Klimarisiken gehören auf die Agenda von Kreditinstituten

Sustainable Finance und die Auswirkungen des Klimawandels

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Der Klimawandel führt zu erheblichen finanziellen Risiken, die vielfach noch unzureichend in Risikomanagementprozessen eingepreist werden. Regierungen, Zentralbanken und Aufsichtsbehörden beschäftigen sich daher immer mehr mit Klimarisiken und grünen Investitionen.

Finanzinstitute und die Risiken des Klimawandels

Auch Finanzinstitute sind von den Risiken des Klimawandels betroffen.

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Das Pariser Klimaabkommen platziert die Rolle des Finanzsektors für die Erreichung der Klimaziele an prominenter Stelle. Gleich nach den Zielen den globalen Temperaturanstieg zu begrenzen (Art. 1a) und die Widerstandsfähigkeit gegenüber Klimaänderungen zu fördern (Art. 1b), wird an dritter Stelle im Artikel 1c die bedeutsame Lenkungskraft des Finanzsektors für die Transformation der Wirtschaft hervorgehoben.

Nach den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen über den Klimawandel, die im IPCC-Bericht von 2018 vorgestellt wurden, hat selbst eine globale Erderwärmung von 2°C verheerende Auswirkungen auf Mensch und Umwelt. Der Bericht bestärkt die Dringlichkeit den anthropogenen Klimawandel auf möglichst 1.5°C zu beschränken. Nach Schätzungen des IPCC haben wir dafür noch einen Konjunkturzyklus, etwa 12 Jahre, Zeit.

Damit der Finanzsektor die Lenkungskraft der ihm inhärenten Mittlerfunktion in diesem Sinne einsetzen kann, gilt es eine langfristige und holistische Orientierung des Finanzsektors in den Risiko- und Chancenbetrachtungen von Investitionsentscheidungen sicherzustellen. Der Finanzsektor hat jedoch nicht nur Gestaltungsspielräume, sondern ist auch selber vom Klimawandel betroffen und sieht sich neuen und bisher wenig eingepreisten klimabezogenen Risiken gegenüber.

Der Klimawandel führt zu erheblichen Klimarisiken

Auch in 2019 dominierten Umweltrisiken im dritten Jahr in Folge im Global Risks Report des Weltwirtschaftsforums. Die Folgen der Umweltzerstörung und des Klimawandels sind somit eine der größten Gefahren für die Weltwirtschaft. Wenngleich das Urteil der Risikoexperten eindeutig ist, so werden diese von Finanzmarktakteuren oftmals nicht angemessen verstanden und entsprechend eingepreist.

Dies liegt zum einen daran, dass die globalen Finanzmärkte verstärkt von Kurzfristigkeit geprägt sind und der Klimawandel jedoch ein langfristiges Phänomen ist. Mark Carney, Gouverneur der Bank of England, nennt dies in seiner bahnbrechenden Rede  „The tragedy of the horizons”.

Zum anderen fehlt es an Wissen um Klimarisiken und an den nötigen Daten, Tools und Kapazitäten um diese zu managen. Letztlich fehlt hierzu oftmals auch die Unterstützung der verantwortlichen Führungsebene in den Finanzinstituten.

Die Expertenkommission Task Force on Climate-related Financial Disclosures (TCFD) des G20 Financial Stability Boards veröffentlichte ihre Empfehlungen an Unternehmen und Finanzinstitute für eine einheitliche Klimaberichterstattung sowie den Umgang mit klimabedingten Risiken. Unter anderem empfiehlt die TCFD für den Umgang mit Klimarisiken die Anwendung von Umwelt-Szenario-Analysen für die Identifizierung, Messung und das Management von eben diesen Risiken. Derzeitiges Risikomanagement basiert auf rückblickenden Ansätzen, die Daten aus der Vergangenheit verwenden. Da das Weltklima sich jedoch derzeit mit einer beispiellosen Intensität und Frequenz wandelt, werden dynamische und zukunftsbezogene Ansätze im Risikomanagement empfohlen. Die Umwelt-Szenario-Analyse betrachtet materielle Klima- und Umweltrisiken sowie –chancen über kurz-, mittel- und langfristige Zeithorizonte in alternativen plausiblen Zukunftszuständen wie zum Beispiel in einem 2°C-Szenario, einem 3°C- und einem 5°C-Szenario.

Physische und transitorische Risiken des Klimawandels

Auswirkungen der Klimaveränderung auf das Finanzsystem werden in physische und transitorische Risiken eingeteilt. Physische Risiken umspannen klimabezogene, geologische sowie Ökosystem-Risiken wie zum Beispiel Extremwetterereignisse, Erdbeben oder aber das Aussterben der Insekten. Als transitorische Risiken werden die Risiken bezeichnet, die durch neue Gesetze, technologische Innovation und Stimmungsumschwüngen entstehen.

