Auf der Suche nach dem verlorenen Schatz!

Wo sind die Erträge der Banken geblieben?

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Banking mit einem Augenzwinkern

Lustiges, Humorvolles und mitunter auch Nachdenkliches für Banker
© Shutterstock

Indiana Jones, alias Harrison Ford, sucht in der heutigen Gastkolumne nach dem verloren gegangenen Schatz der Banken. Gar nicht so einfach, diesen zu finden.

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Ein sanftes Rütteln weckte mich aus meinem seichten, flatterhaften Schlaf. An eine zufriedene, tiefe Nachtruhe war nicht zu denken, nachdem ich am Vorabend meine Einkommensteuererklärung fertig gestellt hatte.

Ich war mehrmals in der Nacht aufgewacht und hatte laut „Höchststeuersatz“ gerufen, was Claudia, meine liebe Frau, nur mit einem gurgelnden Schnarcher quittierte. Dies demonstrierte deutlich, dass sie nicht unter Schlafstörungen litt. Erst gegen Morgen fiel ich in Morpheus Arme und träumte von den Steuererleichterungen internationaler Großkonzerne, als mich besagtes Rütteln aus der Traumwelt riss.

Über mich hatte sich ein verwegen aussehender Mann mit Hut gebeugt, der mich nun weniger sanft an beiden Schultern packte und rief: „Michel, du musst aufwachen!“

Ich blinzelte erschöpft in sein Gesicht und noch bevor ich losschreien konnte, hatte er mir seine faltige, aber doch kraftvolle Hand auf den Mund gelegt.

Indiana Jones und die Banken

Indiana Jones auf der Suche nach dem Schatz der Banken

„Pssst!“, bedeutete mir Harrison Ford. „Wenn ich meine Hand wegnehme, wirst du dich beruhigen und nicht schreien?“

Ich nickte vorsichtig.

Naja, man stelle sich vor: du wirst von einem prominenten, aber nichtsdestotrotz wildfremden Mann unsanft geweckt, der irgendwie in dein Heim eingedrungen ist und nun in deinem Schlafzimmer steht. Es gab schon schlechtere Plots für Gruselfilme.

Harrison Ford hatte sich auf die Bettkante gesetzt und seinen Hut in den Nacken geschoben. An seiner Seite baumelte die berühmte Peitsche, die ihm schon so oft bei seinen Abenteuern gute Dienste erwiesen hatte. Ich konnte das Leder deutlich riechen.

„Mister Ford! Was tun sie in meinem Schlafzimmer?“, wollte ich, noch nicht ganz auf der Höhe meines üblichen Konversationslevels mit Hollywoodstars, wissen.

„Nenn mich Indy!“, beschied mir Harrison Ford, der nun sichtlich ganz in seiner Rolle des Indiana Jones abgetaucht war. Er lächelte verwegen und doch irgendwie erschöpft.

„Aber gerne. Indy.“, meinte ich etwas gebauchpinselt, denn wann hat man schon die Gelegenheit, einem Filmcharakter so nahe zu kommen. Und doch konnte ich mir einen gewissen Tadel in der Stimme nicht verkneifen. Denn selbst ein international anerkannter Schauspieler kann ja nicht einfach so in das Heim eines schläfrigen, steuerzahlenden Bürgers eindringen.

Indy konnte. Er legte mir beruhigend die Hand auf die Schulter und seufzte schwer.

„Michel!“, sagte er mit seiner tiefen, beruhigenden Stimme, „Michel, wir haben ein Problem.“

Ich hatte mich nun im Bett aufgesetzt und schaute Indy erstaunt an.

„Was für ein Problem?“, wollte ich wissen. „Bist du wieder auf der Jagd nach einem verlorenen Schatz?“

Das war als Scherz gemeint.

Doch Indy nickte nur traurig und klopfte sich den Wüstensand des letzten Drehtages von der Lederjacke. Die Tatsache, dass besagter Sand auf unserem guten Bettzeug landete, würde mich meine Frau noch büßen lassen. Indiana Jones hin oder her.

„Genauso ist es.“, bestätigte Indy. „Ich bin auf der Suche nach dem Schatz der Banken.“ Sein ernstes Gesicht zeigte nur zu deutlich, dass er nicht spaßte.

