Roboter im Back Office: Die Zeichen stehen auf RPA

Robotic Process Automation auf dem Vormarsch

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Robotic Process Automation (RPA) macht das Back Office von Finanzdienstleistern zu digitalen Montagehallen. Das ermöglicht enorme Effizienzgewinne bei überschaubaren Investitionen. Ein Trend, der sich durchsetzen wird.

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Menschen vor PCs, das ist die Arbeitsrealität im Back Office von Finanzdienstleistern. Daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern. Aber dann werden diese Mitarbeiter nur noch hochkomplexe, individuelle Fälle bearbeiten. Virtuelle Assistenten werden lästige Arbeiten wie das Eintippen und Abgleichen von Daten vollständig übernommen haben. RPA – Robotic Process Automation macht es möglich.

RPA ist eine Automatisierungssoftware, die menschliche Handlungen imitiert, um einen Prozess durchzuführen. Diese Software übernimmt Tastatureingaben und Mausklicks und kann damit Medienbrüche zwischen IT-Anwendungen überbrücken. Ein Beispiel: Kundendaten müssen von einer Datenbank in eine andere übertragen werden. Bei Arbeitsschritten an Medienbrüchen, die häufig vorkommen und bei denen die Daten digital und strukturiert vorliegen, bietet sich Robotic Process Automation an. RPA ist die Automatisierungslösung, wenn zwischen IT-Systemen schlicht Schnittstellen fehlen, die nicht nachgerüstet werden, weil dies zu teuer, zu komplex oder zu langwierig in der Umsetzung wäre.

Der Software-Roboter arbeitet komplett eigenständig nach vorgegebenen Regeln. Nur in festgelegten Ausnahmefällen wird ein Mitarbeiter angesprochen, der sich dann mit dem Arbeitsschritt befasst. Die Roboter können Arbeiten übernehmen, für die ausgebildete Banker massiv überqualifiziert sind, die aber erledigt werden müssen. Ziel ist, dass sich der Mensch nur noch strategischen Fragen, wie dem Entwickeln neuer Geschäftsideen und dem Kundenbeziehungsmanagement widmet.

Junge Technologie des neuen Jahrtausends

RPA in der heutigen Form ist eine junge Technologie. Jedoch bestehen die bekannteren RPA-Tools bereits seit Anfang des Jahrtausends (BluePrism 2001, Automation Anywhere 2003). Aus ihrer Entstehungsgeschichte heraus haben die Tools ihre Stärke in einer speziellen Form der Automatisierung entwickelt, zum Beispiel in der Bedienung von Web-Oberflächen oder von Anwendungen über Citrix.

Screen Scraping, dem Mitschneiden von Bildschirminformationen, und Script Automation, der Umsetzung einer fest definierten Menge von Schritten, sind Vorläufer der RPA. Aus der Synthese der beiden Technologien konnten die Softwareroboter entstehen. Heutige Technologien ermöglichen darüber hinaus Oberflächensteuerungen verschiedenster Anwendungen.

Zukunftsmission: Softwarerobotern künstliche Intelligenz einhauchen

Von einer anderen Seite betrachtet, ist RPA die Erweiterung von Workflow Management Systemen um die Möglichkeiten der Oberflächenautomation. Die Software-Roboter erweitern die automatische Ablaufsteuerung eines Prozesses um die maschinelle Oberflächenbedienung. Per Definition ist intelligente Ablaufsteuerung und Entscheidungsfähigkeit der Kern von Robotic Process Automation. Eine Entwicklungschance für RPA ist Cognitive Software: Bei dieser Erweiterung wird Künstliche Intelligenz in die Prozessbearbeitung integriert.

RPA weltweit auf dem Vormarsch

Branchenübergreifend ist RPA bereits bei der Automatisierung von Back Office-Prozessen verbreitet im Einsatz. Dabei handelt es sich um meist regelbasierte und oft replizierbare Tätigkeiten. Diese Prozesse eignen sich besonders gut für den Einstieg in die Automatisierung, weil großes Einsparpotenzial besteht und schnell und ohne große Kapitalausgaben ein großer Nutzen erzielt werden kann.

Die Unternehmen versprechen sich von RPA einiges. Als Optimierungsziele werden Zeit- und Ressourceneinsparungen von bis zu 80 Prozent genannt. Vor allem durch die hohe Verbreitung teils überalterter Kernbanksysteme, die nicht ohne Weiteres nachgerüstet werden können, entsteht hohes Potenzial. Dank RPA, das an der Benutzeroberfläche ansetzt, wird die Automatisierung auf einfache Weise möglich. Die Investitionen sind vergleichsweise gering – auch weil die vorhandene IT-Infrastruktur davon unberührt bleibt.

