Innovationen sind für Banken überlebenswichtig

Gespräch mit Sven Korschinowski, KPMG und Remigiusz Smolinski, comdirect (1/4)

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Die Notwendigkeit von – vor allem digitalen – Innovationen für Banken wird landauf-landab viel diskutiert. Doch ist dies wirklich ein Schlüssel zu mehr Erfolg im Wettbewerb? Darüber und wie Innovationsmanagement aussehen sollte, habe ich mich ausführlich mit Sven Korschinowski von KPMG und Remigiusz Smolinski von comdirect unterhalten.

Innovationsmanagement in Banken

Innovationsmanagement in Banken ist zwar kein Hexenwerk, aber auch keine einfache Aufgabe

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Digitale Transformation, Change Management, Neue Technologien, Innovation und FinTechs sind auch hier im Bank Blog Trends, die einen breiten Raum einnehmen. Dass all diese Entwicklungen die Finanzbranche verändern, dürfte inzwischen unbestritten sein. Ob sie allerdings eine für die Zukunft der Banken entscheidende Rolle spielen, darüber gehen die Meinungen mitunter auseinander. Und an der einen oder anderen Stelle scheint sich eine gewisse Ernüchterung breit zu machen.

Gespräch mit Sven Korschinowski und Remigiusz Smolinski

Sven Korschinowski und Remigiusz Smolinski sind zwei ausgewiesene und anerkannte Experten für die genannten Themenfeldern:

Sven Korschinowski Partner bei KPMG

Sven Korschinowski ist Partner bei KPMG

Sven Korschinowski ist Experte zu den Themen Zahlungsverkehr, Mobile Payments, Blockchain und Digital Banking. Als ehemaliger Banker und heute Consultant für Corporates, Banken und FinTech-Startups ist er seit über fünfzehn Jahren im Bereich Finanzen und Zahlungsverkehr unterwegs. Er leitet als Partner bei KPMG den Bereich Payments, FinTech & Innovation und engagiert sich u.a. in der BITKOM und internationalen Gremien.

Dr. Remigiusz Smolinski (comdirect bank AG)

Dr. Remigiusz Smolinski, Chief Innovation Manager, comdirect bank AG

Dr. Remigiusz Smolinski leitet das Innovationsmanagement bei der comdirect. Davor war er Innovationsmanager bei der Otto-Group und war viele Jahre in der Internet-Branche tätig (Lycos Europe, eBay, mobile.de). Er engagiert sich als Research Associate an der School of Business and Social Sciences der Aarhus University. Zudem ist er Honorarprofessor an der Handelshochschule Leipzig sowie Dozent an der Lanzhou University.

In einem ausführlichen Gespräch mit ihnen habe ich mich über vielfältige Aspekte aus den Bereichen Neue Technologien, Innovation und Digitalisierung in der Finanzdienstleistung unterhalten. Im heutigen ersten Teil geht es um die Bedeutung von Innovationen für die Banken und Ansätzen für ein erfolgreiches Innovationsmanagement.

Innovationen sind für Banken überlebenswichtig

Der Bank Blog: Innovationen im Banking: Interessiert das eigentlich nur Berater und ausgewählte Banker oder ist das Thema tatsächlich relevant für das Überleben der Banken?

Remigiusz Smolinski: Zugegeben, „Innovation“ hat einen gewissen Buzzword-Status erlangt. Aber das Thema ist tatsächlich überlebenswichtig für Banken und genau deswegen beschäftigen sich auch Banker und Berater damit.

Der Bank Blog: Und warum ist es überlebenswichtig?

Remigiusz Smolinski: Banking, so wie es in der Branche in den vergangenen 15 bis 20 Jahren praktiziert wurde, kannte lange Zeit keinen Druck durch Technologie oder Innovation. Als dann vor einigen Jahren – bedingt durch Ideen, technologische Möglichkeiten, Liquidität und attraktive Margen – FinTechs auf den Markt kamen, hat dies die Banken wachgerüttelt. Zunächst bestand Unsicherheit, wie damit umgegangen werden sollte: Sollte man die Ideen nutzen oder ignorieren? Ging es um mehr Wettbewerb oder um mögliche Kooperation? Oder um beides?

Inzwischen haben die Banken die Bedeutung erkannt. FinTechs haben so einen wesentlichen Impuls geliefert, das Thema Innovation strategisch und operativ neu zu bewerten.

Bankeninnovationen sind in der heutigen Zeit auch sehr stark getrieben durch Regularien wie beispielsweise die PSD2. Dies fordert eine aufwändige Implementierung. Gleichzeitig sind die Banken gezwungen, über Innovationen nachzudenken, die einem möglichen Umsatzrückgang entgegenwirken.

Der Bank Blog: Was sind denn typische Innovationszyklen für Banken?

Remigiusz Smolinski: Ich würde schätzen dass die Innovationszyklen der Banken durchschnittlich eineinhalb bis zwei Jahre dauern. Nur schnelle und agile Institute schaffen es schneller als in zwölf Monaten. Eines der Ziele der oft besprochenen Zusammenarbeit mit FinTechs ist es, diese Zyklen zu verkürzen.

Sven Korschinowski: Verschiedene Finanzdienstleister haben – je nach Kernprodukt und je nach Größe – sehr unterschiedliche Innovationszyklen. Klar ist allerdings auch, dass ein 10-Jahres-Zyklus im Finanzdienstleistungssektor von Seltenheit ist, da mittlerweile die breite Masse an FinTechs die Innovationsdauer und Time-to-Market signifikant verringert haben, sodass die etablierten Wettbewerber gezwungen sind, hier Schritt zu halten und ebenso ihren Zyklus verringern – teilweise auch durch schnelle Kooperationslösungen.

