Acht Thesen für einen erfolgreichen digitalen Wandel

Digitalisierung ist kein Selbstzweck

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Die Digitalisierung beherrscht wie kein zweites Thema die Schlagzeilen der Finanzbranche. Über den Drang, „dabei zu sein“, geraten die entscheidenden Fragen manchmal aus dem Blick. Der Finanzplatz Hamburg hat dazu ein Thesenpapier veröffentlicht.

Chancen der Digitalisierung für Finanzdienstleister

Banken und Sparkassen müssen die Chancen der Digitalisierung nutzen
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Die Digitalisierung führt zu einem rasanten Wandel in den Geschäftsmodellen der Finanzbranche. Wie in vielen anderen Branchen auch sind fast alle ihrer Leistungen digitalisierbar. Neue Kundenerwartungen und technische Möglichkeiten sind geeignet, die tradierten Geschäftsmodelle erodieren zu lassen, bieten aber auch Chancen für neue Kundenbeziehungen. Insbesondere die systematische Auswertung von Kundendaten eröffnet neue Möglichkeiten der Produktgestaltung. So sehr allerdings die Prognose eines tief greifenden Wandels in der Branche zum Allgemeingut gehört, so unklar sind die mittel- bis langfristigen Entwicklungen und Konsequenzen.

Vertrauen und Kundennutzen müssen im Mittelpunkt stehen

Klar ist dagegen: Nur wer sich den neuen Anforderungen stellt und eine digitale Strategie verfolgt, hat auch die Chance, im Markt zu bestehen und neue Geschäfte zu machen. Die Digitalisierung muss Chefsache sein. Ich glaube, selten passt das Zitat eines Managers der Konsumgüterindustrie besser als jetzt: „Man darf den Wandel nicht einfach als etwas präsentieren, das ganz nett wäre. Er muss eine Überlebensfrage sein.“ (David Swanson, Procter & Gamble).  Doch trotz dieses fundamentalen Wandels sollte sich die Finanzbranche auf die zentralen Werte besinnen, ohne die kein Finanzgeschäft Erfolg haben kann: Vertrauen und Kundennutzen müssen mehr denn je im Mittelpunkt unseres Handelns stehen.

Acht Thesen für einen erfolgreichen digitalen Wandel

Der Finanzplatz Hamburg befasst sich seit 2014 intensiv mit der Digitalisierung, deren erfolgreiche Gestaltung von entscheidender Bedeutung für den Finanzstandort ist. Ziel des Vereins ist es, Hamburg als Finanzplatz zu stärken, so dass den Unternehmen in der Region ein breites Angebot an Finanzdienstleistungen zur Verfügung steht.

Als Impuls für die öffentliche Debatte hat der Finanzplatz Hamburg acht Thesen für einen erfolgreichen digitalen Wandels erarbeitet. Sie sind das Ergebnis einer intensiven Diskussion der Mitglieder mit Vertretern aus der IT- und Medienbranche, aus dem Handel sowie aus Verbänden und Institutionen.

1. Finanzintermediäre werden auch künftig gebraucht

Die Digitalisierung macht Finanzintermediäre nicht überflüssig. Zwar werden sich die Formen der Kommunikation und die technische Abwicklung von Prozessen ändern, aber ein funktionsfähiges Finanzsystem kann nicht Programmierern und Algorithmen überlassen werden. Es braucht weiterhin ordnende Akteure, die Risiken übernehmen und Verantwortung tragen.

2. Digitalisierung ist kein Selbstzweck

Über die Begeisterung für technische Möglichkeiten oder den Drang, „dabei zu sein“, wird oft das Entscheidende vergessen: Der Nutzen für den Menschen, denn nach wie vor sind es Menschen, die Finanzdienstleistungen nachfragen. Zentrale Motivation für neue Angebote sollte daher der Nutzen für Kunden und Mitarbeiter sein – sei es durch einfachere und schnellere Prozesse, neue, individualisierte Angebote oder niedrigere Kosten.

3. Digitalisierung muss zu Ende gedacht werden

Die Digitalisierung der Finanzbranche steht erst am Anfang. Trotz zahlreicher neuer Angebote beschränken sich digitale Lösungen oft noch auf kundenfreundliche Frontends, insbesondere bei Angeboten für Endkunden. Wichtiger sind aber die dahinter stehenden Prozesse. Für deren erfolgreiche Umsetzung sind oft organisatorische Änderungen in den Unternehmen notwendig.

