Das Zeitalter des Plattform Bankings hat längst begonnen

Digitale Ökosysteme für Relevanz beim Kunden

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Immer mehr Verbraucher erwarten heute schnelle, unkomplizierte Lösungen aus einer Hand. Das können Banken nur dann bieten, wenn sie mit Partnern kooperieren und dabei die relevanten Schnittstellen besetzen. Sonst droht der Abstieg zum Service Provider oder sogar das Ende.

Digitale Ökosysteme im Banking sichern Relevanz beim Kunden

Die Teilnehme an digitalen Ökosystemen sichert Banken ihre Relevanz bei Kunden.

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Der entscheidende Treiber dieser Entwicklung zu Plattformen und digitalen Ökosystemen sind die Verbraucher selbst. In der digitalen Welt erwarten sie schnelle, unkomplizierte Lösungen aus einer Hand. Das Zauberwort für diese Kundenbedürfnisse heißt „One-click convenience“ – ein Mausklick eröffnet Zugang zu einer ganzen Welt von Produkten und Dienstleistungen.

Es geht für Unternehmen in dieser Plattformwelt nicht darum, alles selber machen zu müssen. Nicht jeder kann alles, und das ist auch nicht notwendig. Erfolgsentscheidend ist vielmehr, Kooperationen und Netzwerke mit anderen Anbietern zu schaffen, die den Kunden einen echten Mehrwert offerieren. Dies ist der Grundgedanke digitaler „Ökosysteme“. In solchen Konstellationen ergänzen sich die Angebote unterschiedlicher Marktteilnehmer, indem eine verzahnte Wertschöpfungskette aus unabhängigen Partnern aufgebaut wird, deren Dienstleistungen und Produkte sich sinnvoll ergänzen. Kunden erhalten über das entsprechende Ökosystem den angestrebten kompakten Zugang zu unterschiedlichsten Dienstleistungen.

Ökosysteme bieten Mehrwert

Das mag einfach klingen, bedeutet für Unternehmen in der Praxis aber den Abschied von festen und liebgewonnenen Strukturen. Das neue Gebot lautet „Kooperation statt Silo, Öffnung statt Abschottung“. Wer ein relevanter Bestandteil von Ökosystemen werden möchte, kommt nicht umhin, sich Drittanbietern zu öffnen und zu diesen Schnittstellen einzurichten, auch wenn es sich dabei zumindest in Teilbereichen um Mitbewerber handelt. Anders kann die von den Kunden als selbstverständlich erwartete Lösung aus einer Hand nicht erreicht werden.

Diese Erwartungshaltung besteht auch bei einer wachsenden Zahl von Bankkunden, die bereit sind, ihre Bankverbindung auf bankfremden Plattformen zu nutzen. Dazu trägt sicherlich bei, dass Bankprodukte als Commodities gelten, als Unterscheidungsmerkmal also nicht mehr taugen.

Differenzierung durch Customer Experience

Für die Banken liegt das entscheidende Differenzierungsmerkmal stattdessen in der Customer Experience, die sie bieten. Diese Customer Experience basiert zum einen auf einfach zu nutzenden, transparenten und exzellenten Produkten und Dienstleistungen.

Zugleich geht es darum, die technischen Möglichkeiten der Digitalisierung zu nutzen, um den Kunden individuellen Mehrwert zu bieten. So ermöglichen dynamisierte Webauftritte, hochpersonalisierte und damit relevante Inhalte auszuspielen. Ein Broker-Kunde, der Wertpapiere mit außergewöhnlichen Kursbewegungen automatisch angezeigt bekommt, wird seine Bank als wertvollen, unentbehrlichen Begleiter in seinem Finanzalltag wahrnehmen.

Beyond Banking ist der Schlüssel zum Erfolg

Allerdings reichen solche Angebote allein für eine nachhaltige Kundenbindung in der Plattformwelt längst nicht mehr aus. Dafür muss auch eine Bank Zugang zu den Leistungen anderer Anbieter ermöglichen, die über die eigenen Dienstleistungen und Produkte hinausgehen. Der entscheidende Erfolgsfaktor liegt dabei in Beyond Banking-Angeboten.

Banken müssen also die historisch gewachsene „Komfortzone“ klassischer Bankleistungen verlassen und bereit sein, Kunden in sämtlichen Lebenssituationen, in denen es in irgendeiner Weise um Finanzthemen geht, Angebote zu vermitteln, welche diese nicht ablehnen können. Andernfalls riskieren sie, für ihre Kunden irrelevant zu werden und ihre Daseinsberechtigung zu verlieren.

