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Keine rosigen Zeiten für deutsche Kreditinstitute

Aktuelle Herausforderungen für den deutschen Bankensektor

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Trotz guter konjunktureller Entwicklung und Abbaus von Risiken stehen deutsche Banken und Sparkassen vor beachtlichen Herausforderungen. Drei Entwicklungen stehen dabei besonders im Fokus. Sie bergen Risiken, versprechen aber auch Chancen.

Aktuelle Herausforderungen für Kreditinstitute

Vielfältige aktuelle Herausforderungen für Banken und Sparkassen

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Neun Jahre nach Ausbruch der Finanzkrise präsentiert sich die wirtschaftliche Gesamtsituation in Deutschland vergleichsweise gut. Die Wirtschaft ist im vergangenen Jahr um fast 2 Prozent gewachsen – das beste Ergebnis seit 2012. Und auch die Arbeitslosenquote sinkt hierzulande seit 2010 Jahr für Jahr.

Von dieser wirtschaftlichen Erholung profitiert nicht zuletzt auch die deutsche Kreditwirtschaft. Die Kreditvergabe an die Realwirtschaft steigt seit 2013 wieder. Und die deutschen Banken und Sparkassen haben die Krise ohnehin verhältnismäßig gut verkraftet. Hierzu hat auch die ausgeprägte Vielfalt unseres deutschen Bankensektors beigetragen. Nach der Krise haben die Institute zudem ihre Eigenkapitalbasis gestärkt und Risiken in der Bilanz abgebaut.

Drei zentrale Herausforderungen für deutsche Kreditinstitute

Rosige Zeiten, könnte man meinen. Aber wer das aktuelle Stimmungsbild in der Branche betrachtet, der spürt, dass eben doch nicht alles rosig ist. Banken und Sparkassen stehen vor beachtlichen Herausforderungen. Die Gründe hierfür sind von Haus zu Haus verschieden. Aber es gibt auch Herausforderungen, die alle Institute gleichermaßen betreffen.

Drei wesentliche sollen an dieser Stelle näher untersucht werden:

  1. Das anhaltende Niedrigzinsumfeld, das die Ertragsschwäche vieler deutscher Institute zu Tage treten lässt.
  2. Die nach der Finanzkrise angestoßene und noch nicht abgeschlossene globale Regulierung, die auch bei uns in Deutschland einen erheblichen Anpassungsbedarf nach sich ziehen wird.
  3. Die fortschreitende Digitalisierung, die vielleicht mehr noch als andere Faktoren Herausforderung und Chance zugleich ist.

Niedrige Zinsen erfordern zusätzliche Vorsorge

Das Niedrigzinsumfeld wird von Kreditinstituten und Sparern gleichermaßen als Belastung empfunden. Und die Belastungen nehmen mit jedem Tag zu. Die öffentliche Debatte zu diesem Thema lässt sich in etwa so zusammenfassen: Während den Banken die Erträge schrumpfen, bleibt den Sparern nichts anderes übrig, als fast schon zinsloses Sparen zu akzeptieren. Diese Darstellung ist zwar nicht ganz abwegig, jedoch teilweise übertrieben und nicht immer ganz richtig. Ein genauer Blick auf die Zusammenhänge zeigt warum.

Ein grundlegendes Problem für die Banken und Sparkassen sind schrumpfende Erträge aus dem Zinsgeschäft. In Zeiten anhaltend niedriger Zinsen werden auslaufende, hochverzinste Kredite durch neue Kredite mit geringerer Verzinsung ersetzt. Um einem Rückgang des Zinsertrages entgegenzuwirken, erhöhen die Institute tendenziell die durchschnittliche Laufzeit bei der Kreditvergabe. Dies funktioniert im gegenwärtigen Umfeld aber nur bedingt, da auch die längerfristigen Zinsen sehr niedrig sind. Um weiterhin am Zinsgeschäft zu verdienen, müssen die Institute also ihren Zinsaufwand verringern. Allerdings gilt für Kleinanleger bislang faktisch eine Untergrenze des Einlagenzinses von null Prozent. Dies macht das klassische Einlagengeschäft für viele Banken und Sparkassen zunehmend unattraktiv, und für manche wäre eine Finanzierung über den Geld- und Kapitalmarkt bereits günstiger.

