Neues Benchmarking Tool ermöglicht Gesundheitscheck von Lieferketten

Analyse der Schwächen und Gefahren von Lieferketten

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Die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie fragil Lieferketten sind und welch weitreichende Folgen ihre Unterbrechung  für Unternehmen und für Volkswirtschaften haben kann. Ein neues Benchmarking Tool unterstützt Firmenkunden dabei, deren Resilienz zu überprüfen.

Lieferketten sind wichtige für Unternehmen und Volkswirtschaften

Die Corona-Pandemie hat der Welt vor Augen geführt, wie fragil internationale Lieferketten sind, und welch weitreichende Folgen ihre Unterbrechung für Unternehmen und für ganze Volkswirtschaften haben kann.

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Die Corona-Pandemie und Unfälle wie die Havarie des Containerschiffes „Ever Given“ im Suez-Kanal sind bei weitem nicht die einzigen Bedrohungen, denen internationale Lieferketten ausgesetzt sind. Die Sicherung fairer Arbeitsbedingungen entlang der gesamten Lieferkette ist für viele Unternehmen ebenso eine Herausforderung wie die Einhaltung von Umweltbestimmungen. Noch immer gelingt es nur einem kleinen Teil der Unternehmen, ihre globalen Lieferketten offenzulegen und die Einhaltung aller Bestimmungen zu garantieren. Derweil mehren sich die Stimmen nach strengeren gesetzlichen Regelungen.

Im Rahmen der Neuaufstellung von Lieferketten sind viele Unternehmen nun dabei, ihre Lieferketten einem umfassenden „Gesundheitscheck“ zu unterziehen, um Risiken in Zukunft besser steuern und „Betriebsstörungen“ vermeiden zu können. In diesem Zusammenhang gilt es u.a., die folgenden Fragen zu beantworten:

  • Will ich die Herstellung von Teilen und Vorprodukten näher an meine Produktionsstandorte heranziehen?
  • Wie kann ich sicherstellen, dass meine Zulieferer faire Arbeitsbedingungen bieten und Umweltauflagen einhalten?
  • Welche weiteren Aspekte muss ich berücksichtigen, um meine Lieferketten zu optimieren?

Für diese und andere Fragen werden gegenwärtig Lösungen gesucht.

Gesundheitscheck mit Supply Chain Performance Indicator

Die Firmenkunden der Standard Chartered bilden da keine Ausnahme. Viele von ihnen werden von der Bank auf den Weg nach Asien, Afrika und in den Nahen Osten begleitet und mit Bankdienstleistungen zur Abwicklung ihrer Geschäfts- und Handelsbeziehungen unterstützt. Die Sicherung nachhaltiger Lieferketten steht dabei schon länger im Fokus.

Nun hat Standard Chartered mit dem „Supply Chain Indicator“ ein neues Online Tool geschaffen, das Kunden hilft, ihre Lieferketten einem Gesundheitscheck zu unterziehen und ihnen die Möglichkeit gibt, sich mit ihren Wettbewerbern zu messen. Das Online Tool führt seine Teilnehmer Schritt für Schritt durch den Bewertungsprozess. Dabei müssen diese zunächst angeben, in welcher Region ihr Unternehmen sitzt und wie hoch der jährliche Umsatz ist. Dann werden sie durch fünf Kategorien geführt, zu denen Sie Fragen beantworten müssen.

Fünf-Kategorien-System

In Kategorie 1 geht es darum, die direkten Zulieferer mit Blick auf Umwelt, Transparenz und soziale Verantwortung zu bewerten. Wie gut ist man über die Arbeitsbedingungen bei seinen direkten Lieferanten im Bilde? Weiß man darüber Bescheid, ob Umweltbestimmungen vom Zulieferer eingehalten werden? Sind Zulieferer möglichen Gefahren durch den Klimawandel (extremen Witterungsbedingungen) in dem Maße ausgesetzt, dass dies die Lieferfähigkeit beeinträchtigen könnte? Wie wird die Einhaltung gesetzlicher Richtlinien überprüft? Durch unabhängige Dritte? In Kategorie 2 werden die gleichen Fragen zu den indirekten Zulieferern gestellt.

In Kategorie 3 geht es um die finanziellen Resilienz der Supply Chain: Sind die eigenen finanziellen Reserven ausreichend, um Zahlungsverzögerungen abzufangen? Und wie stabil ist die Finanzlage der Zulieferer? Welche Möglichkeiten der Lieferketten-Finanzierung stehen dem eigenen Unternehmen zur Verfügung? Welche Modelle werden eingesetzt, um Preisschwankungen zu prognostizieren?

In Kategorie 4 wird die Flexibilität und Anpassungsfähigkeit der Lieferkette abgefragt: Wie wird die Bezahlung von Zulieferern in unterschiedlichen Teilen der Welt abgewickelt und wie schnell erfolgt sie? Wie schnell kann die Produktion an veränderte Kundenansprüche angepasst werden? Wie schnell können Produktionsmengen angepasst werden oder Teile der Produktion an andere Standorte verlegt werden?

