Besitzer, lässt sich die Information darüber nicht manipulieren. Außerdem bedarf es keiner Anwälte, Notare oder anderer Intermediäre, um diesen Vorgang zu verifizieren – eine bahnbrechende Entwicklung.

Das erste Blockchain-Produkt war die Kryptowährung Bitcoin. Trotz ihres Scheiterns hat sie uns eindrucksvoll die Stärke vor Augen geführt, die in der dahinterliegenden Technologie steckt. Zudem hat sie uns gezeigt, dass Geld lediglich eine Illusion ist: Es ist nur wertvoll, weil wir den Scheinen und Münzen einen gewissen Wert zusprechen.

Banken müssen sich auf die digitale Welt einstellen

Auch wenn sich die Entwicklungen der Zukunft nicht exakt vorhersagen lassen, steht doch fest: Weder das Internet noch die modernen, bereits existierenden Technologien werden wieder verschwinden. Darauf müssen sich Banken, Asset Manager und andere Finanzdienstleister einstellen. Aktuell vollzieht sich ein Generationswechsel hin zu jungen Menschen, die in einer digitalen Welt zu Hause sind. Deren Anforderungen müssen Geschäftsmodelle der Zukunft standhalten.

 

Dieser Gastbeitrag basiert auf einem Vortrag, der im Rahmen einer Informationsveranstaltung des Asset- und Investment Managers KGAL GmbH & Co. KG zum Thema Digitalisierung in der Bankenbranche gehalten wurde.

Über den Autor

Prof. Dr. Hans-Peter Burghof

Prof. Dr. Hans-Peter Burghof hat den Lehrstuhl für Bankwirtschaft und Finanzdienst-leistungen an der Universität Hohenheim inne und ist als Geschäftsführer der Stiftung Kreditwirtschaft tätig. Darüber hinaus ist er unter anderem Mitglied des Börsenrates der Börse Stuttgart, akademischer Leiter der Hohenheim Management School und Vorsitzender des Vereins Hohenheim Management Development e.V. Außerdem ist er geschäftsführender Herausgeber der Zeitschrift Kredit und Kapital und ist Mitglied im Beirat der Zeitschrift für Controlling. Zuvor arbeitete Burghof als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Ludwig-Maximilians-Universität München, wo er seine Promotion und Habilitation abschloss. Das Studium der Volkswirtschaftslehre absolvierte er an der Universität Bonn.

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