Bleiben die Zinsen in den kommenden vier Jahren konstant, so verringert sich nach unseren Berechnungen der erwirtschaftete Zinsüberschuss um insgesamt 16 Prozent – ein massiver Einschnitt angesichts der zentralen Bedeutung des Zinsgeschäfts.

Man könnte also meinen, dass für die Institute derzeit nichts besser wäre als die schnelle Rückkehr höherer Zinsen. Das ist auf lange Sicht wohl richtig. Kurz- und mittelfristig entstehen in Verbindung mit steigenden Zinsen jedoch erhebliche Risiken.

Durch die anhaltende Niedrigzinsphase hat nämlich die Fristentransformation im Geschäft deutscher Banken und Sparkassen zugenommen. Der geringe Unterschied zwischen kurzfristigen und langfristigen Zinsen sorgt dafür, dass Institute vermehrt kurzfristig fällige Einlagen erhalten. Reichen sie gleichzeitig vermehrt langlaufende, festverzinsliche Kredite aus, erhöhen sich hierdurch entsprechend die Liquiditäts- und Zinsänderungsrisiken.

Die anhaltend niedrigen Zinsen sind insbesondere für jene Institute eine Herausforderung, deren Geschäftsmodell vor allem auf dem Einlagen- und Kreditgeschäft beruht. Und im Jahr 2014 erzielten deutsche Banken und Sparkassen fast drei Viertel ihrer operativen Erträge aus dem Zinsüberschuss. Kleinere Institute haben zudem das Problem, dass sie sich nur begrenzt am Kapitalmarkt gegen unerwartete Zinsänderungen absichern können. So sehen wir insbesondere bei den Sparkassen und Genossenschaftsbanken seit 2011 eine deutliche Zunahme der Zinsänderungsrisiken.

Die Kreditinstitute müssen daher bereits heute handeln und sich gegen die Risiken der Zinswende wappnen.

Eine solide Eigenkapitalbasis ist hierfür ein geeignetes Instrument. Erfreulicherweise haben deutsche Institute in den letzten Jahren ihr Kernkapital erheblich aufgestockt. Standen wir 2008 – zu Beginn der globalen Finanzkrise – noch bei einer Kernkapitalquote von 9,1 Prozent, so waren es im September letzten Jahres bereits 15,8 Prozent. Angesichts steigender Risiken ist es aber wichtig, dass die Institute ihre Eigenkapitalbasis weiter stärken, etwa indem sie Reserven aus versteuerten Gewinnen bilden.

Für die Bankenaufsicht ist es wichtig, die Ertragskraft der Kreditinstitute genau im Auge zu behalten. Deshalb werden wir auch in diesem Jahr wieder eine Umfrage zu Niedrigzins- und Stressszenarien durchführen.

Regulierung stellt Kreditwirtschaft und Bankenaufsicht vor Herausforderungen

Mit der 2013 in Kraft getretenen Kapitaladäquanzrichtlinie und der dazugehörigen Verordnung setzen wir in Europa neue Standards für den Umgang mit Eigenkapital und Liquidität. Die jüngsten Reformen, mit denen wir wesentliche Aspekte der schon vereinbarten Basel III-Regelungen umsetzen, haben einen entscheidenden Beitrag dazu geleistet, die Stabilität des europäischen Finanzsystems nachhaltig zu steigern.

Auch wenn Vertreter der Kreditwirtschaft nicht müde werden, zu betonen, dass zusätzliche regulatorische Anforderungen eine erhebliche Belastung für ihre Häuser darstellen: Die Reformen sind kein Selbstzweck, und schon gar nicht entspringen sie blindem Aktionismus. Sie sind vielmehr notwendig und konsequent. Notwendig, weil die globale Finanzkrise die Funktionsfähigkeit unseres Finanzsystems grundlegend in Frage gestellt hat. Ein „weiter so“ ist schlichtweg keine Option. Und sie sind konsequent, weil wir mit den Reformen jene Aspekte gezielt angegangen sind, die sich in der Krise als besondere Schwachstellen herausgestellt haben. Ein Aufweichen grundlegender regulatorischer Prinzipien und Anforderungen darf und wird es deshalb nicht geben.

