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Darf’s noch ein bisschen Nachhaltigkeit sein?

Neue Pflichten für WpDU und Finanzanlagenvermittler

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Ab dem 2. August 2022 müssen Finanzvertriebe bei der Anlageberatung und Finanzportfolioverwaltung die Nachhaltigkeitspräferenzen ihrer Kunden abfragen. Diese Angaben sind dann bei der Suche nach dem richtigen Produkt zwingend zu berücksichtigen. Die Institute müssen handeln.

Nachhaltigkeitspräferenzen von Bankkunden bei der Geldanlage

Banken müssen zukünftig bei der Geldanlage die Nachhaltigkeitspräferenzen ihrer Kunden erfragen.

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Das Thema Nachhaltigkeit ist aus gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Debatten längst nicht mehr wegzudenken und auch in der Finanzbranche spielen Nachhaltigkeitsfragen eine immer größere Rolle. So hat der europäische Gesetzgeber bereits 2019 (Verordnung (EU) 2019/2088, „OffenlegungsVO“) und 2020 (Verordnung (EU) 2020/852, „TaxonomieVO“) zwei Verordnungen beschlossen, die bereits zum 1. März 2021 bzw. 1. Januar 2022 neue Transparenzpflichten im Hinblick auf Nachhaltigkeitsaspekte vorsehen.

Mit der Delegierten Verordnung (EU) 2921/1253 („DVO“) treibt der europäische Gesetzgeber das Thema Nachhaltigkeit in der Finanzbranche weiter voran. Danach müssen Wertpapierdienstleister („WpDU“) und Finanzanlagenvermittler künftig ihre Kunden im Rahmen der Geeignetheitsprüfung bei der Anlageberatung oder Finanzportfolioverwaltung nach deren Nachhaltigkeitspräferenzen fragen. Gelten sollen die neuen Vorgaben ab dem 2. August 2022.

Was sind „Nachhaltigkeitspräferenzen“?

Kunden sind künftig nach ihren ,,Nachhaltigkeitspräferenzen“ zu befragen, wenn es darum geht, für sie das passende Finanzprodukt zu finden. Was aber versteht der europäische Gesetzgeber unter diesem Begriff?

Die DVO definiert Nachhaltigkeitspräferenzen als eine „Entscheidung des […] Kunden darüber, ob und, wenn ja, inwieweit [bestimmte, durch die OffenlegungsVO und TaxonomieVO konkretisierte Finanzprodukte] in seine Anlage einbezogen werden soll[en].“ Solche Finanzprodukte können beispielsweise alternative Investmentfonds, Versicherungsanlageprodukte, Altersvorsorgeprodukte, etc. sein. Unterschieden wird dabei nach der Intensität, den der Nachhaltigkeitsaspekt für den Kunden haben soll.

So soll der Kunde beispielsweise bestimmen können, dass in seine Anlage ein Finanzinstrument einbezogen werden soll, bei dem ein Mindestanteil in nachhaltige Investitionen angelegt werden soll. Eine nachhaltige Investition setzt insoweit voraus, dass sie in eine nachhaltige Wirtschaftstätigkeit erfolgen muss, d.h. eine Wirtschaftstätigkeit, die einen Beitrag zur Verwirklichung von Nachhaltigkeitsfaktoren (sog. Environmental-, Social- und Governance (kurz: ESG) Faktoren), wie beispielsweise Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmerbelange, Diversität, Achtung der Menschenrechte und Bekämpfung von Korruption und Bestechung.

Alternativ kann der Kunde auch bestimmen, dass zumindest die wichtigsten nachteiligen Auswirkungen auf ESG-Faktoren berücksichtigt werden sollen.

Berücksichtigung im Rahmen der Geeignetheitsprüfung

Konkret sollen die Nachhaltigkeitspräferenzen des Kunden bei der vom WpDU oder dem Finanzanlagenvermittler durchzuführenden Geeignetheitsprüfung berücksichtigt werden. Diese ist erforderlich, bevor das WpDU oder der Finanzanlagenvermittler eine Anlageempfehlung gegenüber dem Kunden abgeben darf.

Der Prozess der Geeignetheitsprüfung lässt sich grob in zwei Schritte gliedern: Nachdem in einem ersten Schritt alle relevanten Informationen über den Kunden eingeholt wurden (sog. „Kundenexploration“), erfolgt in einem zweiten Schritt die Beurteilung der Geeignetheit eines Finanzinstruments für den konkreten Kunden.

Die im Rahmen der Kundenexploration einzuholenden Informationen werden in aller Regel mittels eines Kundenfragebogens („WpHG-Fragebogen“) eingeholt. Auf diesem Fragebogen kann der Kunde zB angeben, über welchen Zeitraum er sein Kapital anlegen möchte oder wie hoch seine Risikobereitschaft bei der Anlage ist. Neu hinzu kommen nun Fragen nach den Nachhaltigkeitspräferenzen, d.h. ob der Kunde Nachhaltigkeitspräferenzen hat und – wenn „ja“ – wie genau er sich diese vorstellt. Selbstverständlich kann der Kunde aber auch angeben, dass er keine Nachhaltigkeitspräferenzen hat.

