Fünf Prognosen für die Entwicklung von Stablecoins in 2023

Zur Zukunft des Zahlungsverkehrs

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Seit Jahren wird über den Einsatz von Stablecoins im Zahlungsverkehr diskutiert. Preisvorteile für Händler und neue Nutzererlebnisse für Kunden locken, doch bis dato verbleiben Stablecoins in der Nische. Das Jahr 2023 könnte neue Impulse setzen.

Stablecoins haben revolutionäres Potential im Zahlungsverkehr

Stablecoins haben revolutionäres Potential im Zahlungsverkehr – zuletzt mehrten sich aber Rückschläge.

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Der Kollaps des Terra-Stablecoin-Ökosystems hat im Mai 2022 die Kryptowelt erschüttert – und in den letzten Tagen ist in Folge des Zusammenbruchs der Silicon Valley Bank selbst der Wechselkurs von USDC, dem Stablecoin mit der zweitgrößten Marktkapitalisierung, ins Wanken geraten.

Dennoch üben Stablecoins nach wie vor eine große Faszination gleichermaßen auf Krypto-Anhänger und Mainstream-Finanzdienstleister aus. Sie werden als potenziell sicherere Alternative zu volatilen, nicht-fiat-gestützten Kryptowährungen wie Bitcoin, Ethereum und Co. angesehen. Wir werfen einen Blick auf fünf Entwicklungen, die wir im Jahr 2023 in diesem Bereich erwarten.

Auch zehn Jahre nach der Erfindung von Bitcoin hat sich nicht viel an der Situation im klassischen Zahlungsverkehr geändert: SEPA, VISA, Mastercard sind immer noch dominant. Kryptowährungen nehmen zwar an Bedeutung zu, verbleiben in puncto Zahlungsverkehr aber eindeutig in einer Nische. Denn eine Herausforderung bleibt bestehen: Die hohe Volatilität von Kryptowährungen. Gegen dieses Risiko könnten Stablecoins Abhilfe schaffen.

Stablecoin – die stabile Kryptowährung

Die gängigste Definition von Stablecoins lautet: Kryptowährung, die einen stabilen Wert gegenüber Fiat-Währungen oder anderen Vermögenswerten aufweist. Für einen Euro bekommt der Kunde einen digitalen Euro-Token. Doch was genau sind die Vorteile dieser Stablecoins? Im Wesentlichen die folgenden drei:

  1. Finanzielle Inklusion
  2. Niedrige Transaktionskosten
  3. Sofortiger Finanzausgleich (Settlement)

1. Finanzielle Inklusion

Wie bei übrigen Kryptos gibt es keine Vorgaben, wer eine digitale Wallet besitzen oder erstellen kann. Jede Person, die über ein Mobiltelefon verfügt, kann sich eine Wallet erschaffen und sofort Finanztransaktionen tätigen.

2. Niedrige Transaktionskosten

Im Fall des Bitcoin Lightning Network oder der Ethereum Layer 2 Blockchain-Polygon sind die Kosten für eine Zahlung unter einem Euro-Cent, was insbesondere für Kleinstbeträge interessant ist und Händler auf den Plan rufen dürfte.

3. Sofortiger Finanzausgleich (Settlement)

Zahlung und Gutschrift beim Begünstigten fallen auf den gleichen Zeitpunkt, Drittpartei-Risiken reduzieren sich. Das gibt dem Verkäufer die Sicherheit, dass er das Geld tatsächlich neu bei sich im Besitz hat – und es nicht bei einem Zahlungs-Service-Provider liegt.

5 Thesen für die Entwicklung von Stablecoins in 2023

Durch die weitere Verbreitung von Stablecoins, sind folgende Veränderungen im Jahr 2023 möglich, die in fünf Thesen dargestellt werden:

  1. Neue Anwendungen von Stablecoins im Zahlungsverkehr und Retail,
  2. Aufgrund neuer Gesetze und Regulierungen werden weitere Stablecoins verschwinden,
  3. Neue Währungen bei Stablecoins werden wichtiger,
  4. Stablecoins werden durch Länder genutzt, die vom internationalen Zahlungsverkehrssystem ausgeschlossen sind – eine Compliance Challenge,
  5. Volksbewegungen gegen digitale Währungen und für den Erhalt von Bargeld nehmen zu.

1. Neue Anwendungen von Stablecoins im Zahlungsverkehr und Retail

Die Kombination zweier gegenwärtiger Entwicklungen könnten Stablecoins verstärkt zu einer brauchbaren Alternative im Zahlungsverkehr und Handel machen: Zum einen Technologien wie das Bitcoin Lightning Network, andererseits die zunehmende Verbreitung von stabilen Coins ohne große Kursvolatilität.

Im Februar dieses Jahres hat der größte südafrikanische Detailhändler, Pick-n-Pay, angekündigt, dass ab sofort in mehr als 1.500 seiner Filialen auch mit Bitcoin (mittels Lightning Network) bezahlt werden kann. Das Scannen eines QR-Codes an der Kasse reicht aus – ähnlich des in Asien verbreiteten Alipay oder der Option TWINT in der Schweiz.

Zudem haben größere Finanzinstitute auch schon eigene Stablecoins erschaffen, sei es JP Morgan oder auch das PostFinance/Swissquote Start-Up „Yuh“, welches seit neuestem seine User mit „Swissqoins“ belohnt, welche an den Schweizer Franken gebunden sind.