Aufseher haben aber auch die Auswirkungen veränderter regulatorischer Anforderungen auf Banken und Sparkassen sehr genau im Blick. Und in der Tat sehen wir für viele Institute einen erheblichen Anpassungsbedarf. Dies trifft in besonderem Maße auf die IT-Infrastruktur der Banken zu. Besonders kleinere Institute stellt diese Entwicklung vor Herausforderungen, da sie Skaleneffekte nicht in gleichem Maße nutzen können wie die großen Häuser. Gleichzeitig steigen die qualitativen und quantitativen Anforderungen an das Personal, das mit der Umsetzung regulatorischer Aufgaben beschäftigt ist.

Deshalb ist die Reform der Regulierung eben nicht nur für die Kreditwirtschaft eine Herausforderung, sondern auch für die Aufsicht. Und wir als Aufseher sollten, wo es möglich und sinnvoll ist, prüfen, ob wir gezielte Erleichterungen für kleine Banken umsetzen können. Das Stichwort lautet Verhältnismäßigkeit in der Regulierung. In Teilen machen wir das schon heute: Nehmen Sie etwa die Unterscheidung zwischen Standard- und Modellansätzen. Aber wir sollten dennoch dringend weiter darüber nachdenken, wie wir den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit künftig noch tiefer verankern können. Denkbar ist auch, dass wir für kleinere Banken und Sparkassen ein eigenes Regulierungsregime entwickeln. Und auch wenn es bis dahin sicher noch ein weiter Weg ist, dürfen wir uns hier keine Denkverbote auferlegen.

Digitalisierung ist Herausforderung und Chance zugleich

Wohl niemand kann derzeit wirklich abschließend beurteilen, ob sich die Digitalisierung letzten Endes als Fluch oder als Segen für die Finanzbranche erweisen wird. Zumindest ist sie aus Sicht der Kreditinstitute zugleich auch eine Chance. Denn sie bietet großes Potenzial dafür, Kosten zu verringern und neue Ertragsquellen zu erschließen. Banken und Sparkassen müssen dabei aber stets die Risiken dieser schönen neuen Welt genau im Blick behalten. Die betrifft die Kostenseite ebenso wie die Erlösseite.

Digitalisierung als Chance zur Kostensenkung

Mögliche Kostenersparnisse lassen sich vor allem auf zwei Wegen erreichen. Zum einen durch die Automatisierung von Prozessen. Nehmen Sie als Beispiel etwa die Kreditvergabe und entsprechende Scoring-Methoden. Diese zu automatisieren ermöglicht deutliche Einsparungen beim Personalaufwand.

Der zweite Weg zu Kostensenkungen führt über die Virtualisierung. Für Banken und Sparkassen bedeutet das, Leistungen zukünftig nicht mehr am gleichen Ort produzieren und absetzen zu müssen. Denken Sie etwa an die virtuelle Filiale: Ein Mitarbeiter in einem zentralen Service Center kann heute über netzbasierte Anwendungen Kunden in der ganzen Republik beraten – und das grundsätzlich rund um die Uhr. In der Fläche ermöglicht dies erhebliche Einsparungen bei den Sachkosten.

In beiden Fällen stellt sich jeweils die Frage, ob Leistungen und die dazu benötigte Infrastruktur selbst erbracht und unterhalten oder ob diese an externe Anbieter ausgelagert werden sollten. Auch wenn Auslagerungen mit deutlichen Kostenvorteilen verbunden sein können, so muss diese Entscheidung stets wohl überlegt sein. Denn natürlich verbleibt die Verantwortung für alle Prozesse immer bei dem auslagernden Institut.

