Automatisiertes Finanzmanagement in Unternehmen

Das Firmenkundengeschäft im Jahr 2035

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Wie könnte das Firmenkundengeschäft von Banken im Jahr 2035 aussehen? Ausgehend von möglichen technologischen Durchbrüchen in der Industrieproduktion ist ein hoher Kapitalbedarf zu erwarten. Das Finanzmanagement von Unternehmen wird zudem von Automation und Künstlicher Intelligenz geprägt sein.

Finanzdienstleistungen im Jahr 2035

Auf der Suche nach der Finanzdienstleistung der Zukunft
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Der vorliegende Beitrag wagt einen visionären Ausblick auf die Rahmenbedingungen des Firmenkundengeschäfts von Finanzdienstleistern im Jahr 2035. Nach Ansicht der Autoren werden sich die derzeit viel zitierten Schlagworte „Industrie 4.0“ und „Internet der Dinge“ als Startpunkt und Katalysator eines tiefgreifenden Wandels in der Industrie herausstellen, der in absehbarer Zeit auch die Finanzabteilungen der Unternehmen einbeziehen wird. Der Beitrag beschreibt daher zunächst prägende technologische Fortschritte bis zum Jahr 2035.

Technologische Durchbrüche befeuern anhaltenden Industrieboom

Die erfolgreiche Einführung der kommerziellen Wasserstoffkernfusion löste in der Wirtschaft im Jahr 2029 die sogenannte „Energierevolution“ aus. Energie stellt seitdem auf der Erde keinen Engpass mehr dar und ist in unvorstellbaren Mengen zu vergleichsweise geringen Kosten verfügbar. Grundlage waren Durchbrüche auf den Gebieten der Werkstofftechnik – beispielsweise bei Supraleitern und dem zweidimensionalen Kohlenstoff Graphen – was den seit ungefähr 2027 anhaltenden Aufschwung begünstigte.

Die wirtschaftliche Expansion brachte einen beständig zunehmenden Kapitalbedarf mit sich. Dieser beschert den aus der massiven Konsolidierung zwischen 2020 und 2025 verbliebenen Kreditinstituten ein außerordentlich hohes Kreditwachstum. Verbunden mit dem Wiederkehren einer Inflation von über 2% und einem deutlich gestiegenen Zinsniveau können seitdem auch wieder akzeptable Margen vereinnahmt werden. Einem Vergleich mit Bankerträgen um die Jahrtausendwende herum halten diese gleichwohl nicht stand.

Deutschland – Auf dem Weg zum Produktionsstandort Nr. 1

Durch die zunehmende Verbreitung von 3D-Druckern, die Metalle und Kunststoffe in nie gekannter Präzision verarbeiten konnten, war die Industrie um 2025 herum weltweit in eine Krise geraten. Viele große Produktionsanlagen waren überflüssig geworden und spezialisierte Maschinen entwickelten sich in kürzester Zeit zu Relikten aus vergangenen Zeiten.

Dann jedoch begann der Siegeszug der totalen Automation, bei dem deutsche Industrieunternehmen dank hoher Bildungsstandards weltweit eine Vorreiterrolle übernahmen. Durch den Einsatz vollkommen autonomer und flexibler Produktionsroboter werden heute auch in großen Fabriken nur noch 1-2 ständige Mitarbeiter vor Ort benötigt. Da die Logistik für Rohstoffanlieferung und Produktauslieferung vor allem auf autonomen E-LKWs und Zügen basiert, die vorzugsweise nachts fahren, konnten die riesigen Produktionsstätten außerdem in abgelegenen Gegenden mit sehr günstigen Bodenpreisen errichtet werden. Es kam infolgedessen zu einer Produktionsrückverlagerung aus Billiglohnländern nach Deutschland, die zu einem massiven Investitions- und Kapitalbedarf führte.

Finanzabteilungen profitieren von Automatisierung

Auch die Finanzabteilungen großer Unternehmen sind heute, im Jahr 2035, nahezu vollständig computergesteuert. Nach der umfassenden Gesetzesreform, die eine Digitalisierungsrichtlinie der Europäischen Union umgesetzt hatte, kann Künstliche Intelligenz (KI) als Vertreter juristischer Personen handeln. Die Finanzgeschäfte von Unternehmen erfolgen somit zwischenzeitlich meist ohne menschliche Interaktion.

Bereits ab 2025 war es üblich geworden, dass Firmencomputer Rechnungen automatisch durch Ausfüllen und Bestätigen von Banküberweisungen verarbeiteten. Bis zur Gesetzesreform mussten Menschen jedoch andere wichtige Computerentscheidungen, z. B. zur Preispolitik, noch abschließend legitimieren. Die Erfahrung hatte allerdings gezeigt, dass die Entscheidungsträger fast ausschließlich die Vorschläge der KI ausführten.

Auch im Finanzbereich der Industrieunternehmen hat sich daher längst die vollständige Automation des Kredit- und Anlagegeschäfts durchgesetzt. In diesem umkämpften Markt konnten allerdings nur Finanzanbieter mit sehr ausgefeilten und intelligenten Kreditvergabe- und Kapitalanlagesystemen erfolgreich sein. Unter Nutzung aller verfügbaren individuellen Unternehmensdaten müssen die Konditionen dabei optimal auf den einzelnen Betrieb zugeschnitten werden, um so eine positive Vertragsentscheidung durch die Firmenkunden-KI zu erreichen.