2. Aufgrund neuer Gesetze und Regulierungen werden weitere Stablecoins verschwinden

Der Crash des algorithmisch gesteuerten Stablecoins TerraUSD und der Konkurs der Kryptobörse FTX haben die Behörden noch stärker auf die Vorgänge in der Kryptosphäre aufmerksam gemacht. So hat die SEC dem Stablecoin-Aussteller Paxos kürzlich untersagt, weiterhin die Währung BUSD für Binance zu produzieren. Dies führte am Markt umgehend zu einer Umschichtung von Vermögenswerten aus BUSD in Paxos Dollar (der selbst nicht von der SEC geahndet worden war).

In ähnlicher Weise werden in Zukunft wohl auch weitere Stablecoins von den Regulatoren in die Schranken verwiesen. Dies könnte wiederum die Akzeptanz von Stablecoins, welche von seriösen Institutionen emittiert werden und regulatorisch unstrittig sind, weiter erhöhen.

3. Neue Währungen bei Stablecoins werden wichtiger

Die strengere Regulierung von USD-Stablecoins durch die SEC wird die Verbreitung von andersartigen, neuen Stablecoins höchstwahrscheinlich fördern: Seien dies solche, die mit anderen Währungen (wie z.B. Euro, CHF) – oder aber gleich mit anderen physischen Wertanlagen, wie z.B. Gold oder Silber hinterlegt sind.

Andererseits zeichnen sich neue technologische Entwicklungen im Stablecoin-Bereich ab. Während aktuell die Stablecoins mit dem größten Marktanteil auf der Ethereum-Blockchain basieren (USDT, USDC), entstehen weitere auf anderen Blockchains, die neue Einsatzmöglichkeiten bieten.
So setzt zum Beispiel seit neuestem die DeFi-Plattform Curve auch auf die Polygon-Blockchain, welche günstiger und schneller ist als Ethereum. Vielversprechend sind auch die Versuche, mit der Lightning Network-Technologie neu auch auf Bitcoin basierende, mit Fiat hinterlegte Stablecoins zu lancieren.

4. Stablecoins werden durch Länder genutzt, die vom internationalen Zahlungsverkehrssystem ausgeschlossen sind – eine Compliance Challenge

Falls Stablecoins tatsächlich vermehrt eingesetzt werden, wird dies zukünftig auch eine Challenge für die Compliance-Arbeit der Banken, analog zu anderen Kryptowährungen. Blockchain-Analyse wird zunehmender Bestandteil der KYC-/AML-Abklärungen werden.

Zum Beispiel haben Russland und Iran, die momentan am stärksten von Sanktionen im Finanzbereich betroffenen Länder, bereits Interesse daran bekundeten einen eigenen Stablecoin zu emittieren (voraussichtlich mit Gold hinterlegt).

5. Volksbewegungen gegen digitale Währungen und für den Erhalt von Bargeld nehmen zu

Gegenüber allen digitalen Währungen besteht eine große Skepsis – insbesondere auch in Bezug auf die Wahrung von Privatsphäre. Die eigene Geldbörse bietet für viele Nutzer Sicherheit und Anonymität: Der Staat kann nicht sehen – und damit auch nicht kontrollieren – wofür der Bürger sein Bargeld ausgibt. Dies könnte sich mit digitalen Währungen ändern.

Ganz konkret stieß z.B. die nigerianische Zentralbank auf enormen Widerstand beim Versuch, die Staatswährung Naira zu digitalisieren. Es ereigneten sich gemäß Medienberichten tumultartige Szenen vor den Banken von Menschen, die darauf bestanden ihr Guthaben in Bargeld abzuheben.

Fazit: Stablecoins werden an Relevanz gewinnen

Neue Technologien schneiden zu Beginn in einzelnen Bereichen meist schlechter ab als bisher Bekannte. Langfristig sind sie jedoch erfolgreich, wenn ihre Mehrwerte überwiegen. So hat unser Geld bereits diverse Evolutionsstufen hinter sich – vom Bargeld, über den Scheck und die Zahlkarte, bis hin zum Mobile Payment.

Die beschränkte Verbreitung und mangelnde Anbieter von Stablecoins limitieren zwar noch ihren Einsatz, doch die aktuellen Entwicklungen sind vielversprechend. Aufgrund der Vorteile für Kunden (Zugang) und Händler (Kosten) werden diese in Zukunft an Relevanz gewinnen.


Robin Bhattacharya - Consultant Payments and Digital, Capco

Robin Bhattacharya

Robin Bhattacharya ist Koautor des Beitrags Er ist Consultant im Bereich Payments und Digital bei der Unternehmensberatung Capco und beschäftigt sich seit mehr als zehn Jahren mit Alternativen- und digitalen Währungen.

 

Über den Autor

Gregor von Bergen

Gregor von Bergen ist der Schweizer Leiter des Zahlungsverkehrs- und Kartengeschäfts bei der auf Finanzdienstleistungen spezialisierten Unternehmensberatung Capco. Zuvor hatte er u.a. verschiedene Führungspositionen bei einer Schweizer Großbank inne und hat in seiner Beratertätigkeit auch angrenzende Compliance-Themen betreut.

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