Weichen gestellt: Einigung im Trilog zum EU-Bankenpaket

Der Umsetzung von Basel IV/CRR III steht nichts mehr im Weg

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Von der Einigung der EU zur Umsetzung von Basel IV geht ein starkes politisches Signal aus. Deutsche Banken werden von den bevorstehenden Änderungen stark betroffen sein. Sie erhalten endlich Planungssicherheit, doch das Zeitfenster zur Umsetzung ist eng.

Basel IV: Reformen für Banken und Kapitalmärkte

Basel IV umschreibt die Reformen für die Bankenindustrie und Kapitalmärkte

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Umfangreiche Regelwerke im Bankensektor brauchen meist ihre Zeit. Und im Zuge der Verhandlungen wächst meist ihre Komplexität. Und doch sind mehr als fünf Jahre Bearbeitungszeit außergewöhnlich.

Zu den wichtigsten Reformvorhaben nach der Finanzkrise zählt die sogenannte „Basel-III“-Reform, welche substanzielle Anpassungen am Säule-1-Rahmenwerk vorsieht. So wurde durch das „Basel III“-Paket mehr und qualitativ höherwertiges Eigenkapital in den Instituten aufgebaut. Ferner wurde im Dezember 2017 mit der sogenannten „Basel III-Finalisierung“ („Basel IV“) eine Stärkung des Rechenwerkes zu den risikobasierten Eigenkapitalanforderungen durch die G20 im Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht beschlossen, insbesondere eine Verbesserung aufsichtlicher Standardansätze und Begrenzung der Verwendung interner Modelle. Das EU-Bankenpaket 2023 setzt nun die Basel III-Finalisierung in der EU um. Aufgrund der COVID-19 Pandemie wurde der geplante Erstanwendungszeitpunkt durch den Baseler Bankenausschuss um ein Jahr verschoben, in der EU gar um ein weiteres Jahr.

Am 27. Juni 2023 konnte nun eine vorläufige Einigung zwischen EU-Kommission, -Parlament und -Rat im sogenannten Trilogverfahren erreicht werden. Damit steht der EU-Umsetzung der Basel III-Finalisierung nichts mehr im Wege. Für Kreditinstitute der EU gelten voraussichtlich ab Januar 2025 umfassende neue Vorschriften zur Ermittlung der risikogewichteten Aktiva. Zum Vergleich: Neben der EU wird auch im Vereinigten Königreich und den USA mit Hochdruck an der Umsetzung von Basel IV gearbeitet. Auch hier wird mit einer Veröffentlichung der finalen Regelungen in 2023 gerechnet.

Die vorläufige Einigung im EU-Trilog

Lange blockierten vor allem wenige strittige Punkte eine Einigung: die Operationalisierung des sogenannten Output Floors und damit der Begrenzung von RWA-Entlastungen, „Fit and Proper“-Regelungen für die Zulassung von Mitgliedern der Leitungsorgane sowie Anforderungen an Niederlassungen aus Drittländern. Beschleunigt haben den Prozess möglicherweise die jüngsten Krisen. Die EU-Entscheidungsträger durften sich in Anbetracht der absehbaren Fortschritte in anderen Jurisdiktionen nicht dem Vorwurf aussetzen, bei der Stabilisierung des Finanzsektor ins Hintertreffen zu geraten. Jetzt verbleibt den Instituten mit etwa eineinhalb Jahren ein relativ enges Zeitfenster für die Umsetzung. Gleichwohl haben die Institute nun endlich Planungssicherheit zur Umsetzung in ihrer Daten- und Prozesslandschaft.

Die Einigung beinhaltet für EU-Banken zahlreiche Entgegenkommen gegenüber den internationalen Empfehlungen des Baseler Ausschusses, auch wenn diese teils nur RWA-Effekte in die Zukunft verlagern. Dies gilt zum Beispiel für das ungelöste Problem, dass zahlreiche europäische Mittelständler über kein externes Rating verfügen. Ohne eine Erhöhung des Abdeckungsgrades externer Ratings dürften sich diese Finanzierungen spätestens ab 2033 verteuern.

Output Floor als Kernelement des neuen Reformpakets

Als zentrales Element des neuen Reformpakets begrenzt der Output Floor den Kapitalnutzen aus der Verwendung interner Modelle im Vergleich zur Verwendung von Standardansätzen. Zukünftig müssen damit auch Kreditinstitute mit internen Modellen zur Ermittlung ihrer Risikoaktiva die überarbeiteten Standardansätze auf ihr Gesamtportfolio anwenden. Die Einführung des Output Floors erhöht die Vergleichbarkeit der Kapitalquoten und kann mitunter auch zu einem signifikanten RWA- und Preisauftrieb bei einigen Kreditprodukten führen. Bis zuletzt wurde um die Frage, auf welcher Ebene der Output Floor anzuwenden ist (Gruppe/Einzelinstitut), gestritten. Tatsächlich wurden die Debatten hierzu zunehmend auch zu einem Gradmesser der tatsächlichen Fortschritte bei Vollendung der Bankenunion. Die vorläufige Einigung sieht nun die Anwendung des Output Floors sowohl auf Gruppen- als auch auf Einzelinstitutsebene, wobei Mitgliedsstaaten unter bestimmten Bedingungen von der Anwendung auf Einzelinstitutsebene absehen können.