Die meisten Banken haben Teams fürs Innovationsmanagement

Der Bank Blog: Gibt es so etwas wie Forschung & Entwicklung wie in anderen Branchen auch in der Finanzdienstleistung? Was bedeutet Innovationsmanagement in und für Banken?

Sven Korschinowski: Die meisten Banken haben ein eigenes Business Development Team, das allerdings oft nicht wirklich in der Lage ist, die Chancen der neuen oder zukünftigen Technologien, die in den Markt kommen, vollständig zu erfassen. Einige Banken schaffen dedizierte Teams, die nicht nur aus Business Development Spezialisten und Experten bestehen sondern in denen auch Programmierer und Tech-Spezialisten mit dabei sind. Dies hilft, den aktuellen und zukünftigen Stand der Technologien zu verstehen, die ja nicht nur Banken, sondern auch viele andere Branchen beeinflussen werden.

Remigiusz Smolinski: F&E heißt oft Innovation Lab, Innovation Hub, Innovationsmanagement, etc.  Die Funktion ist ähnlich.  Es geht um die Identifikation der technologischen sowie geschäftlichen Entwicklungen, die Ableitung von Produktideen und den Bau von Prototypen.

Der Bank Blog: In vielen anderen Industrien (Pharma, Kfz, Technologie etc.) wird intensiv Grundlagenforschung (meist in Partnerschaften mit Universitäten)n betrieben und gefördert. Wie schaut es im Bereich Finanzdienstleistung aus?

Sven Korschinowski: Die meisten Banken haben eine Abteilung, die Grundlagenforschungsprojekten gewidmet ist, die ständig bereits bestehende Produkte analysieren oder die Möglichkeit haben, neue Produkte auf den Markt zu bringen. Das ist in der Regel der Punkt, wo der klassische Volkswirtschaft-Experte mit den Geschäftsentwicklungsspezialisten zusammenarbeitet. Einige große Banken haben auch Teams, die langfristige (<10 Jahre) Prognosen über mögliche Innovationstrends und Geschäftsmodelle treffen.

Erfolgreicher mit Innovationen

Innovative Unternehmen haben einen größeren wirtschaftlichen Erfolg
© Shutterstock

Banken stehen unter Innovationsdruck

Der Bank Blog: Gibt es tatsächlich so etwas wie Innovationsdruck für die Banken?

Sven Korschinowski: Auf jeden Fall, aber nicht weil es schick oder modern ist. Und auch nicht deshalb, weil Berater dies empfehlen. Innovation ist schlicht notwendig geworden. Lange Zeit hatte man seinen Markt, seine Kunden und seine Produkte und Veränderungen gab es nicht. In den 90er-Jahren kam im Corporate Banking von Kunden der Wunsch nach E-Banking und jede Bank fing an, eigene Produkte zu bauen. Dann stiegen die Direktbanken ins Privatkundengeschäft ein. Dennoch bestand nicht wirklich ein Druck zu Veränderungen. Doch erinnern wir uns: 1998 sagte Microsoftgründer Bill Gates seinen viel zitierten Satz „Banking is necessary, Banks are not”. Dies führte bei einigen Banken zu erheblichen Investitionen, um es nicht so weit kommen zu lassen.

In der Folge wurde es wieder ruhiger und erst mit dem breiten Aufkommen der FinTech-Startups vor zwei, drei Jahren ist das Thema wieder – und diesmal mit voller Wucht – in den Fokus gerückt. Auch wenn es eine Selbstüberschätzung war, dass einige meinten, man brauche die etablierten Banken nicht, taten sich doch vielfältige neue Möglichkeiten für Bank- und Finanzgeschäfte auf. Zum Teil wirkten diese – auch in ihrer medialen Darstellung – ausgesprochen ansprechend. N26 sei hier als markantes Beispiel erwähnt. Fortan gab es eine Diskussion darüber, ob Banking sexy werden müsse.

Meine Meinung dazu ist: Banking ist nicht sexy, wird es nie sein, aber muss es auch nicht werden. Banking muss schlicht die Bedürfnisse der Kunden angemessen, schnell und einfach erfüllen, sowohl für Privatkunden als auch für Unternehmen. Banken erbringen keine Primärleistung. Finanzdienstleistungen sind ein Mittel zum Zweck, z.B. zur Erfüllung eines Konsumwunsches.

Dagegen liefert ein Smartphone ein ganz eigenes Anwendungserlebnis für den Nutzer, darunter auch Banker. Das führte dann zu einem Umdenken und zur Erkenntnis, etwas tun zu müssen, um Banking auch auf anderen Wegen als bisher möglich zu machen.

Ja, Innovation ist mittel- bis langfristig extrem wichtig für die Banken und Innovation ist wesentlich mehr als Digitalisierung.

Im zweiten Teil des Gesprächs stehen die vielfältigen digitalen Technologien für Banken im Blickpunkt. Außerdem klären wir, welche davon besonders wichtig sind und wie man sie für mögliche innovative Geschäftsmodelle nutzen kann.

Über den Autor

Dr. Hansjörg Leichsenring

Dr. Hansjörg Leichsenring ist Herausgeber des Bank Blogs und der Finanzbranche seit über 30 Jahren beruflich verbunden. Nach Banklehre und Studium arbeitete er in verschiedenen Positionen, u.a. als Direktor bei der Deutschen Bank, als Vorstand einer Sparkasse und als Geschäftsführer eines Online Brokers. Als Experte für Strategien in den Bereichen Digitalisierung, Innovation und Vertrieb ist er gefragter Referent und Moderator bei internen und externen Veranstaltungen im In- und Ausland.

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