In Kategorie 5 geht es schließlich um Kooperation und Einbindung von Zulieferern in eigene Prozesse und Entscheidungen: Werden Zulieferer in Produktinnovationen einbezogen? Steht man im engen Austausch mit Zuliefern über wichtige strategische Entscheidungen oder auch Veränderungen im Marktumfeld? Werden Probleme gemeinsam angegangen?

Ampelsystem gibt Aufschluss

Nach Beantwortung aller Fragen erfolgt die Auswertung, bei der die eigenen Ergebnisse an denen von Wettbewerbern gleicher Größe in der gleichen Region gemessen werden. Die Daten über die Wettbewerber stammen aus einer Befragung entlang der gleichen fünf Kriterien, die Standard Chartered bei knapp 1.000 Unternehmen aus allen Regionen und Sektoren rund um den Globus durchgeführt hat. Sie bilden die Peer Group, an der man die Performance des eigenen Unternehmens messen kann.

Die Befragung der Peer Group hat gezeigt, dass bei vielen Unternehmen in Bezug auf die Sicherung von Lieferketten erheblicher Nachholbedarf besteht. Fast 90% der Befragten Unternehmen gaben an, dass Nachhaltigkeit und Widerstandsfähigkeit an oberster Stelle der Prioritätenliste stehen, doch 2/3 der Befragten gaben auch zu, dass ihre Realität nach wie vor hinter ihren ambitionierten Zielsetzungen hinterherhinkt.

Auch bei Umweltschutz und Arbeitsbedingungen zeigte sich, dass nur 40 Prozent der Befragten das Gefühl haben, in diesen Bereichen gute Einblicke in ihre Lieferkette zu haben. Bei der Bewertung der indirekten Zulieferer zeigten sich deutliche Schwächen: nur 44% der Befragten maßen der Einhaltung von Umweltschutzvorgaben und der Sicherung sozialverträglicher Arbeitsbedingungen überhaupt eine wichtig Bedeutung zu. Und nur zwei von fünf Befragten Unternehmen maßen der Finanzierungen von indirekten Zulieferern Bedeutung bei.

Banken können Beitrag leisten

Während die Ergebnisse der Befragung deutlich zeigen, dass noch viel getan werden muss, um Lieferketten tatsächlich widerstandsfähiger, zuverlässiger und auch anpassungsfähiger an Veränderungen zu machen, illustrieren sie auch, dass die Bereitschaft bei den Unternehmen groß ist, das Thema zu adressieren. Rund 80% der Befragten gaben an, moderne Technologien einsetzen zu wollen, um Lösungen zu entwickeln. Und so birgt die Digitalisierung von Lieferketten großes Potential.

Bei der Standard Chartered Bank laufen bereits eine Reihe interessanter Pilotprojekte in  Kooperation mit Software Unternehmen mit dem Ziel,  integrierte Finanzierungen zu ermöglichen. Ein Beispiel ist die Zusammenarbeit mit SAP Ariba, die Kunden den Zugang zu finanziellen Supply-Chain-Lösungen über den gesamten Lebenszyklus von der Beschaffung bis zur Bezahlung erleichtern können. Einkäufer können ihren Zahlungsverkehr und ihren Bedarf an Supply-Chain-Finanzierungen nahtlos über die Plattform abwickeln, während Lieferanten über das globale Netzwerk von Standard Chartered einen schnelleren Zugang zu Finanzierungen und Devisen erhalten. Die Zusammenarbeit soll die Digitalisierung der gesamten Lieferkette ermöglichen.

Die Sicherung von Lieferketten hat durch die Pandemie deutlich an Bedeutung gewonnen, denn wir sind alle erstmals damit konfrontiert worden, welche Abhängigkeiten durch die Globalisierung entstanden sind. Die Sicherheit von Lieferketten geht uns alle an, egal in welchem Teil der Welt wir beheimatet sind. Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, mit Hochdruck und unter Einsatz modernster technologischer Möglichkeiten Prozesse zu schaffen, die sicherer und nicht zuletzt nachhaltiger sind. Denn neben wirtschaftlichen Aspekten geht es auch um wichtige ethische Fragen.

Über den Autor

Heinz Hilger

Heinz Hilger ist CEO der Standard Chartered Bank AG mit Sitz in Frankfurt, die in Vorbereitung auf den Brexit zur Europazentale der Standard Chartered PLC ausgebaut wurde und Ende 2018 von der Bafin die deutsche Banklizenz erhielt. Zuvor leitete er die deutsche Niederlassung und das Geschäft mit Corporate und Institutional Clients in der DACH-Region. Zuvor war er u.a. in leitenden Positionen für die Bank of America und JP Morgan tätig.

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