Warum ich Banker liebe

Plädoyer für Vernunft und Logik in einer überemotionalisierten Welt

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Liebenswerte Bankmanager

Bankmanager können liebenswert sein

Während unsere Gesellschaft in Gefühlsduseligkeit schwelgt und Banker für ihre geringe Empathie kritisiert, bricht die Bankerflüsterin eine Lanze für die Finanzwirtschaft. Denn dort sind Intelligenz, logisch-analytisches Denkvermögen und eine Orientierung an Fakten statt an Ideologien zuhause.  

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Schaut man sich unsere Gesellschaft an, fällt ein radikaler Wandel auf, der sich in den letzten Jahren vollzogen hat: Von einer Nation, die aufgrund ihrer analytischen Fähigkeiten große Ingenieursleistungen hervorgebracht hat, sind wir zu Gefühlsweltmeistern geworden. Ratio und Fakten spielen keine Rolle mehr, es dominieren Ideologien und überbordende Emotionalität. Auch die Medien verstehen sich immer weniger als Informationsquellen denn als Stimmungsmacher, die sich wahlweise echauffieren oder gefühlsduseligem Gutmenschentum applaudieren. Als eine vernunftgesteuerte Frau, die zur Meinungsbildung komplexe Sachverhalte bis auf den blanken Knochen seziert und dabei Aspekte aus diversen natur- wie geisteswissenschaftlichen Disziplinen einbezieht, ist solch ein hirnbefreiter Umgang mit den entscheidenden Fragen unserer Zeit befremdlich. Doch glücklicherweise habe ich Menschen gefunden, die ähnlich ticken wie ich: Banker.

Persönlichkeiten in der Welt des Geldes

Seit ich vor einigen Jahren in die Welt des Geldes eingetaucht bin, fühlt sich mein Hirn wohl, denn es hat in der Finanzbranche Menschen gefunden, deren Qualitäten man heute gar nicht genug schätzen kann: Intelligenz, rasche Auffassungsgabe, die Fähigkeit facettenreiche Sachverhalte auf hohem intellektuellen Niveau zu diskutieren plus die Bereitschaft, eigene Ansichten zu revidieren, sofern gute Gründe dafür sprechen. Egal, ob in internationalen Großbanken, Privatbanken, Sparkassen oder Genossenschaftsbanken – überall treffe ich auf interessante Persönlichkeiten mit der Fähigkeit zum faktenbasierten, ergebnisorientierten Diskurs auf höchstem Niveau.

Erfreulich ist auch die Aufgeschlossenheit, die viele Banker an den Tag legen. Als ich über aktuelle Erkenntnisse der Hirnforschung sprach, fragte mich beispielsweise ein Sparkassenvorstand nach Literaturtipps, erwarb das empfohlene Buch und setzte die darin gegebenen Anregungen zur Erweiterung der mentalen Performance unverzüglich in die Praxis um. Andere Banker ließen sich von mir interessiert in Themen wie Transhumanismus, Quantenphysik und die Auswirkungen von Handystrahlen auf die Zellkommunikation einführen und vermochten, die gewonnenen Kenntnisse und ihre Bedeutung sofort auf die Digitalisierung der Finanzwelt zu übertragen. Agile Gehirne, wie man sie sich nicht besser wünschen kann.

Auch die Bereitschaft zur kritischen Selbstreflexion – Zeichen großer persönlicher Reife – ist unter Bankern ausgeprägter als medial behauptet. Einer, der mir dies in beeindruckender Weise bewies, war der Vorstandsvorsitzende eines norddeutschen Kreditinstituts. Er berichtete schonungslos offen und gnadenlos selbstkritisch von Fehlern seiner Bank, die zu einem Vertrauensverlust bei den Kunden und entsprechend unbefriedigenden Bilanzergebnissen geführt hatten. Nicht minder ehrlich schilderte er den Prozess seines Umdenkens – eines Ausbruchs aus typischen Banken- und BWL-Paradigmen: Nachdem alle Strategien der Betriebswirtschaftslehre nicht zum gewünschten Ergebnis geführt hatten, erkannte er nämlich: „Mitarbeiter und Kunden sind nicht nur betriebswirtschaftliche Kennzahlen, sondern Menschen und müssen auch als solche behandelt werden.“ So banal dies klingt – seine Erkenntnis führte zu einem grundlegenden – innovationsfördernden – Kulturwandel innerhalb der Bank und brachten auch die Kunden zurück, weil sich diese plötzlich als Menschen und nicht als Ertragsquelle wahrgenommen fühlten. Gleichzeitig beschloss dieser brillante Vorstand, seine für Angehörige der obersten Führungsebene typische Maske abzulegen und sich als Mensch mit Gefühlen und Schwächen zu zeigen. Eine vernünftige Entscheidung, denn nun stand ihm die Energie, die er zuvor für die Aufrechterhaltung seines coolen Images aufwenden musste, für produktive Arbeit zur Verfügung.

