DLT braucht nicht zwingend CBDC

Bundesbank-Trigger als Brücke zwischen DLT und TARGET2

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Wie können Blockchain-basierte Geschäfte in sicherem Zentralbankgeld ermöglicht werden, ohne dass digitales Zentralbankgeld (CBDC) benötigt wird? Die Deutsche Bundesbank und die Deutsche Börse haben gemeinsam mit der Finanzagentur und sechs Banken eine Lösung geschaffen.

Technische Brücke zwischen Blockchain und Zahlungsverkehr

Die Bundesbank hat zusammen mit der Deutschen Börse eine technische Brücke zwischen DLT und dem konventionellen Zahlungsverkehr gebaut.

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Die Distributed-Ledger-Technologie (DLT) hat das Potential, die Abwicklung von komplexen Geschäftsprozessen zu vereinfachen und die Transaktionskosten zu senken. Durch die ge­meinsame, praktisch fälschungssichere Datenbank werden Abstimmungsprozesse erleichtert und Folgeprozesse beschleunigt. Mittels Smart Contracts, welche die automatisierte Abwick­lung von Verträgen ermöglichen, kann die Digitalisierung der Wirtschaft erheblich beschleunigt werden.

Allerdings können via DLT nur digitale Werte, also digitale Token gehandelt werden. Neben der Tokenisierung der zu handelnden Vermögensgegenstände sollte auch die geldseitige Ab­wicklung rein digital gesteuert möglich sein. Das Ziel muss es sein, automatisierte synchrone Leistungs- und Geldströme zu ermöglichen. Erst die geldseitige Abwicklung schließt das Ge­schäft ab.

Tokenisiertes Geld als Lösung

Die Lösung für dieses Problem könnte tokenisiertes Geld sein. Die sogenannten Krypto-Token wie Ether eignen sich mangels Wertstabilität nicht als Geld. So entstand schon sehr bald die Idee, tokenisiertes Geld, entweder als Geschäftsbankengeld oder als Zentralbankgeld, zu schaffen. Gerade die Finanzindustrie benötigt für die Abwicklung von Großbeträgen in innova­tiven DLT-Umgebungen, etwa aus dem Handel mit Wertpapieren oder der Begebung von Schuldscheinen, ein sicheres tokenisiertes Medium.

Weltweit beschäftigen sich eine Vielzahl von Zentralbanken mit der Idee, digitales Zentral­bankgeld (CBDC) zu schaffen. Einige davon konzentrieren sich auf sogenanntes Wholesale-CBDC, bei dem Zentralbankgeld z. B. für Kapitalmarkttransaktionen an einen kleinen Nutzer­kreis – idealtypisch werden zunächst die Banken genannt, die bisher auch Zugang zu Zentral­bankkonten haben – ausgegeben wird. Bei Wholesale-CBDC werden die denkbaren Risiken von Retail-CBDC, die sich aus dem veränderten Zugang zu Zentralbankgeld ergeben, grund­sätzlich ausgeschlossen.

Retail-CBDC, also digitales Zentralbankgeld, das an Jedermann ausgegeben wird, könnte je nach Ausgestaltung zu einer stärkeren Substitution von Einlagen bei Geschäftsbanken durch CBDC führen. Das hätte Rückwirkungen auf die Intermediation im Finanzsektor, die Geldpolitik und die Finanzstabilität. Bei Retail-CBDC geht es zudem nicht nur um die Nutzbarkeit auf der DLT. Diese sogenannte Programmierbarkeit ist nur ein Motiv für digitales Geld. Das Eurosystem listet in seinem „Report on a Digital Euro“ eine ganze Reihe von Szenarien auf, in denen die Emission des Digitalen Euro geboten erscheinen könnte. Die Unterstützung der Digitalisierung der europäischen Wirtschaft ist eines der Szenarien. Die mit Retail-CBDC ver­bundenen Risiken ließen sich möglicherweise durch entsprechende Nutzungsbeschränkun­gen in den Griff kriegen. Allerdings dürfte die Schaffung von Retail-CBDC noch einige Jahre erfordern.

Trigger-Lösung als Ausweg

Um die Vorteile der DLT schnell nutzen zu können und ohne die Nachteile von CBDC in Kauf nehmen zu müssen, ist eine direkte technische Verbindung zwischen der DLT und dem kon­ventionellen Zahlungsverkehr denkbar. Die Deutsche Börse und die Deutsche Bundesbank haben gemeinsam eine solche Lösung entwickelt. Diese automatische Abwicklungsschnitt­stelle für elektronische Wertpapiere wurde zusammen mit der Finanzagentur des Bundes und mit weiteren Marktteilnehmern erfolgreich getestet.