„Früher schwammen die Banken doch nur so in Geld. Und jetzt? Jetzt geht es nur noch um Einsparungen, Personalabbau und Nearshoring. Also, wo sind denn eure Erträge geblieben?“, fragte Mister Jones.

Ich versuchte positiv zu denken! Ja, wo waren denn unsere ganzen Erträge, die uns ante Lehman ein grandios prosperierendes Leben ermöglichten? Sie waren – in marginalen Ansätzen – immer noch da. Natürlich massiv geschrumpft, aber immer noch da. Manche mögen die Ertragssituation der Banken als besorgniserregend bezeichnen, doch ich bin ein positiver Mensch.

„Nun ja, Indy. Die Zeiten ändern sich. Heute steht der Konsument im Vordergrund, die Kreditwirtschaft wird stärker reguliert denn je und der Wettbewerb mit Nichtbanken wird härter als wir dachten.“

„Papperlapapp.“ Indy wurde etwas lauter und störte damit den Schlaf meiner Gattin, die mich folgerichtig, aber liebevoll unter der Bettdecke mit ihrem Bein trat. „Mit dieser Einstellung hätte ich die Bundeslade nie gefunden. Oder den heiligen Gral. Oder die Kristallschädel. An den Inhalt des dritten Teils kann ich mich gerade nicht erinnern.“

„Ja, Teil 3 war wohl etwas – sagen wir – holprig.“

Wir schwiegen für eine Minute.

„Also, wo sind jetzt eure Erträge?“, insistierte Indy. Vermutlich hatte er einen Beratervertrag, der ihm 20% der gefunden Erträge als Provision zusicherte. Und er setzte, fast erschrocken, noch hinzu: „Oder waren etwa meine Gegenspieler auch dieses Mal wieder schneller?“

Ich nickte traurig.

„Ja, leider. Die Zinsspanne ist durch die Geldpolitik der Notenbanken dahin, die Erträge im Kartengeschäft sind reguliert worden, das Wertpapiergeschäft geht so lala und im Zahlungsverkehr…“, hier musste ich aus tiefster Seele seufzen, „… da werden wir Banken in Zukunft wohl nicht mehr viel Gewinn machen.“

An Indy´s Augen konnte ich erkennen, dass er mir nicht glaubte.

„Aber sicher! Und all eure neuen Mitbewerber steigen ins Bankgeschäft ein, weil man dort nichts verdienen kann! Das ich nicht lache!“ Mister Jones hatte noch immer einen hellwachen Verstand. Tja, ihm konnte ich nichts vormachen.

„Ehrlich gesagt, die verdienen ihr Geld mit der Vermarktung der Kundendaten, und genau dies ist uns Banken untersagt.“

„Na bitte!“ sagte Indy und tätschelte mir vertraulich die Wange. „Vergiss nie: Schätze gehen nicht verloren, sie werden nur von Zeit zu Zeit vergraben. Und letzten Endes obsiegt immer das Gute. Also ich!“

Mit den letzten Worten war er aufgestanden und schickte sich an, mich mit dieser fundamentalen Erkenntnis allein zu lassen. Er würde wohl bald den CEO eines Startups aus dem Schlaf reißen und bei ihm nach unseren Erträgen suchen.

Mir blieb nur noch eine Frage zu stellen: „Und was wirst du tun, Indy, wenn du die verlorenen Erträge der Banken finden solltest? Wo bringst du sie hin?“

Herr Ford lächelte sein berühmtes Lausbubenlächeln und brummte sonor: „Sie landen dort, wo alle meine Fundstücke landen. In den Tresoren der US-Regierung.“

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Über den Autor

Michel Lemont

Michel Lemont ist seit mehr als 35 Jahren in Bankenwesen tätig. Er war in verschiedenen Bereichen der Finanzindustrie tätig, unter anderem im Vertrieb, im Marketing und zuletzt im Umfeld des Zahlungsverkehrs. In seinen Aufgabenbereich fallen unter anderem regulatorische Themen, das Management von Zahlungsverkehrs-Infrastrukturen sowie die Arbeit in nationalen und internationalen Gremien im Bereich Payments. Ein besonderes Anliegen sind ihm Innovationen im Bankenbereich und das "Querdenken". Michel Lemont ist Autor des Buches „Bankers have more fun“ und betrachtet das Bankwesen gerne von der humoristischen Seite. Er ist verheiratet und Vater einer Tochter.

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