Was Banken aus schlechtem Kundenservice lernen können

Vom Versuch eines Autokaufs

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Banken und Sparkassen können auch vom schlechten Service anderer lernen

Service verboten!

Der Automobilbranche geht es in Bezug auf den Vertrieb derzeit ähnlich schlecht wie den Banken. Eigentlich eine gute Gelegenheit, mit Spitzenservice Kunden zu begeistern, sollte man meinen. Die Realität sieht oft anders aus, wie bei vielen Banken.

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Automobilbranche, Banken und das Internet

Der ADAC hat vor kurzem darüber berichtet, dass man auch beim Neuwagenkauf vielfältige Rabattmöglichkeiten im Internet finden kann. Anscheinend stehen die regionalen Autohändler damit vor einer ähnlichen Herausforderung wie Zeitungen und Finanzinstitute. Online schickt sich an, die stationären Verkaufskanäle zu verdrängen, zumindest aber, ihnen das Leben schwer zu machen.

Bei aller Schwierigkeit, Autos und Bankleistungen miteinander zu vergleichen, gilt eine Gemeinsamkeit: Sowohl der lokale Kfz-Händler, wie die Filialen der Banken und Sparkassen werden nur dann überleben, wenn Sie dem Kunden einen echten Mehrwert bieten können. Die Kfz-Händler mögen es auf den ersten Blick dabei etwas einfacher haben, da ein Auto nach dem Kauf in jedem Fall regelmäßig zur Inspektion bzw. zu Reparaturen in eine Werkstatt muss, während Bankkunden auch ihre normalen Routinebankgeschäfte gut online erledigen können. Schaut man genauer hin, stellt man aber fest, dass es immer mehr markenunabhängige Werkstätten gibt, wie z.B. Bosch, Pitstop oder Carglas, die immer mehr Zulauf zu verzeichnen haben. Insofern sind Kundenorientierung und Kundenpflege durchaus branchenübergreifende Phänomene.

Der Kundenservice ist auch in vielen Banken und Sparkassen eine Baustelle

Baustelle Kundenservice: Fallen Sie nicht hinein

Man möchte also meinen, dass die Autobranche froh um jeden Interessenten ist, der sich mit dem Wunsch meldet, ein Auto zu kaufen. Doch ähnlich, wie es Interessenten bei vielen Banken ergeht, die Geld anlegen möchten oder nach einer Baufinanzierung fragen, scheint die Realität eine andere zu sein, wie die folgenden Erlebnisse zeigen.

Negatives Serviceerlebnis bei der Kundenhotline

Ein Bekannter von mir wollte neulich sein Auto durch einen gebrauchten Golf ersetzen. Er dachte dabei an einen Jahreswagen oder etwas Vergleichbares. VW bietet auf seiner Webseite dafür das sogenannte Weltauto an, einen Gebrauchtwagen, der bestimmte zusätzliche Qualitätsmerkmale erfüllen soll. Leider scheint die Webseite nicht unbedingt bei allen Informationen über das Programm klar und eindeutig zu sein, aber zum Glück gibt es ja eine kostenfreie Hotline. Also hat er dort angerufen, um sich über die Details schlau machen zu lassen.

Die nette Dame am anderen Ende der Leitung war wohl auch erst sehr freundlich, nur leider inkompetent in Bezug auf seine Fragen. Das war insofern nicht weiter schlimm, da sie versprach, sich schlau zu machen und mit den Antworten zurückzurufen. Tatsächlich kam der Rückruf wohl sogar sehr schnell. Nur leider war der zusätzliche Informationswert gleich Null. Die Kernaussage lautete „Verkauf ist Sache unserer Händler, wenden Sie sich an die, um ihre Fragen zu klären.“ Auf den Hinweis meines Bekannten, dass er dafür keine Zeit habe und deswegen bei der Hotline anrufen würde, wurde nur wiederholt, er solle einen Händler ansprechen und der hätte dann im Zweifelsfall seine Ansprechpartner in der Zentrale, die offene Fragen klären könnten.

Jeder weitere Gesprächsversuch wurde im Keim erstickt und mein Bekannter war nach diesem Anruf reichlich frustriert. So hatte er sich den Service einer Kundenhotline nicht vorgestellt.

Service und Multikanalvertrieb

Ich selbst hatte mich vor einiger Zeit auch nach einem neuen Auto umgeschaut und unter anderem bei Skoda (auch VW Konzern) und Volvo im Internet recherchiert und das angebotene Prospektmaterial bestellt.

Man sollte meinen, so etwas geht unkompliziert und schnell. Weit gefehlt.

Im Fall Skoda kamen zwar einige Prospekte, jedoch erst nach rund 14 Tagen und mit einem Begleitschreiben, dass man leider nicht alle Materialien vorrätig hätte und dies daher nur eine Teillieferung sei. Der Rest käme nach. Das war vor zwei Monaten und ich warte immer noch.