Unterschiedliche Szenarien für Risiken des Klimawandels

Physische und transitorische Risiken und der Klimawandel.

Physische Risiken materialisieren sich vor allem in Szenarien mit starker globaler Erwärmung; transitorische Risiken vor allem in jenen Szenarien, in denen der Klimawandel erfolgreich eindämmt wird. Grün zu investieren lohnt sich, denn beide Risikoarten werden für das einzelne Kreditinstitut reduziert. Die Frage nach Nachhaltigkeit im Finanzsektor geht somit weit über die Betrachtung von Reputationsrisiken und Marketingstrategien hinaus. Klimabezogene Risiken sind finanzielle Risiken. Eigenkapitalregeln könnten dies schon bald berücksichtigen.

Sustainable Finance im Blickpunkt von Politik, Regulatoren und Privatsektor

Politische Entscheidungsträger, Regulatoren und Aufsichtsbehörden beschäftigen sich immer mehr mit dem Thema Nachhaltigkeit im Finanzsektor. 34 Zentralbanken und Aufsichtsbehörden (u.a. EZB, BaFin und Bundesbank) haben sich im Network for Greening the Financial System (NGFS) zusammengetan, um sich den Auswirkungen von Klima und Umwelt auf die Finanzmärkte zu widmen. Ziel des internationalen Gremiums ist, Klimarisiken prominent auf der Agenda von Zentralbanken und Aufsichtsbehörden zu platzieren.  Die Empfehlungen an Zentralbanken im ersten Bericht von April 2019 beinhalten unter anderem die Einbindung von Klima- und Umweltrisiken im Risikomanagement und in das Monitoring von Finanzmarktstabilität sowie in die mikro-prudentielle Aufsicht.

Die Europäische Kommission hat in 2018 den EU Aktionsplan zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums ins Leben gerufen. Die Experten der Technical Expert Group (TEG) entwickeln im Rahmen dieses Aktionsplans unter anderem eine Taxonomie, die festlegt welche wirtschaftlichen Aktivitäten als nachhaltig zählen und somit durch nachhaltige Finanzierungsinstrumente, wie zum Beispiel Green Bonds, finanziert werden können.

Die deutsche Bundesregierung hat unter der Leitung des Staatssekretärsausschusses für nachhaltige Entwicklung beschlossen eine deutsche Sustainable Finance Strategie zu entwickeln. Ziel des hierzu gegründeten Sustainable Finance-Beirats ist es „die Bundesregierung bei der Erarbeitung einer nationalen Sustainable Finance-Strategie zu beraten und konkrete Handlungsempfehlungen zu entwickeln”.

Auch private Initiativen fördern Nachhaltigkeit im Finanzsektor. So haben seit 2006 mehr als 2000 Investoren mit mehr als USD 62 Billionen in Assets under Management (AUM) die UN-unterstützten Principles for Responsible Investment (PRI) unterschrieben. PRI arbeitet an der Integration von Umwelt-, Sozial und Governancefaktoren in Investitionsentscheidungen. UNEP FI wird im September 2019 zudem die Principles for Sustainable Banking lancieren, die im Vorfeld bereits von einer Vielzahl Banken unterschrieben wurden. In Deutschland gibt es das Green and Sustainable Finance Cluster Germany – eine Engagementgruppe mit Mitgliedern aus Finanzsektor, Politik und Zivilgesellschaft.

Für mehr Nachhaltigkeit muss noch viel passieren

Damit Nachhaltigkeit und Langfristigkeit den Einzug in den Mainstream der Finanzwirtschaft schafft und in den Chancen- und Risikobetrachtungen der Finanzmarktakteure an prominenter Stelle berücksichtigt wird, muss noch viel passieren. Von der Aufbereitung von Klimadaten für die finanzielle Nutzung, über adäquate Klimaberichterstattung im Real- und Finanzsektor bis hin zur Entwicklung förderlicher regulatorischer Rahmenbedingungen für nachhaltige Finanzprodukte, braucht es vor allem auch Zusammenarbeit: die Zusammenarbeit von politischen Entscheidungsträgern, Regulierern und Aufsichtsbehörden mit den Finanzmärkten, die Zusammenarbeit auf internationaler, EU- und nationaler Ebene, die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Finanz- und Klimaexperten in der Wissenschaft.

Über den Autor

Luiza Linton

Luiza Linton ist sie in der Beratung zu Klimarisiken im Risikomanagement einzelner Finanzinstitute tätig. Die Volkswirtin mit einem Bachelor der Universität Maastricht und einem Master in “Finance and Economic Development” der University of Glasgow war zuvor bei der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit GmbH (GIZ) tätig, wo sie in der Zusammenarbeit mit Schwellenländern Themen wie Green Bonds, Klimarisiken und FinTech Lösungen für Sustainable Finance bearbeitet.

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