Drei Bewusstseins-Zustände der Menschen

Solch beeindruckenden Persönlichkeiten, die aufgrund ihres Reflexionsvermögens Defizite in Branchen-Dos & Don’ts erkennen, dementsprechend vernünftige Veränderungen vornehmen und über das Rückgrat verfügen, neue Wege zu beschreiten, gibt es zahlreich in der Welt des Geldes. Jedoch wird nicht über sie berichtet, weil sich Banker-Bashing besser verkauft. Selbst innerhalb der Finanzwirtschaft herrscht weitgehend Unkenntnis darüber, in welchem Umfang Frei- und Vordenkertum verbreitet ist. Die größte Fassungslosigkeit erlebe ich allerdings, wenn ich von der ungewöhnlich hohen Anzahl der Aliens innerhalb der Branche spreche.

Nein, mit Aliens meine ich keine kleinen grünen Wesen von anderen Planeten, sondern einen von drei Bewusstseins- und Wahrnehmungs-Aggregatzuständen, die bei Menschen zu beobachten sind:

  1. Psycho- oder Soziopathen: Egomane Menschen, skrupellos, angstfrei und häufig exzellente Manipulatoren. Ihr Aggregatzustand kann auf entsprechend konditionierende oder traumatisierende Erfahrungen zurückgehen, aber auch auf eine Hirnfunktionsstörung.
  2. Plastikmenschen: Abgestumpfte, leicht manipulierbare Massenmenschen mit dem Bedürfnis nach Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft. Sie bewegen sich beruflich wie privat bevorzugt innerhalb gewohnter Denkbahnen, die sie ungerne kritisch reflektieren oder verlassen, obwohl sie dazu mit etwas Übung durchaus in der Lage wären.
  3. Aliens: Bewusste, redliche, wahrnehmungsfähige Menschen mit Hochleistungsgehirnen, die ihre Umwelt und ihre eigenen Denkprozesse ständig beobachten und hinterfragen. Aufgrund ihrer Fähigkeit, blitzschnell große Datenmengen aus unterschiedlichen Themengebieten auszuwerten, zu abstrahieren oder zu adaptieren, erkennen sie Strukturen auf der Metaebene unserer Realität, sowie zukünftige Entwicklungen klarer und früher als andere Menschen. Unter Normalos fühlen sie sich fremd, andersartig und unverstanden. Im falschen Umfeld leiden sie aufgrund ihrer hohen Sensibilität und schalten als Selbstschutzmaßnahme ihre Gefühle und feinen Antennen ab.

Herausforderung durch Finanz-Aliens

Finanz-Aliens habe ich in großer Zahl im Top-Management und im mittleren Management von Banken und Sparkassen gefunden, im Asset Management und im Private Banking, unter Analysten und Investmentbankern. Jeder dieser Menschen war erstaunt zu erfahren, dass er in der Bankenwelt nicht der Einzige seiner Art ist; der branchenübliche Kodex eines professionellen Auftretens verhindert jedoch das gegenseitige Erkennen.

Jedem logisch denkenden Menschen erschließt sich natürlich, wie wertvoll die Eigenschaften der Aliens für die Bewältigung aktueller und zukünftiger Branchenherausforderungen sind. Denn wer mit den multiplen, chaotischen, interdependenten Faktoren der wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Welt sicher jonglieren will, benötigt Intelligenz, Weisheit, geistige Weite und ein gutes Gespür für die Dimensionen jenseits des Offensichtlichen. Da fragt sich so mancher Banker, ob auch er sich zu solch einem Alien entwickeln kann. Ja, dies ist mit etwas systematischem Training machbar. Und warum sollten Banker nicht ihre hervorragenden geistigen Voraussetzungen nutzen, um von Bad Boys der Wirtschaft zu Vordenkern und Inspiratoren zu werden?!

Über den Autor

Gabriela Friedrich

Gabriela Friedrich ist „Bankerflüsterin“ und Mentaltrainerin bei Kreditinstituten und Versicherungen. Seit 25 Jahren Kommunikationsberaterin mit Führungserfahrung und seit 22 Jahren Mentalcoach und Reflexionspartnerin für Top-Führungskräfte, Angestellte, Selbständige und Privatpersonen, insbesondere für Männer (maenner-sind-wundervoll.de). Mehrfache Buchautorin, Verfasserin diverser Fachartikel für Bankenfachmedien und Mitbegründerin der Digit & Brain-Society – Mensch 1.0 in der Wirtschaft 4.0.

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