Für die Institute stellt die Integration der erwarteten RWA-Auftriebe aus dem Output Floor in die Gesamtbanksteuerung, insbesondere bei Anwendern interner Modelle, eine wesentliche Herausforderung dar. Die Umsetzung der CRR III erfordert Entscheidungen über den Umgang mit höheren Eigenmittelkosten bei der Preisgestaltung, Erfolgsrechnung und Risikotragfähigkeit. Gerade bei langfristigen Finanzierungen wird sich der Markt hierzu sehr bald positionieren müssen, ob und wie er die höheren RWA auf die Kreditnehmer umlegt.

Herausforderungen und Betroffenheit deutscher Kreditinstitute

Die zentralen Herausforderungen des neuen EU-Bankenpakets liegen insbesondere im neuen RWA-Rechenwerk, bei der Umsetzung der technischen Standards sowie der Einführung der ESG-Aufsichtsanforderungen. Die Auswirkungen auf die Eigenkapitalanforderungen sind je nach Portfolio und Geschäftsmodell der Bank sehr unterschiedlich. Die Umsetzung der CRR III erfordert das Zusammenwirken zahlreicher Bankbereiche, einschließlich Markt und Marktfolge. Die Optimierung von Standardansätzen, Privilegierung einiger Produkte und die EU-Übergangsregelungen erfordern eine intensive, bereichsübergreifende Befassung mit dem eigenen Produkt- und Kreditnehmerportfolio und ggf. die Anpassung von Kreditstrategie oder Vergaberichtlinien.

Gemäß der letzten von der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Auswirkungsanalyse erhöhen sich die Eigenkapitalanforderungen auf Basis des Kommissionsvorschlages um mehr als 10 Prozent, wobei besonders große als auch mittlere Banken vom RWA-Auftrieb betroffen sind. Dieser wird stark durch die Einführung des Output Floor getrieben, der meist ab dem dritten Jahr der CRR III-Anwendung greift. Deutsche Institute sind von den CRR III-Änderungen vergleichsweise stark betroffen, da viele von ihnen in hohem Maße interne Modelle nutzen und sich ihr Engagement häufig auf Bereiche mit niedrigeren Risikogewichten konzentriert.

Der Baseler Ausschuss beabsichtigte mit seinen Empfehlungen aus 2017 zwar die Limitierung von RWA-Entlastungseffekten bei internen Modellanwendern, führte gleichzeitig aber auch deutlich risikosensitivere Standardansätze für alle Banken ein. Diese sind methodisch anspruchsvoller und erfordern eine deutlich höhere Granularität von Daten, z.B. zu Kreditnehmern, Krediten oder Sicherheiten. Deshalb sind die meisten Institute vor allem mit Herausforderungen in der Anpassung ihrer IT-Infrastrukturen und Datenhaushalte konfrontiert.

Wie geht es weiter?

Nach der vorläufigen Einigung im Trilogverfahren folgt nun die technische Ausarbeitung der Rechtstexte zu den gefundenen Kompromisslösungen sowie ein Review der finalen CRR III-Entwurfsfassung. Parallel dazu erfolgt eine Übersetzung in die 23 EU-Amtssprachen. Nach Annahme der finalen Fassung des EU-Bankenpakets durch EU-Kommission, -Parlament und -Rat erfolgt die Veröffentlichung im EU-Amtsblatt und das Inkrafttreten erwartungsgemäß 20 Tage nach Veröffentlichung. Dies ist für Anfang 2024 zu erwarten.

Zahlreiche weitere regulatorische bzw. technische Standards werden die Einführung der CRR III begleiten und absehbar durch die EBA konsultiert werden. Hier beginnt eine lange Phase der technischen Spezifikation, bei der die Konsistenz in der Anwendung des neuen RWA-Rechenwerkes im Mittelpunkt steht. Sowohl die Details der Einigung als auch die Lieferung avisierter EBA-Mandate haben daher für die Umsetzung in den Instituten entscheidende Bedeutung.


Dr. David Nicolaus - Senior Manager, KPMG

David Nicolaus

David Nicolaus ist Koautor des Beitrags und Senior Manager im Risk & Treasury Team von KPMG. Sein Beratungsfokus liegt auf dem Kapitalrahmenwerk für Banken (Säule 1 und 2) mit Spezialisierung auf Kreditrisiko und Gesamtbanksteuerung. Weiterer Schwerpunkt ist die Beratung bedeutender Institute hinsichtlich aktueller Aufsichtsanforderungen der EZB sowie deren Bewertungs- und Prüfpraxis.

Über den Autor

Thilo Kasprowicz

Thilo Kasprowicz ist Partner bei KPMG im Bereich Financial Services. Als Experte für Bankenregulatorik setzt er aufsichtsrechtliche Anforderungen um. Seine Beratungsschwerpunkte konzentrieren sich auf aufsichtliche Prüfprozesse sowie die Berücksichtigung regulatorischer Anforderungen an Unternehmensführung, Eigenkapital- und Liquiditätsausstattung, Risikomanagement, Nachhaltigkeit und Berichterstattung.

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