Das größte Investitionsprogramm dieser Dekade

Wirtschaftlicher Umbau zur Nachhaltigkeit inmitten einer Pandemie

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Die regulatorische Agenda für das Jahr 2022 ist prall gefüllt, Basel-Umsetzung und Sustainable Finance sind die Schlagworte. Die Transformation zu mehr Nachhaltigkeit dürfte das größte Investitionsprogramm dieser Dekade werden.

Nachhaltigkeit erfordert gewaltige Investitionen

Der Weg Richtung Nachhaltigkeit erfordert gewaltige Investitionen für den wirtschaftlichen Umbau inmitten einer weltweiten Pandemie.

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Corona-Pandemie, Geldpolitik, Regulatorik – die großen Themen des Jahr 2021 werden aller Voraussicht nach auch das anbrechende Jahr 2022 prägen: Das Gesundheitssystem wird durch Mutationen des Coronavirus erneut stark gefordert, die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie werden auch im dritten Jahr mit Covid-19 nicht ohne Folgen für die Wirtschaft in Deutschland und Europa bleiben. Die Sparkassen haben in diesen für viele schwierigen Zeiten an der Seite ihrer Kunden gestanden und tun dies auch weiterhin.

Die Europäische Zentralbank hat zwar angekündigt, ihr Krisen-Anleihekaufprogramm PEPP ab März 2022 erst einmal ruhen zu lassen. Über andere Kaufprogramme pumpt sie aber weiter in großem Umfang Liquidität in die Märkte. Das bleibt nicht folgenlos: Deutschland und Europa verzeichnen derzeit ungewöhnlich hohe Preissteigerungsraten. Die Inflation ist momentan, teils wegen der Engpässe, aber auch wegen einiger anderer technisch-rechnerischer Effekte wie dem Mehrwertsteuer-Basiseffekt stark erhöht. Es besteht durchaus die Gefahr, dass die Inflationsdynamik mittelfristig stark bleibt und nach oben ausbricht, wenn die aktuellen Steigerungsraten Zweitrundeneffekte bei Löhnen und Folgepreisen entfalten und die EZB darauf nicht zeitig genug mit einer geldpolitischen Kehrtwende reagiert.

Das größte Investitionsprogramm dieses Jahrzehnts

Inmitten der Corona-Pandemie steht unser Land zugleich am Beginn eines riesigen Transformationsprozesses der Wirtschaft hin zu mehr Nachhaltigkeit. Das wird das größte Investitionsprogramm dieses Jahrzehnts werden. Die Sparkassen als Finanzierer des Mittelstandes werden die Unternehmen bei der anstehenden Transformation begleiten. Es gehört zum Grundverständnis der Sparkassen bei ihrem wirtschaftlichen Handeln vor Ort ökonomische, soziale, und immer stärker auch ökologische Kriterien zu berücksichtigen.

Mit dem gesellschaftlichen Trend nehmen auch die Regulierer das Thema Nachhaltigkeit stärker in den Blick. Anlässlich der diesjährigen UN-Klimakonferenz COP26 in Glasgow gab es viele eindringliche Appelle zu schnellem und zielgerichtetem Handeln, um die gesteckten Klimaziele noch zu erreichen. Trotz der eindringlichen Schlusserklärung hat die Konferenz aber gezeigt, dass der Weg hin zur Erreichung des 1,5-Grad-Ziels um unseren Globus herum sehr unterschiedlich gesehen wird.

Leitplanken für den Weg Richtung Nachhaltigkeit

Sparkassen und Landesbanken unterstützen deutschlandweit bei der Erreichung der ambitionierten Ziele. Zum einen im eigenen Geschäftsbetrieb, zum Beispiel durch Maßnahmen, in ihrem Geschäftsbetrieb klimaneutral zu werden. Zum anderen sind die Institute bereit, die Transformation hin zu einem nachhaltigeren Wirtschaftssystem zu finanzieren. „Sustainable Finance“ ist hierbei der zentrale Begriff. Hierfür benötigen sie aber flankierende wirtschafts- und umweltpolitische Maßnahmen und vor allem einen auch ökonomisch tragfähigen Regelungsrahmen. Die Rolle von Kreditinstituten muss dabei wettbewerbsneutral ausgestaltet werden, einzelne kreditwirtschaftliche Gruppen oder Marktteilnehmer dürfen nicht mit Sonderaufgaben belastet werden.