Telepräsenz für den Kundenkontakt

Seit dem Einzug der KI hat sich die Bedeutung des persönlichen Kundenkontakts weiter reduziert. „Persönliche“ Kontakte zwischen Firmenkunde und Betreuer beschränken sich in diesem Zusammenhang zumeist auf den Kontakt über stationäre oder mobile Telepräsenzsysteme. Diese Entwicklung im beruflichen Umfeld wurde maßgeblich von den Digital Natives vorangetrieben und in der Folge konnten Reisehäufigkeit sowie Reisezeiten auf ein Minimum reduziert werden.

Kreditentscheidungen in Millisekunden und KI im Risikomanagement

Durch die fortwährende Beschleunigung der Rechenleistung aufgrund der inzwischen marktreifen Quantencomputer mit organischen Speichersystemen kann und muss auch die Bearbeitung von Anfragen, z. B. bei einer Gebäudefinanzierung, extrem schnell abgewickelt werden. Der Markt erwartet inzwischen eine Bearbeitungsdauer bei Kreditentscheidungen unterhalb von 3ms.

Durch die Speicherung und den vertraulichen Austausch kleinster Datendetails gelingt nicht nur eine optimale individuelle Konditionierung. Die Auswertung der Daten mittels KI hat auch zu einer deutlichen Abnahme von Unternehmensinsolvenzen geführt. Die Risiko-KI erkennt beispielsweise bereits frühzeitig Muster in den Daten, die auf mangelhafte Unternehmensentscheidungen oder gar Betrug hinweisen. Der Wettlauf zwischen der KI des Finanzdienstleisters und der des Firmenkunden hat so die Unternehmen insgesamt überlebensfähiger werden lassen. Bei größeren Software-Updates der KI treten allerdings nach wie vor noch einzelne inkonsistente Ergebnisse auf, die durch Eingriff eines Menschen korrigiert werden müssen.

Das digitalisierte Handwerk und die Regionalbanken

Im regionalen Firmenkundengeschäft hat das Handwerk weiterhin hervorragende Perspektiven und gleichzeitig immer noch einen hohen Bedarf an Personal. Aufgrund der Komplexität hausinterner Steuerungsanlagen sind die fachlichen Anforderungen an Handwerker zudem sehr stark gestiegen. Finanzierungen für teure technische Gerätschaften und Finanzanlagen aufgrund der hervorragenden Verdienstsituation bei Handwerkern sorgen dabei für einen erheblichen Bedarf an Finanzdienstleistungen.

Hier kommen die regionalen Bankengruppen ins Spiel, die sich trotz der massiv veränderten Rahmenbedingungen des Finanzgeschäfts behaupten konnten. Durch ihre lokale Präsenz als wichtigem Alleinstellungsmerkmal konnten viele Firmenkunden gehalten werden. Gleichzeitig erkannten die zentralen IT-Dienstleister von Genossenschaftsbanken und Sparkassen rechtzeitig die Notwendigkeit, KI in die operativen Systeme einzubeziehen und sehr detaillierte Kundendatenbanken zu Auswertungszwecken aufzubauen. Hierdurch konnten sich die Regionalbanken im harten Wettbewerb mit den großen internationalen Playern, beispielsweise unter dem Dach von Apple oder Google, behaupten.

Dennoch blieben auch die Regionalbanken nicht von der massiven Konsolidierung verschont, da sie zwischen 2020 und 2025 ebenfalls in eine schwere Krise gerieten. Im Jahr 2024 entschied sich die genossenschaftliche Bankengruppe die verbleibenden selbständigen Institute bis 2033 unter einen gemeinsamen Dach zusammenzuführen, um Kosten zu sparen. Im öffentlich-rechtlichen Sektor wurde 2024 der Zusammenschluss der Nord- und Südlandesbank zur „Landesbank“ beschlossen. Auch die Sparkassen entschieden sich, allerdings erst im Jahr 2027, bis 2040 alle bis dahin verbliebenen Sparkassen in einer kombiniert zentral-dezentralen Organisation zusammenzuführen.

Leonhard Reinwald, Duale Hochschule Baden-Württemberg

Leonhard Reinwald

Leonhard Reinwald ist Koautor des Beitrags. Er ist seit 2014 Student des Studienganges BWL-Bank an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) Standort Stuttgart und arbeitet bei einer Regionalbank.


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Über den Autor

Prof. Dr. Andreas Mitschele

Prof. Dr. Andreas Mitschele ist seit 2010 Leiter im Studiengang BWL-Bank an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) in Stuttgart. Zudem verantwortet er als Studiendekan und wissenschaftlicher Leiter den Master in Business Management Finance (M.A.) der DHBW. An den Universitäten Karlsruhe sowie Newcastle (Australien) erwarb er den Abschluss Diplom-Wirtschaftsingenieur mit finanzwirtschaftlichem Schwerpunkt. In Karlsruhe promovierte er anschließend zum Thema „Integriertes Risikomanagement“. Vor seiner Professur verantwortete er in einer Management-Beratung verschiedene Mandate in der Finanzbranche. Nebenberuflich übernahm er Lehraufträge an der Hochschule Karlsruhe. Er ist zudem Autor zahlreicher Veröffentlichungen in Fachzeitschriften.

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