Chancen für schnelle und kreative Banken

Dieser Anspruch ist denkbar hoch. Denn es bedarf erheblicher Anstrengungen, sich als der Go2Place für sämtliche Fragen der Menschen rund um Finanzen zu etablieren angesichts der großen Zahl von Mitbewerbern in einem hochdynamischen Marktumfeld. Egal, ob es um den Erwerb eines Eigenheims, des Traumautos oder einfach um modernes, einfaches Management von Finanzen geht – die von den Kunden benötigte Finanzierungslösung sollte immer nur einen Mausklick entfernt sein. Und dieser Mausklick sollte konsequent auf die Website ihrer Bank führen.

Beispiel Vermögensverwaltung: Die Online-Vermögensverwaltung von Scalable Capital wurde im September 2017 in das Online-Banking der ING Deutschland integriert. Das Angebot wurde seitdem sehr gut angenommen. Auch der Zugang zu einer digitalen Steuererklärung bietet für Bankkunden einen attraktiven Mehrwert. Für Immobilienbesitzer interessant ist die Vermittlung von digitalaffinen Maklern, die kostenlose Wertgutachten erstellen und beim Verkauf der Immobilie behilflich sind. Mit solchen Angeboten erhöht eine Bank ihre Relevanz für die Kunden und profiliert sich als erster und im Idealfall einziger Ansprechpartner für alle Finanzthemen. Zugleich verbreitert sie ihre Einkommensbasis – im aktuellen Zinsumfeld ein nicht zu unterschätzender Faktor.

Die Entwicklung bietet mutigen, schnellen und kreativen Banken viele Chancen. Für Kreditinstitute insgesamt ist sie dennoch in vielerlei Hinsicht zugleich auch eine Herausforderung. Nicht zuletzt deshalb, weil solche Ökosysteme im Gegensatz zur Bankenlandschaft nicht mehr national geprägt, sondern international aufgestellt sind. Echter Kundenkomfort bedeutet daher, ein Angebot zur Verfügung zu stellen, das Kunden aus Frankreich, UK oder Deutschland gleichermaßen annehmen können. Plattform Banking kennt also im wahrsten Sinne des Wortes keine Grenzen.

Ähnliche Situation im Firmenkundengeschäft

Im Wholesale Banking verhält es sich ähnlich. Die handelnden Personen auf Firmenkundenseite übertragen ihre Erfahrungen und Erwartungen als private Bankkunden auf ihre beruflichen Aufgaben. Das bedeutet: Die Convenience, die sie von ihren privaten Bankgeschäften gewohnt sind, erwarten sie auch von ihrem Finanzpartner im beruflichen Umfeld.

Hinzu kommt, dass die Firmenkunden selber vor der Herausforderung stehen, ihrerseits Teil von Ökosystemen zu werden und zu bleiben. Besonders bei der Betreuung und Begleitung von großen Unternehmen erweist es sich daher als hilfreich, wenn die Hausbank aus eigener Erfahrung ein tiefes Verständnis für die Herausforderungen und Chancen von Ökosystemen mitbringt.

Fazit: Banken müssen in Ökosystemen aktiv sein

Die Frage für die Banken lautet nicht: Kommen digitale Ökosysteme, oder kommen sie nicht? Das ist längst beantwortet. Die entscheidende Frage für jede einzelne Bank heißt vielmehr: Wie kann sie ein aktiver Teil der für ihre Kunden wichtigen Ökosysteme werden? Und besetzt sie dafür die richtigen Schnittstellen zu den passenden Drittanbietern?

Kreditinstitute, welche nicht bereit oder in der Lage sind, sich entsprechend weiterzuentwickeln, gehen das hohe Risiko ein, nur noch nachgelagerter Serviceprovider zu werden oder im schlimmsten Fall sogar verzichtbar zu werden und damit ihre Geschäftsgrundlage zu verlieren.

Über den Autor

Laura Wirtz

Laura Wirtz ist Head of Strategy der ING-DiBa AG. Sie ist verantwortlich für die Entwicklung und Umsetzung strategischer Initiativen einschließlich der agilen Transformation der Bank. Sie verfügt über 15 Jahre Erfahrung im Bankensektor mit tiefgehender Expertise im Privatkunden- und Firmenkundengeschäft.

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