Digitalisierung als Chance zur Ertragssteigerung

Auch auf der Ertragsseite bietet Digitalisierung neue Möglichkeiten. So ermöglicht etwa die angesprochene Virtualisierung Bankdienstleistungen an die veränderten Erwartungen der Kunden anzupassen. Diese erwarten von ihrer Bank heute ein erhebliches Maß an räumlicher und zeitlicher Flexibilität. Deutsche Institute haben hierauf bereits reagiert. Mit der Banking-App fürs Smartphone hat gerade die jüngere Generation heutzutage die Bankfiliale sprichwörtlich in der Hosentasche. Auch in anderen Bereichen – etwa im Großkundengeschäft – hat Digitalisierung bereits neue Möglichkeiten eröffnet. Und man darf davon ausgehen, dass sich hier in absehbarer Zeit noch vieles ändern wird.

Bei der Entwicklung neuer Leistungen sollten Banken auch nicht per se vor der Zusammenarbeit mit externen Dienstleistern zurückschrecken. FinTechs sind für etablierte Institute heute nicht mehr allein nur Wettbewerber sondern können auch Partner sein. Hier schlummert noch erhebliches Potential für Effizienzgewinne, wenn es gelingt, digitales Know-how und Innovationskraft mit etablierten Marken und gewachsenen Kundenstämmen zusammenzubringen.

Mögliche Risiken der Digitalisierung

Digitalisierung birgt aber auch Risiken. Was passiert etwa bei einem zeitweisen Ausfall von IT-Systemen? Wenn hierdurch der Ablauf automatisierter Prozesse gestört wird, kann der Schaden erheblich sein. Zum Beispiel, wenn der Zahlungsverkehr ins Stocken gerät, weil einzelne Zahlungen nicht ausgeführt werden. Aber auch deshalb, weil Nachrichten über solche Schadensfälle binnen Minuten um die Welt gehen. Hierin besteht ein beachtliches Reputationsrisiko. Gleiches gilt im Falle von „Cybercrime“, also dort, wo Kriminelle die Schwachstellen in der IT-Umgebung gezielt ausnutzen, um sich selbst zu bereichern oder sonstigen Schaden anzurichten. Daher ist auch im Bereich der Digitalisierung eine angemessene Risikovorsorge unentbehrlich.

Kreditinstitute müssen Reformen entschlossen angehen

Niedrigzinsen, veränderte regulatorische Anforderungen und die Digitalisierung stellen für Banken und Sparkassen große Herausforderungen dar. Sie alle bergen Risiken, und Kreditinstitute müssen hierauf angemessen reagieren. Unter diesen Bedingungen strategische Entscheidungen zu treffen, ist nicht einfach.

Viele Institute haben ihr Geschäftsmodell nach der Krise grundlegend auf den Prüfstand gestellt und hierbei auch aus eigenen Fehlern gelernt. Banken und Sparkassen stellen sich zudem den strukturellen Herausforderungen eines veränderten Marktumfelds.

Es wird jedoch nicht ausreichen, sich allein auf Vorsorgemaßnahmen zu verlassen. Wer glaubt, ein bloßes Abwettern des Sturms reiche aus, der irrt. Banken und Sparkassen müssen darüber hinaus grundlegende Reformen anstoßen und diese entschlossen verfolgen. Nur so kann die Branche aktuelle Probleme überwinden und sich gleichzeitig für die Herausforderungen von morgen wappnen.

Der Beitrag basiert auf dem Vortrag beim Jahresempfang der Hauptverwaltung in Bremen, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt. Den Originaltext der Rede finden Sie hier.

Über den Autor

Dr. Andreas Dombret

Prof. Dr. Andreas Dombret ist in einer Vielzahl von Ausschüssen sowie in verschiedenen ehrenamtlichen Funktionen tätig, u.a. als Global Senior Advisor für Oliver Wyman. Er war von 2010 bis 2018 Mitglied des Vorstands der Deutschen Bundesbank und u.a. für die Bereiche Banken- und Finanzaufsicht, Finanzstabilität und Märkte zuständig. Zuvor absolvierte er – nach Banklehre und Studium - verschiedene berufliche Stationen bei der Deutschen Bank, Rothschild und Bank of America.

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