Dabei wurden fiktive Bundesanleihen virtuell auf der DLT von der Finanzagentur emittiert und von Banken der Bietergruppe Bundesanleihe erworben. Beim Erwerb auf der sogenannten Assetchain, die von der Deutsche Börse entwickelt und betrieben wurde, werden die Wertpa­piere zunächst einem Transaktionskoordinator, der wie ein virtueller Treuhänder fungiert, über­geben. Er triggert dann die geldseitige Abwicklung.

DvP in Zentralbankgeld

Die geldseitige Abwicklung sowohl der Primärmarkttransaktion als auch der folgenden Sekun­därmarkttransaktionen zwischen den Banken erfolgte über die von der Bundesbank ent­wickelte Triggerchain, auf der die Banken Knoten betreiben können. Die Bundesbank als Ad­ministrator der Triggerchain prüft bei eingehenden Zahlungsaufträgen die Berechtigung. Kon­kret können nur Banken mit einem Konto in TARGET2 die Zahlung autorisieren. Die Zahlungs­anweisung wird dann von der Bundesbank an TARGET2 gegeben und dort ausgeführt.

Nach erfolgreicher Abwicklung sendet die Bundesbank eine signierte Zahlungsbestätigung zu­rück an die Assetchain. Daraufhin gibt der Transaktionskoordinator die Wertpapiere auf der Assetchain für den Käufer frei. Im Falle einer Nichtbestätigung gibt der Transaktionskoordina­tor die Wertpapiere zurück an den Verkäufer. So gewährleistet die Trigger-Lösung eine DvP-Abwicklung in Zentralbankgeld, ohne digitales Zentralbankgeld zu benötigen. Das Erfüllungs­risiko der Beteiligten wird minimiert ohne ein neues Kreditrisiko einzugehen.

Nutzung bestehender Infrastrukturen – Erweiterung möglich

Der Vorteil der Trigger-Lösung liegt auch darin, dass die bestehende Infrastruktur des Zah­lungsverkehrs genutzt wird. Die Geldseite findet von Anfang an im voll regulierten und über­wachten Bereich statt. Es ergeben sich keine neuen Aufsichts- oder Compliancefragen. Zu­dem bleibt der Zugang zu Zentralbankgeld unverändert. Dadurch wird die Geldpolitik sowie die Finanzstabilität nicht tangiert. Eine solche Lösung bedeutet technisch lediglich eine neue Schnittstelle zu TARGET2 und kann – verglichen mit CBDC – relativ schnell technisch umge­setzt werden.

Es gibt weitere Institutionen, die an einer technischen Brücke zwischen der DLT und dem kon­ventionellen Zahlungsverkehr arbeiten. Zum Teil erfolgt dies durch Geschäftsbanken, die eine Abwicklung von DLT-basierten Geschäften in Geschäftsbankengeld ermöglichen wollen, zum Teil durch andere Zentralbanken in ihren Währungsräumen wie die Schweizer Nationalbank (Projekt Helvetia).

Triggerchain kommt ohne CBDC aus

Grundsätzlich soll die Triggerchain für verschiedene Assetchains offen sein. Dies gilt in tech­nischer Hinsicht – beide Netzwerke müssen lediglich miteinander kommunizieren können. Dies gilt noch mehr in geschäftlicher Hinsicht. Die Assetchain muss natürlich von einer ver­trauenswürdigen Institution betrieben werden. Es können auch Geschäfte von Unternehmen dort abgewickelt werden. In diesem Fall müssten die Banken über ihren Knoten auf der Trig­gerchain noch die Zahlung autorisieren, da nur Banken über Konten in TARGET2 verfügen.

Die Triggerchain kann also die geldseitige Abwicklung von DLT-basierten Geschäften in Zent­ralbankgeld sicherstellen, ohne dass digitales Zentralbankgeld geschaffen wird. Viele Ge­schäftsfälle von Finanzinstituten und Unternehmen, für welche digitales Geld benötigt wird, kann somit abgedeckt werden. Die Trigger-Lösung könnte damit ein sinnvolles Komplement zu Retail-CBDC sein.

Über den Autor

Martin Diehl

Martin Diehl arbeitet als Analyst für Finanzmarktinfrastrukturen bei der Deutschen Bundesbank. In zahlreichen Publikationen hat er Fragen der Stabilität und Effizienz von Zahlungssystemen und anderen FMI erörtert. Seit über fünf Jahren beschäftigt er sich mit der Analyse von Krypto-Token, Blockchain und DLT und natürlich digitalem Geld.

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