Durch Taxonomie, Berichts- und Zertifizierungspflichten dürfen zudem weder Unternehmen und Mittelstand noch Kreditinstitute überlastet werden. Eine zu hohe Komplexität der anzuwendenden Regeln müssen wir vermeiden, Datenfriedhöfe sind für niemand von Nutzen.

Bankenpaket lässt Kapitalanforderungen steigen

Intensiv wird die gesamte Branche in den kommenden Monaten und Jahren zudem das „Bankenpaket 2021“ beschäftigen, das die EU-Kommission im Herbst 2021 als Gesetzgebungsvorschlag für die Umsetzung des finalen Basel III-Paket vorgelegt hat. Das lange erwartete Paket enthält neben den zentralen Elementen des Baseler Reformpakets, die Umsetzung des sogenannten „Output-Floors“ für Modelle-Institute, sowie Regeln zum aufsichtlichen Werkzeugkasten zu Sanktionen, Nachhaltigkeitsrisiken, Corporate Governance und Zweigstellen von Kreditinstituten aus Drittländern. Als Folge des Wirecard-Skandals sind zudem Vorgaben zur aufsichtsrechtlichen Konsolidierung von FinTechs und Mindestanforderungen an die Unabhängigkeit der Aufsichtsbehörden enthalten.

Die neuen Vorschriften beziehen sich auf sämtliche Risikoarten und betreffen alle Institute – unabhängig davon, ob diese aktuell Standardansätze oder interne Modelle zur Ermittlung ihrer risikogewichteten Aktiva (RWA) anwenden. Inhaltlich orientiert sich die EU-Kommission eng an den Baseler Vorschlägen. So hält sie an einer 1:1-Umsetzung der Berechnung des Output-Floors fest, die Auswirkungen für IRB-Institute werden allerdings durch temporäre Erleichterungen und ein Phase-in über 5 Jahre (2025 – 2029) im Durchschnitt der Institute abgemildert.

Trotzdem ist zu erwarten, dass mit dem Bankenpaket 2021 die Kapitalanforderungen ansteigen werden. Für Institute, die ausschließlich Standardverfahren verwenden, resultiert dies vor allem aus den Neuberechnungen für das Kreditrisiko und den finalisierten Regeln für das Marktrisiko. Insbesondere in den Geschäftsfeldern Beteiligungen (u. a. Aktienpositionen, geschlossene Immobilienfonds, Investmentfonds im Bereich alternative Investments), Wohn- und Gewerbeimmobilienkredite sowie Forderungen gegenüber Banken werden die Kapitalanforderungen für diese Institute ansteigen.

Regulierung braucht Verhältnismäßigkeit

Positiv ist, dass die EU-Kommission bei Beteiligungen stärker als der Baseler Standard differenziert, ob diese aus strategischen, langfristigen Erwägungen hinaus getätigt werden oder mit dem Ziel, kurzfristige Gewinne aus Wertsteigerungen der Beteiligungsunternehmen zu erzielen. Zu begrüßen ist auch, dass mit dem CRR III-Vorschlag die bewährten europäischen Regelungen für die Kapitalunterlegung von Krediten an kleine und mittlere Unternehmen beibehalten werden. Dies spiegelt die Finanzkultur in Europa angemessen wider.

Auf dem Weg hin zu einer verhältnismäßigeren Regulierung muss allerdings noch mehr getan werden. Kleine Erleichterungen für kleine, nicht komplexe Institute im Bereich Offenlegung sind lediglich ein erster Schritt. Die hohen administrativen Regulierungslasten müssen noch weiter reduziert werden. Auch bei der Berücksichtigung von ESG-Risiken in Regulierung und Aufsicht muss die Proportionalität im Blick behalten werden – hier sind deutlich höhere prozessuale Aufwände für alle Institute zu erwarten.

Über den Autor

Dr. Matthias Bergner

Dr. Matthias Bergner ist beim Deutscher Sparkassen- und Giroverband zuständig für Grundsatzfragen, Sparkassenpolitik und Bankaufsicht. Daneben ist er einer der zwei Geschäftsführer des Sicherungssystems der Gruppe. Vor seiner Tätigkeit beim DSGV war Matthias Bergner bei der Landesbank Baden-Württemberg in verschiedenen Positionen tätig.

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