Der Alchemisten-Banker

Wie man Blech für die Kapitalanlage vergolden kann

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Kunden im Private Banking oder Wealth Management suchen immer nach der optimalen Kapitalanlage. Doch können Anlageberater tatsächlich Blech in Gold verwandeln? Einige schon! Man muss nur wissen wie.

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Mit Luxus-Sportwagen als Kapitalanlage lässt sich mitunter Blech in Gold verwandeln.

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Brummm!

Harry Kleinstein fuhr schwungvoll die von alten Bäumen gesäumte Allee entlang, die zum Landgut der Gräfin von Sprotte führte. Harry war gut gelaunt, denn nach Jahren der Ungewissheit, ob er in der Karriere als Banker wohl wirklich seine Berufung gefunden haben könnte, war er nun dessen absolut sicher.

Auch wenn es der einen oder anderen kleinen karrieretechnischen Korrektur bedurft hatte: Nie fühlte er sich wohler als heute! Denn heute machte er Menschen glücklich und zufrieden. Er sicherte ihre Existenz ab und ermöglichte seinen Kunden – auch in tristen Börse- und Sparbuchzeiten – eine ordentliche Rendite auf das eingesetzte Kapital. Plötzlich hatte er Antworten auf ihre drängenden Fragen nach angemessener Verzinsung und Sicherheit. Und es machte auch noch Spaß.

Verwandlung von Stahl und Blech in bleibende Werte

Durfte das eigentlich sein? War das überhaupt politisch korrekt? Nun ja, eigentlich machte er nichts anderes als viele tausende Banker-Kolleginnen und Kollegen auch. Er beriet ein Kundensegment, dessen durchaus gerechtfertigter Anspruch es war, das hart erworbene (oder vielleicht ebenso hart ererbte) Vermögen zu mehren. Herr Kleinstein hatte zwar nicht den Stein der Weisen gefunden und konnte auch nicht aus unedlen Metallen Gold machen….

Obwohl das so nicht ganz richtig war. Harry war kein Alchemist und trotzdem beherrschte die Verwandlung von Stahl und Blech in bleibende Werte.

Und während er so dahinglitt, in diesem durchaus nicht als komfortabel zu bezeichnenden Gefährt, fragte er sich, ob er wohl die richtige Wahl getroffen hätte für die gut achtzigjährige Gräfin.

Anlagen müssen sich rentieren

Frau von Sprotte, Herrin über ein nicht unbeträchtliches Immobilienkonglomerat, zu dem unter anderem ein Sommersitz in Südfrankreich, Forstbetriebe in Niederbayern, ein göttliches kleines Chalet in den Schweizer Alpen, ein nicht minder ansehnliches Appartement in New York und mehrere Zinshäuser in Wien gehörten, war von ihrem Investment in Betongold überzeugt. Mochten die Bitcoin, Ripple und Etherium kommen und gehen, die Werte der Gräfin blieben bestehen. Dennoch hatte sie vor Jahren begonnen, zu diversifizieren. Sie investierte in Gold und kaufte, weil der Adel nicht kleckert, sondern klotzt, einen guten Zentner des Edelmetalls. Leider hatte der Wert des Goldbestandes, der sicher und jederzeit griffbereit in den Safes des Landgutes lagerte, seit dem Kauf dramatisch abgenommen. Auch wenn die Edelfrau nicht in Monaten oder Jahren, sondern in dynastischen Dimensionen dachte:  einen derartigen Lapsus würde sie ihren Beraterinnen und Beratern vom Finanzgewerbe nicht mehr durchgehen zu lassen.

Jede Veranlagung, ob Edelmetall, Derivat oder Staatsanleihe musste ab jetzt ordentlich Kohle abwerfen. Um diese Forderung unmissverständlich zu untermauern, konnte die Dame trotz ihrer hochherrschaftlichen Geburt auf ein recht derbes Vokabular zurückgreifen und scheute sich auch nicht, dieses lautstark ihren Bankern ins basserstaunte Gesicht zu schleudern.

Ein neuer Kunde für Harry Kleinstein

So wunderte es nicht, dass ein ob dieser verbalen Maßregelung entnervter Neffe der Gräfin den Kontakt zu dem jungen, durchaus gutaussehenden und dennoch hoffnungslos bürgerlichen Harry Kleinstein herstellte. Er hegte die Hoffnung, dass Tantchen hinkünftig nun diesen zur Schnecke machen würde, statt der eigenen Sippe in den stressigen Bankeralltag zu pfuschen.