Im Falle Volvo kam es noch dreister: Zwei Wochen passierte gar nichts, dann landete eine überdimensionale Postkarte in meinem Briefkasten mit dem Hinweis, man hätte derzeit keine Prospekte, ich solle doch bitte im Internet nachsehen. Genau das hatte ich ja bereits getan…

Immerhin landeten dann (einen Monat später) doch noch einige Prospekte in meinem Briefkasten. Und um sicherzugehen, die gleichen zwei weitere Woche später noch einmal…

Interessenten haben es schwer

Ich hatte mir auch die Zeit genommen und mich persönlich bei einigen Autohäusern umgesehen. Zugegebenermaßen unangemeldet und eher zwanglos. So ganz konkret war meine Kaufabsicht (noch) nicht.

Überall war man recht freundlich, wenngleich wenig verbindlich. Anscheinend nimmt man Leute, die einfach mal so reinschauen nicht wirklich als Käufer ernst. Nicht ein einziges Mal wurden mein Name und meine Kontaktdaten erfragt, geschweige denn festgehalten.

Wie bitte schön, so frage ich mich, will jemand bei einem Interessenten nachfassen, wenn er sich nicht mal die Mühe macht, ihn kennen zu lernen?

Was Banken und Sparkassen daraus lernen können

Interne Kommunikation muss umfassend sein

Die Dame am Telefon bei VW hatte entweder keine Ahnung oder wollte/durfte nichts sagen. Es nützt aber nichts, wenn sich jemand in der Zentrale etwas Tolles ausdenkt, die Mitarbeiter mit Kundenkontakt jedoch darüber entweder nicht vollständig informiert sind oder dem anrufenden Kunden nicht weiterhelfen dürfen.

Verkauf betrifft jeden im Unternehmen

Jedes Unternehmen lebt von seinen Kunden und damit ist jeder Arbeitsplatz im Unternehmen davon abhängig, dass der Kunde kauft und wiederkommt. Jede auf den Markt zielende Unternehmensstrategie läuft ins Leere, sofern sich nicht jeder Mitarbeiter für das Wohl und die Zufriedenheit des Kunden wirklich interessiert.

Das Weltauto bei VW ist sicher eine nette Sache. Wenn die Dame im VW Service Center aber selbst nicht weiterwusste, hätte sie meinem Bekannten zumindest einen internen Ansprechpartner vermitteln müssen. Hat sie aber nicht und zumindest bei meinem Bekannten ist der Eindruck entstanden, dass sie dies auch nicht wollte.

Der Kunde entscheidet über die Wahl des Vertriebskanals

Egal ob ein Kunde bei einer Hotline anruft oder im Internet Prospekte bestellt, er hat sicherlich seine guten Gründe dafür, nicht zu einem physischen Point-of-Sale vor Ort zu gehen.

Wenn Sie ein Servicetelefon anbieten, um Kundenfragen zu beantworten, sollte der Kunde nicht in eine Filiale verwiesen werden. Und wenn Sie im Internet Informationsmaterial zum Versand anbieten, sollte dieses schnell, d.h. in maximal zwei Arbeitstagen und selbstverständlich auch vollständig und in der versprochenen Qualität beim Kunden vorliegen. Sonst ist die Enttäuschung über Zeitverzögerung bzw. Nichterfüllung des Kundenwunsches groß.

Wenn bestellte Informationen erst mit einer Verzögerung von zwei oder mehr Wochen eintreffen, besteht zudem die Gefahr, dass die eigentliche Kaufentscheidung längst gefallen ist. Dann allerdings vermutlich in eine andere Richtung.

Basics im Vertrieb beachten

Eigentlich sollte so etwas zum Standardrepertoire eines jeden Vertriebsmitarbeiters gehören: Wenn ein Interessent zur Tür hereinkommt und etwas kaufen möchte, dann ist das Mindeste, sich seinen Namen und die Kontaktdaten zu notieren. Dazu die Frage, ob, wann und wie man ihn wieder ansprechen dürfe und dieses dann auch tun.

 

Welches waren Ihre persönlichen Serviceerlebnisse? Gute wie schlechte?

Über den Autor

Dr. Hansjörg Leichsenring

Dr. Hansjörg Leichsenring ist Herausgeber des Bank Blogs und der Finanzbranche seit über 30 Jahren beruflich verbunden. Nach Banklehre und Studium arbeitete er in verschiedenen Positionen, u.a. als Direktor bei der Deutschen Bank, als Vorstand einer Sparkasse und als Geschäftsführer eines Online Brokers. Als Experte für Strategien in den Bereichen Digitalisierung, Innovation und Vertrieb ist er gefragter Referent und Moderator bei internen und externen Veranstaltungen im In- und Ausland.

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Ein Kommentar

  1. Avatar

    Sehr interessanter Vergleich! Und bei beiden – viel Geld wird in die Werbung gesteckt, aber wehe, ein Kunde ist von sich aus aktiv …
    Ging mir übrigens ähnlich: im Rahmen des Reifenwechsels jetzt bei Audi angedeutet, dass ich mich für einen neuen (!) A4 interessiere – ich bekam desinteressiert ein paar Prospekte in die Hand gedrückt, Visitenkarte dabei und „ich könnte ja dann anrufen“. Ich saß nur eine halbe Stunde da und wartete, dass mein jetziger Wagen fertig wurde … soviel zum Thema „verpasste Ansprachechancen“.

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