Wenn Freiheit für Mitarbeiter Banken ins Chaos führt

Wie Banken vermeiden, in die Transformations-Falle zu treten

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Mitarbeiter arbeiten motivierter, wenn sie mehr Freiheiten erhalten und sich entfalten können. Viele gut gemeinte Transformationen in diese Richtung scheitern jedoch an sich verschlechternden Ergebnissen. Doch woran liegt das und wie kann es besser gelingen?

Mitarbeitern mehr Verantwortung zu geben geht häufig schief

Viele Banken planen unter den Begriffen New Work und Agilität Transformationen, in denen mehr Verantwortung an die Mitarbeitern gegeben wird. Das kann nach schiefgehen, wenn der Übergang falsch gemanagt wird.

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Der Bewerbermarkt schwächelt, viele Banken haben Probleme, kompetentes Personal zu bekommen. Da macht es Sinn, darüber nachzudenken, wie man das eigene Haus attraktiver für junge Talente macht. „New Work“ und „Agilität“ sind zwei aufgeladene Begriffe, die in diesem Kontext häufig fallen. Beide versprechen motivierte Mitarbeiter durch mehr Freiheit in der Arbeitsgestaltung. Aber warum stellen dann viele Banken fest, dass entsprechende Transformationen die Ergebnisse eher verschlechtern als verbessern?

Der Gedanke an sich ist dabei nicht verkehrt. Selbstbestimmt arbeiten Menschen motivierter und kreativer. Sie übernehmen mehr Verantwortung für das, was sie tun und erwirtschaften damit letztlich mehr Wert für die Bank. Als Agile Coach habe ich schon oft erlebt, dass selbst Mitarbeiter, die kaum noch „Dienst nach Vorschrift“ machen, wieder Motivation für ihre Arbeit entwickeln und beginnen, mit großer Energie Dinge voranzutreiben.

Aber dennoch machen selbst Häuser, denen so eine Motivationswelle gelingt, oft die Erfahrung, dass ihre Teams eher schlechtere Ergebnisse liefern als vorher.

Das Problem liegt im falschen Ansatz der Transformation

Wenn also der Grundgedanke stimmt, warum stimmt dann nicht auch das Ergebnis?

Die Antwort auf diese Frage kann man erahnen, wenn man sich die Abbildung anschaut.  Dort sind Autonomie, also die Freiheit der Mitarbeitern (welche sie motivierter arbeiten lässt) und Alignment (die Ausrichtung der Mitarbeitern auf ein gemeinsames Ziel) gegeneinander aufgetragen.

Alignment und Autonomie müssen gemeinsam betrachtet werden

Tauschen wir in einer Bank das hohe Alignment durch mikromanagende Führungskräfte (oben links) gegen Freiheit für die Mitarbeitern (unten rechts), geht uns das Alignment verloren. Chaos und Unzufriedenheit können die Folgen sein.

Oben links, bei niedriger Autonomie und hohem Alignment, sehen wir das „klassische“ Management, in dem die Führungskraft vorgibt, was zu tun ist. Hier haben die Mitarbeiter wenig Freiraum, was oft in „Dienst nach Vorschrift“ mündet. Hier wird nicht motiviert gearbeitet, aber Ziele werden erreicht, denn die Führungskraft schafft Alignment durch Mikromanagement. Nicht schön für die Arbeitskräfte, aber akzeptabel für das Unternehmen.

In der unteren rechten Ecke, wo das Alignment niedrig, aber die Autonomie hoch ist, finden wir die gut gemeinten, aber schlecht gemachten Change-Projekte, die Mitarbeitern mehr Autonomie und Verantwortung geben. Der Chef darf nicht mehr mikromanagen – was dazu führt, dass Mitarbeiter zwar motivierter arbeiten, aber kaum noch untereinander abgestimmt sind. Ziele werden nicht mehr erfüllt, weil jeder an etwas anderem arbeitet.

Wo wir als Bank hinwollen ist oben rechts, wo Autonomie und Alignment hoch sind. Hier arbeiten Mitarbeiter autonom und motiviert, haben aber auch eine gemeinsame Richtung. Das Team arbeitet an einem großen Ganzen und auf dasselbe Ziel hinaus. So werden Ziele erreicht – und zwar höhere Ziele als mit der unmotivierten Mannschaft aus dem Abschnitt oben links.

Um vom Ursprung oben links zum Ziel oben rechts zu kommen, reicht es nicht, nur Verantwortung und Freiheit an die Mitarbeitern zu geben. Damit landen wir unten rechts. Wir müssen das Alignment durch Mikromanagement ersetzen durch eine andere, autonomere Form von Alignment!

Wir müssen Alignment schaffen, ohne zu mikromanagen!

Ein Team auf ein gemeinsames Ziel auszurichten ist schwieriger, als es zuerst wirkt. Forschung zeigt immer wieder, dass wir Menschen deutlich öfter aneinander vorbeireden, als wir das selber meinen. Oder anders gesagt: wenn eine Führungskraft meint, der Kurs sei doch klar, muss das nicht heißen, dass das für die Mitarbeitern auch wirklich stimmt.