In einem zweiten Schritt ist im Rahmen der Beurteilung der Geeignetheit eines Finanzinstruments in Bezug auf den konkreten Kunden ein sog. Zielmarktabgleich vorzunehmen. WpDU, die Finanzinstrumente konzipieren („Konzepteure“), sind gemäß § 80 Abs. 9 S. 3 WpHG verpflichtet, einen bestimmten Zielmarkt für von ihnen konzipierte Finanzinstrumente festzulegen. Im Rahmen des Zielmarktabgleichs muss der vom Konzepteur bestimmte Zielmarkt mit den Präferenzen des Kunden abgeglichen werden. Stimmt der Zielmarkt letztlich nicht mit den Präferenzen des Kunden überein, ist der Kunden entsprechend hierüber aufzuklären und ggf. vor der Anlage in das Finanzinstrument zu warnen. Stimmt zB der Zielmarkt eines Finanzinstruments nicht mit den abgefragten Nachhaltigkeitspräferenzen des Kunden überein, ergibt sich daraus zumindest ein erhöhter Begründungsaufwand für das WpDU oder den Finanzanlagenvermittler, warum das Finanzinstrument dennoch für den Kunden geeignet sein soll, wenn nicht sogar ein (faktisches) Verbot der Empfehlung des Finanzinstruments. Der Kunde darf in diesen Fällen gleichwohl investieren; WpDU oder Finananlagenvermittler sollten diesen Prozess jedoch dann besonders sorgfältig dokumentieren.

Wer ist Adressat der neuen Vorgaben?

Die Berücksichtigung der Nachhaltigkeitspräferenzen des Kunden ist Bestandteil der Geeignetheitsprüfung und daher in erster Linie relevant für Finanzanlagenvermittler, die Anlageberatung und WpDU, die Anlageberatung oder Finanzportfolioverwaltung für Kunden erbringen.

Mittelbare Auswirkungen auf Konzepteure

Konzepteure müssen dabei den Kreis der Kunden bestimmen, mit deren Bedürfnissen, Merkmalen und Zielen das Finanzinstrument im Einklang steht. Umgekehrt sind ebenfalls Kundengruppen zu bestimmen, mit deren Bedürfnissen, Merkmalen und zielen das Finanzinstrument nicht vereinbar ist. Konzepteure sind daher zwar nicht unmittelbar dazu verpflichtet, Nachhaltigkeitspräferenzen der Kunden zu berücksichtigten, sollten aber im Hinblick auf die Bedürfnisse und Ziele potentieller Kunden künftig auch Nachhaltigkeitsaspekte berücksichtigen, um so bestimmen zu können, ob das Finanzinstrument für potenzielle Kunden mit bestimmten Nachhaltigkeitspräferenzen passend ist oder nicht.

Fazit und Ausblick

Die neue Pflicht zur Berücksichtigung von Nachhaltigkeitspräferenzen bei der Kapitalanlage spiegelt die wachsende Bedeutung des Themas Nachhaltigkeit in der Gesellschaft allgemein wider. Da nun gezielt nach den Nachhaltigkeitspräferenzen der Kunden gefragt werden muss, dürfte wohl insgesamt zu erwarten sein, dass die Zahl nachhaltiger Investitionen steigen wird.

Für die Akteure bedeutet die neue Pflicht einen zusätzlichen Aufwand, da WpDU und Finanzanlagenvermittler nun ihre Kundenfragebögen anpassen müssen. Auch Konzepteure von Finanzinstrumenten müssen ihre Produktfreigabeverfahren im Hinblick auf die Zielmarktbestimmung anpassen.


Jan Herrmann – Rechtsanwalt, Osborne Clarke

Jan Herrmann

Jan Herrmann ist Koautor des Beitrags, Der Rechtsanwalt bei Osborne Clarke in Köln berät nationale und internationale Unternehmen im Finanzaufsichtsrecht. Zu seinen Schwerpunkten gehören die Strukturierung von alternativen Investments wie geschlossene Investmentfonds und Crowdfunding sowie ICOs/STOs und das Zahlungsverkehrsaufsichtsrecht. Jan Herrmann veröffentlicht regelmäßig Fachbeiträge, unter anderem auf dem Osborne Clarke FinTech Blog.

Über den Autor

Tanja Aschenbeck

Tanja Aschenbeck, LL.M. (San Francisco), ist Rechtsanwältin und Partnerin bei Osborne Clarke. Sie leitet deutschlandweit den Sektor Financial Services. Sie berät nationale und internationale Konzerne, Banken und junge Unternehmen, einschließlich FinTechs, im Bereich des Kapitalmarkt- und Finanzaufsichtsrechts. Sie ist zudem auf die Beratung im Zahlungsverkehrs- und sonstigen Aufsichtsrecht für Zahlungsdienstleister und Industrieunternehmen spezialisiert. Sie ist Co-Autorin des „Rechtshandbuchs digitale Finanzdienstleistungen“ sowie Autorin zahlreicher Beiträge in juristischen Fachzeitschriften und einschlägigen Branchenwerken. Sie leitet zudem den Osborne Clarke FinTech Blog.

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