Über den kecken Harry hatte Frau von Sprotte schon Wundersames gehört. Einem weitschichtig Verwandten verdoppelte Herr Kleinstein innerhalb nur weniger Jahre das eingesetzte Kapital. Und einer nicht ganz standesgemäßen Freundin der Gräfin, einer Baroness, hatte Harry immerhin zu einer Rendite verholfen, die bei einfachen Sparbuchsparern Schnappatmung verursachen würde. Noch war es ein kleiner verschworener Kreis von Insidern, der wusste, wie man sein Geld auch heutzutage wertsicher veranlagte. Doch dieser Kreis wurde von Tag zu Tag größer. Es galt, schnell zu handeln und die Gunst des Marktes zu nutzen.

Das neue Investment

Die Gräfin hatte sich von ihren Bediensteten ein für ihr Alter durchaus als gewagt zu bezeichnendes Chanel-Kostüm zurechtlegen lassen. Eines, das wohl mehr Bein zeigen würde, als man sonst von einer Dame ihres Standes erwarten würde. Ob dies dem verwegenen Ruf des jungen Herrn Kleinstein geschuldet war?

Aber das Warten hatte nun ja ein Ende. Frau von Sprotte hörte das näherkommende Aufheulen eines Motors. Sie hörte das Knirschen des Kieses unter den Reifen und das anschließende Quietschen der Bremsen in der Auffahrt. Kleinstein war da.

Das Herz der Gräfin schlug ihr bis zum Hals, als sie zum Eingang eilte! Mit wackeligen Schritten – sie hatte die Pumps schon längere Zeit nicht getragen – stöckelte sie die Empfangstreppe des Landhauses hinunter. Und da waren die beiden: Harry Kleinstein und das Investment, dass er seiner noblen Kundin mitgebracht hatte.

Wertvolles Sammlerstück als Kapitalanlage

Mit rauchendem Auspuff und in der Sonne glänzend stand es da: eine knappe halbe Million wert und ein Sammlerstück, von dem es nur noch wenige Exemplare gab. In den nächsten Jahren würde der Wert stetig weiter steigen, das war keine Frage. Seine schnittige Form hatte es Frau von Sprotte sofort angetan, genauso wie der blauäugige, dunkelhaarige Harry, der ihr verwegen die Hand zur Begrüßung küsste. Es war Liebe auf den ersten Blick.

Ob diese Liebe eher Harry oder dem Porsche 911 RS galt, wusste die Gräfin zu diesem Zeitpunkt noch nicht, wohl aber, dass sie beide ihrer Sammlung einverleiben würde.

Aus Blech Gold machen

Und Harry Kleinstein hatte es wieder einmal geschafft und doch aus Blech Gold gemacht! Ein echter Alchemisten-Banker eben. Sollte aus irgendwelchen unnachvollziehbaren Gründen der Oldtimermarkt doch nicht die Renditen abwerfen, die gefordert wurden, hatte er auch schon einen Plan B. Er würde auf zeitgenössische Gemälde umsatteln. Gegebenenfalls auf alte Weine. Vielleicht auch seltene Cognacs oder Rum-Sorten.

Oder aus was Alchemisten-Banker eben sonst gerade Rendite zaubern würden…

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Über den Autor

Michel Lemont

Michel Lemont ist seit mehr als 35 Jahren in Bankenwesen tätig. Er war in verschiedenen Bereichen der Finanzindustrie tätig, unter anderem im Vertrieb, im Marketing und zuletzt im Umfeld des Zahlungsverkehrs. In seinen Aufgabenbereich fallen unter anderem regulatorische Themen, das Management von Zahlungsverkehrs-Infrastrukturen sowie die Arbeit in nationalen und internationalen Gremien im Bereich Payments. Ein besonderes Anliegen sind ihm Innovationen im Bankenbereich und das "Querdenken". Michel Lemont ist Autor des Buches „Bankers have more fun“ und betrachtet das Bankwesen gerne von der humoristischen Seite. Er ist verheiratet und Vater einer Tochter.

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