Die Betrachtung von Studien und Markteinschätzungen etablierter Beratungshäuser und RPA-Hersteller weltweit zeigt, dass branchenübergreifend mit einem zunehmenden Einsatz von RPA-Software zu rechnen ist. RPA wird zudem immer bekannter. Je nach Studie geben 20 bis 40 Prozent der Unternehmen an, RPA bereits zu nutzen. Rund 70 Prozent planen ihren Einsatz. Der Trend geht zur Back Office-Automation: In Branchen, in denen umfangreiche Back Office-Prozesse zum Geschäft gehören, ist RPA besonders verbreitet. Beispiel dafür ist die Telekommunikationsbranche. Die Big-Player wie O2 und Vodafone haben eine umfangreiche Implementierung durchgeführt.

Idee der Roboterfabrik am Horizont

Spezielle Studien für den deutschen Finanzdienstleistungsmarkt sind nicht bekannt. Unsere Branchen-Beobachtung zeigt jedoch, dass das Interesse an RPA auch hierzulande sehr stark anzieht. Die Anzahl der Prototypen steigt, die Idee der Roboterfabrik nimmt Konturen an. Einzelne Anbieter haben sich auf die Unterstützung von Prozessen im Finanz- und Rechnungswesen spezialisiert, die große Mehrheit ist aber ohne fachlich konkreten Bezug zu speziellen Prozessen bei Finanzdienstleistern aktiv.

Dabei ist die Nachfrage vorhanden: Die Kreditinstitute optimieren seit Jahren konsequent ihre Prozesse und insbesondere ihre Kernprozesse. Weitere Effekte werden mit hoher Wahrscheinlichkeit dort nur noch durch Anpassungen an den IT-Systemen möglich sein. RPA kann dort ansetzen, wo Medienbrüche zwischen den Systemen bestehen.

Großbanken springen schneller auf RPA auf

Unsere Marktbeobachtung zeigt, dass sich die Großbanken eher mit RPA auseinandersetzen. Sparkassen und Volks – und Raiffeisenbanken sind dagegen noch eher zurückhaltend. Ein Grund dafür könnte sein, dass deren IT-Dienstleistungen zentral über Rechenzentren laufen und zugleich pro Institut tendenziell eher geringere Auftragsmengen als bei den Großbanken anfallen. Darin könnte eine Chance für deren Service-Dienstleister liegen: Mit RPA könnten mandantenspezifische Besonderheiten über verschiedene Systeme automatisiert werden. Die Diskussionen zeigen, dass sich die Service-Dienstleister ebenfalls verstärkt mit Automatisierung auseinandersetzen. Bei Privatbanken besteht der Vorteil, dass sie ihre IT unabhängig anpassen können und die Gesamtkomplexität leichter überschaubar ist. Sie können RPA mit geringem Overhead schnell und günstig zum Einsatz bringen.

Die Aussicht, durch den Einsatz von RPA eine Systemintegration mit hohem Nutzen erreichen zu können, wird die Motivation des Managements hoch halten, sich damit auseinanderzusetzen. Die Erfahrung wird zeigen, dass im Vergleich zu klassischer IT-Umsetzung Ergebnisse schneller und gezielter erreicht werden – und das bei minimalem Einfluss auf das existierende IT-Umfeld. Dadurch entstehen Spielräume, die für die Umsetzung anderer strategischer oder operativer Ziele genutzt werden können.

Fazit: Automatisierung auf breiter Front

RPA ist unzweifelhaft im Kommen. Bei den Finanzdienstleistern zeigt sich, dass das Interesse stark zunimmt. Die Häuser setzen erste Prototypen ein, die ersten Roboter gehen im Back Office an die Arbeit. Die Ergebnisse zeigen die gewünschten Effekte. Viele Institute nehmen deshalb die möglichst großflächige Automation in den Blick. Geldinstitute könnten zu Montagehallen für Finanzprodukte werden. Es wird sich zeigen, wer als Erstes diesen Nutzen realisiert und sich dadurch einen signifikanten Vorsprung in der Finanzdienstleistungsbranche erarbeiten kann.

Über den Autor

Dirk Dose

Dirk Dose ist Managing Consultant und Experte für Prozessautomatisierung bei der Hamburger Unternehmensberatung PPI AG. Als Träger des Master Black Belt Six Sigma leitet er Prozessveränderungsprojekte in Unternehmen der Finanzbranche.

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