Folgende 5 Ansätze helfen dabei, das Alignment innerhalb der Mitarbeiterschaft sicherzustellen, ohne gleich zurück ins Mikromanagement zu rutschen:

  1. Eine klare Vision und Mission geben Mitarbeitern Orientierung,
  2. Den aktuellen Status Quo benennen,
  3. Für die Gesamtheit der Bank und jedes Team explizite, quantitative Ziele setzen,
  4. Eine transparente Übersicht über alle Veränderungsprojekte innerhalb des eigenen Hauses schaffen, inklusive des aktuellen Stands,
  5. Eine Lernkultur aufbauen, die Transparenz über Fehler schafft.

1. Eine klare Vision und Mission geben Mitarbeitern Orientierung

Um Mitarbeitern zu zeigen, wo die nächsten Jahre hinführen, sollte eine Bank eine klare Vision und eine klare Mission definieren. Ein-Satz-Statements wie „Wir werden die Nummer 1 in der Region, genossenschaftlich und nachhaltig“ helfen da allerdings nur wenig, da sie zu kurz, zu oberflächlich und zu ambivalent sind. Ein deutlich hilfreicheres Beispiel ist der 1.500 Wörter starke zweite Teil des Bewerbermarkt.

2. Den aktuellen Status Quo benennen

Zu wissen, wo es hingeht (Vision) und wie man reisen möchte (Mission) ist sehr gut, aber ebenso wertvoll ist es, sich darüber einig zu sein, wo man überhaupt steht. Nicht selten erlebt man besonders in der Führungsmannschaft einer Bank starke Reibungsverluste, weil nicht genug darüber gesprochen wird, wie man die aktuelle Situation bewertet. Während die Einen sorgenfrei auf die soliden Betriebsergebnisse zeigen, deuten die Anderen besorgt auf langfristige Trends wie den Schwund junger Kunden und sehen die Zukunft der Bank gefährdet. Wer diese Ambivalenz zum Status Quo akzeptiert, muss sich nicht wundern, wenn die Mitarbeiterschaft nicht an einem Strang zieht.

3. Für die Gesamtheit der Bank und jedes Team explizite, quantitative Ziele setzen

Die Zeiträume sollten dabei angemessen gewählt werden, zum Beispiel einmal pro Jahr auf Bankebene und einmal im Quartal auf Teamebene. Hier geht es nicht um die klassischen KPIs der Balanced Score Cards, die in vielen Banken bereits etabliert sind, sondern um motivierende Ziele für die Veränderungsprojekte, die Banken zur Zeit benötigen, um sich ganzheitlich an den sich verändernden Markt anzupassen.

Ein sehr solides Framework dazu sind Objectives & Key Results (OKRs), die das Gespräch auf die Dinge lenken, die wesentlich sind: Nämlich die Ergebnisse, die am Ende erreicht werden sollen, nicht die Maßnahmen, die einen dorthin führen.

4. Eine transparente Übersicht über alle Veränderungsprojekte innerhalb des eigenen Hauses schaffen, inklusive des aktuellen Stands

Idealerweise wird diese Übersicht ergänzt von regelmäßigen, ebenso transparenten Status-Updates aller Projekte. Die digitale Schriftform (Mails, Intranet-Artikel, etc.) sparen Zeit, aber Videocalls geben die Möglichkeit für Rückfragen und Feedback.

5. Eine Lernkultur aufbauen, die Transparenz über Fehler schafft

Wenn wir Mitarbeitern mehr Verantwortung geben wollen, müssen wir ihnen Raum geben, Fehler zu machen. Statt der Forderung nach einer „besseren Fehlerkultur“ gefällt mir der Begriff der „Lernkultur“, in der klar ist, dass Fehler passieren, aber man versucht, aus ihnen bestmöglich zu lernen, um so wenige wie möglich zu machen. Wenn diese Kultur existiert, ist es möglich, Fehler transparent zu diskutieren und Mitarbeitern so über die Zeit klarer zu machen, wie sie ihre neugewonnene Freiheit wertschöpfend nutzen. Erst durch die dadurch gewonnene Sicherheit werden Mitarbeiter bereit sein, mehr Transparenz in Bezug auf ihre Arbeit zu akzeptieren, was wiederum das Alignment in der Mannschaft erhöht.

Der Übergang muss gemanagt werden

Die Übergabe von Verantwortung an Mitarbeiter kann gelingen und sich stark positiv auf die Ergebnisse einer Bank auswirken – aber nur, wenn der Übergang richtig gemanagt wird. Falsch angegangen birgt eine zunehmende Autonomie bei abnehmenden Alignment die Grundlage für betriebliches Chaos in sich. Banken müssen sich überlegen, wie sie ihre Mannschaft auf die gemeinsamen Ziele ausrichten, bevor sie in Richtung New Work oder Agilität transformieren.

Über den Autor

Dr. Bernhard Eickenberg

Dr. Bernhard Eickenberg ist freiberuflicher Führungskräftecoach und Agile Coach mit Erfahrung im Finanzsektor. Als Innovationsmanager hat er unter anderem den Transformationsprozess „Weiterdenken20+“ der Volksbank Bielefeld-Gütersloh begleitet. Seine Überzeugung: Eigenverantwortliche Teams arbeiten erfolgreicher – unter den richtigen Bedingungen.

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