Oh weh – das Budget!

Bankplanung in schwierigen Zeiten

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Eine sorgsame Budgeterstellung ist unheimlich wichtig, dass steht natürlich außer Frage. Die Zeitspanne, die dieser Sorgfalt geopfert wird, hat allerdings in den letzten Jahrzehnten drastisch zugenommen.

Budgetierung in Banken in schwierigen Zeiten

Planung und Budgetierung in schwierigen Zeiten.

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Mit der Regelmäßigkeit einer unliebsamen Jahreszeit kommt er immer wieder: der Budgetierungsprozess. Jene Personen, die schon länger im Kreditgewerbe beschäftigt sind, wissen: früher war alles besser.

Nun, nicht unbedingt besser, aber vielleicht etwas unbeschwerter.

Wenn der Budgetbeauftragte vor zwanzig Jahren im Herbst mit langer Miene verkündete „Um es kurz zu machen, es ist Sparen angesagt.“, wussten wir, der Kollege ist ein Spaßvogel. Das konnte er unter keinen Umständen ernst meinen, so gut waren die Ergebnisse des laufenden Geschäftsjahres.

Und tatsächlich: nach einem kurzen Schreckmoment erlöste er uns mit den Worten: „Haha, reingefallen. Wir können unsere Budgetpositionen um 15 Prozent erhöhen. Champagner für alle! Aber bitte nicht das billige Zeug. Es muss schon ein Jahrgangsschampus sein.“

Wirklich erschütternd war damals die Tatsache, dass es Personen gab, die mit der Berechnung von einer solchen Budgetsteigerung Probleme hatten.

„15 Prozent von 100.000? Das sind so um die 13.000, oder?“, fragten die wenig Talentierten. Und die Gemeinen sagten: „Stimmt!“

Man trank den edlen Sprudel, rechnete auf massigen Laptops herum, dass die Tabellenkalkulationen rauchten und hatte innerhalb von wenigen Wochen ein ordentliches Budget. Bottom up, wie die Experten zu sagen pflegten.

„Typisch!“, denken jetzt vielleicht kritische Geister. „Den Bankern ging es doch immer schon zu gut.“

Dann kam die Bankenkrise

Weit gefehlt: denn dann kam die Bankenkrise. Die Jahre nach 2008 waren von Budgeteinsparungen und Rationalisierungsprogrammen geprägt.

Der Budgetbeauftrage konnte danach seinem „Um es kurz zu machen: wir müssen sparen!“ keine Worte der Ermunterung folgen lassen. Es musste gespart werden, und zwar üppig. Die Budgets wurden um 20 Prozent und mehr zurückgefahren und man orderte für die Besprechungsteilnehmer zwei Karaffen Leitungswasser. Aber nicht gekühlt, denn es galt auch Strom zu sparen. Und das im Hochsommer!

Man tippte sorgsam die Budgetzahlen in die noch etwas klobigen Notebooks und berechnete über Wochen und Monate die besten Sparvarianten. Die Zeit zwischen der ersten, zweiten und dritten Budgetlesung verging wie im Flug und auch die Vorgabe des Vorstandes, dass alle Budgetposten um 25 Prozent gekürzt werden sollen (top-down, sozusagen im Rasenmäher-Prinzip) konnte die Hartgesottenen unter den Bankern nicht erschüttern.

Nur das lauwarme Wasser schmeckte etwas schal.

Die Zeiten wurden wieder besser

Doch die Zeiten wurden wieder besser. Langsam, aber sicher trennte sich die Spreu vom Weizen und Banken getrauten sich wieder, Boni zu zahlen und optimistisch nach vorne zu blicken. Nun konnte der Budgetverantwortliche die frohe Kunde vom Vorstand weitergeben: „Um es kurz zu machen, wir müssen heuer nicht ganz so viel sparen.“

Besonders erfreulich: das lauwarme Wasser wich eisgekühltem Premium-Mineralwasser (gut, wenn gerade Hochsommer ist) und wer Glück hatte, durfte auch noch einen koffeinfreien Café Latte beim Etagenservice bestellen. Wie gesagt: die Zeiten waren wieder etwas besser!

Doch nicht für alle: denn die operativen Bereiche der Banken mussten mit weniger Geld auskommen, während sich Sales-Einheiten über üppigere Zuwächse freuen konnten.

Tja, wer Geld brachte, dem brachte das Geld.

Flinke Finger tippten auf nagelneuen, ultraleichten Notebooks optimistische Zahlen in ihre Budget-Tools, wobei man insgeheim wusste, dass in der siebenten oder achten Budgetrunde die Top-Down Vorgaben des Managements so manchem Vorhaben ein frühes Ende bereiten würde.

Was aber halb so schlimm war, denn die Gewitzten unter den Budgetverantwortlichen hatten schon Platzhalter-Projekte eingeplant, auf die sie auch gut und gerne verzichten konnten.

Man muss sich eben nur zu helfen wissen!

Was bringt 2020?

Auch letztes Frühjahr steckte der Budgetverantwortliche keck sein Köpfchen ins Besprechungszimmer und verkündete „Budgetiert mal drauf los! Leute, wenn wir nur von Allem so viel hätten wie von der Kohle.“

Hatte er das wirklich gesagt? Anscheinend ging es der Kreditwirtschaft wieder prächtig. Man öffnete auf schicken Tablets die Budgetierungs-Online-Schulungsvideos für Zero-Base-Budgeting und trug anschließend den Wunschtermin für die Vorort-Trainingseinheiten mit dem Scrum-Master ein, welcher im Rahmen eines agilen Budgetierungsprozesses durch das nächste halbe Jahr führen würde. Damit man nach der 12. Lesung auch für 2020 ein profundes Budget vorweisen kann.

Also bestellte man vorsorglich ein paar Kisten mittelteuren Sekt, freute sich auf den Pfingsturlaub, den man gerade gebucht hatte und war sich mit allen anderen einig, dass man die Feste feiern sollte, wie sie fallen.

Denn wer weiß schon, was einem das Jahr 2020 tatsächlich bringen wird?

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Über den Autor

Michel Lemont

Michel Lemont ist seit mehr als 35 Jahren in Bankenwesen tätig. Er war in verschiedenen Bereichen der Finanzindustrie tätig, unter anderem im Vertrieb, im Marketing und zuletzt im Umfeld des Zahlungsverkehrs. In seinen Aufgabenbereich fallen unter anderem regulatorische Themen, das Management von Zahlungsverkehrs-Infrastrukturen sowie die Arbeit in nationalen und internationalen Gremien im Bereich Payments. Ein besonderes Anliegen sind ihm Innovationen im Bankenbereich und das "Querdenken". Michel Lemont ist Autor des Buches „Bankers have more fun“ und betrachtet das Bankwesen gerne von der humoristischen Seite. Er ist verheiratet und Vater einer Tochter.

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