4. Online und Offline intelligent verzahnen

Der digital geprägte Kunde möchte Finanzdienstleistungen sofort, überall, bequem und nach seinen Vorstellungen. Er ist anspruchsvoll und wird durch die Nutzung digitaler Ressourcen ohne Beratungsbedarf unabhängiger. Grundsätzliche Loyalität zu Institutionen ist ihm fremd. Ein zentraler Erfolgsfaktor für Anbieter wird es daher sein,  Online- und Offline- Angebote im Sinne eines nutzerfreundlichen Angebotes intelligent zu verzahnen.

5. Renaissance der Beratung

Der rasante Wandel von Prozessen und die unklaren Auswirkungen durch die Digitalisierung führen zu Ängsten bei Kunden und Arbeitnehmern der Finanzbranche. Die Chance für beide liegt in einer Renaissance der Beratung, denn bei vielen Aspekten ist auch künftig die persönliche Expertise und Beratung eines „echten“ Menschen erforderlich oder gewünscht.

6. Miteinander statt „Entweder – Oder“

FinTechs und etablierte Institute können voneinander profitieren – FinTechs sind meist besser in der Gestaltung kundenorientierter Prozesse und Schnittstellen, der Auswertung von Daten und der gezielten Kundenansprache, etablierte Institute haben Vorteile im Umgang mit regulatorischen Vorgaben, im Datenschutz und in der Vielfalt ihrer Leistungen. FinTechs und etablierte Institute werden einander durch Kooperationen annähern. Der Unterschied wird künftig im Wesentlichen in der Breite des Angebotes und der Tiefe der Wertschöpfung liegen.

7. Gleiche Geschäfte  in gleicher Weise regulieren

Der öffentliche Ordnungsrahmen muss zu den Realitäten passen. Von daher sind eine laufende Prüfung der Regulierung ebenso wie Augenmaß bei neuen Maßnahmen notwendig. Eine spezielle „FinTech-Regulierung“ ist jedoch nicht erforderlich. Jedes Unternehmen, das am Markt auftritt – sei es ein etablierter Anbieter oder ein FinTech-Start-up – muss sich mit gleichen Angeboten der gleichen Regulierung unterwerfen.

8. Vertrauen stärken

Über die drängenden Herausforderungen der Digitalisierung sollten Finanzunternehmen nicht weitere zentrale Aspekte für ihre Branche aus den Augen verlieren. Ihre Akzeptanz basiert auf Vertrauen, das in den letzten Jahren auf gesellschaftlicher Ebene massiv Schaden genommen hat. Finanzdienstleistungen sollen den Unternehmen und den Menschen dienen.

Sie teilen unsere Thesen? Wir haben etwas vergessen? Oder bei Ihnen regt sich Widerstand? Wir freuen uns über Ihre Nachricht an info@finanzplatz-hamburg.com

 

Dieser Beitrag von Dr. Harald Vogelsang erscheint in seiner Funktion als Vorsitzender des Finanzplatz Hamburg e.V.

Über den Autor

Dr. Harald Vogelsang

Dr. Harald Vogelsang ist seit 2007 Sprecher des Vorstands der Hamburger Sparkasse. Nach einer Banklehre bei der Commerzbank und dem Jurastudium an der Universität Hamburg startete er 1991 bei der Hamburger Sparkasse, wurde 1999 Leiter der Vertriebsregion Süd und 2000 Privatkundenvorstand. Er ist zudem seit 2010 Mitglied im Vorstand des Finanzplatz Hamburg e.V., dessen Vorsitz er 2013 übernahm.

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2 Kommentare

  1. Avatar

    Hallo Herr Mehler Danke für Ihr kritisches Feed-back zum Artikel von Herrn Vogelsang in Ihrem Blog. Dort haben Sie leider keine Kommentarfunktion. Beiträge wie dieser (er war ja ausdrücklich als „Thesen“ gekennzeichnet) leben von der Diskussion über sie . Und die Diskussion über FinTech und FinTechs wird weitergehen und es ist gut, wenn es dazu unterschiedliche Meinungen gibt. VG Hansjörg Leichsenring

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