Sind FinTech-Unternehmen eine reale Bedrohung für Banken?

Aufbrechen der Wertschöpfungskette und die Folgen

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Geschäftsvolumen und Marge nehmen ab und FinTech Unternehmen atomisieren Bankdienstleistungen – verschiedene Faktoren machen der Bank von heute zu schaffen. Jede Bank muss nun einschätzen, wie diese Entwicklungen zu bewerten sind und daraus eine eigene Strategie entwickeln.

FinTech Start-ups im Vormarsch

Innovative FinTech Start-ups fordern die etablierten Banken und Sparkassen auf verschiedenen Geschäftsfeldern heraus
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Banken sind träge Gebilde, die dem Untergang geweiht sind – zu Fall gebracht von kleinen, agilen FinTech-Unternehmen, welche alles besser machen und Digitalisierungs-Services erbringen, von denen die Kunden bisher nicht zu träumen wagten. Diesen Eindruck erhält man, wenn man die einschlägige Fachpresse und Blogs verfolgt. Doch was steckt wirklich hinter der Entwicklung? Hype oder reale Bedrohung?

Banken sind angreifbar

Drei Faktoren machen heute die Banken angreifbar:

  • Die Technologie macht die Rolle der Banken als Intermediär (Zahlungsverkehr, Zinsdifferenz) eigentlich überflüssig. „Maschinen“ können sehr viel effizienter zwischen Anlegern und Kreditsuchenden vermitteln, Preisbildungsmechanismus inklusive. Und mit Hilfe der Blockchain-Technologie braucht es niemanden mehr, der ein „Kontobuch“ führt, in welchem Transaktionen zentral vermerkt werden.
  • Die Technologie ermöglicht auch eine Disaggregation der Wertschöpfungskette, d.h. Teile der Wertschöpfung (Vertrieb) werden von anderen Markteilnehmern erbracht und so die Banken in die Rolle eines Produktlieferanten oder Abwicklers zurückgedrängt.
  • Die Kundenschnittstelle für Finanzdienstleistungen ist heute nicht mehr exklusiv bei den Banken. Plattformen mit viel Traffic wie z.B. Facebook und Google werden zu einer realen Bedrohung, da sie Zugang zu einer beinahe unendlichen Zahl von Kunden haben und über ein schier unerschöpfliches Wissen über diese Kunden verfügen.

FinTech atomisiert das Banking-Business

Doch wie funktionieren diese FinTech-Unternehmen überhaupt? Was lässt die Startups so bedrohlich wirken? Vier Entwicklungen sind letztlich dafür verantwortlich:

  1. Kein FinTech-Unternehmen dieser Welt will zur Universalbank werden, sondern die Bankdienstleistungen werden in die einzelnen Bestandteile atomisiert. Dabei kann zwischen der vertikalen und horizontalen Disaggregation unterschieden werden. Die zumeist jungen Unternehmer versuchen eine einzelne Dienstleistung oder einen Teil der Wertschöpfungskette besser, effizienter und komfortabler zu erbringen – günstiger sind sie dabei immer als die etablierten Dienstleister.
  2. Das Bankgeschäft steht vor einer technologischen Erneuerung. Das Banking von heute unterscheidet sich kaum von demjenigen aus den Anfängen des Bankgeschäfts. Prozesse wurden zwar im Verlaufe der Jahre effizienter gestaltet, der Automatisierungsgrad wurde erhöht – aber die Geschäftsmodelle und die Mechanismen des Bankgeschäfts haben sich nicht grundlegend verändert. Genau dies passiert im Moment mit neuen Lösungsansätzen wie P2P oder Crowdlending und mit der Blockchain. Banken werden damit in ihren Kerngeschäften Zahlungsverkehr, Kreditvergabe und Anlagegeschäft bedroht.
  3. Die Technologie hat die Eintrittshürden für Challenger markant gesenkt. Neue Angebote können schnell und unkompliziert lanciert werden, so lange sie mit den Regulatorien konform sind und nicht auf einer Banklizenz beruhen. Doch gerade im Vermittlungsgeschäft oder in der Aggregation von Angeboten sind Geschäfte unter dem Radar des Regulators häufig problemlos möglich.
  4. Weltweit ist heute sehr viel Risikokapital vorhanden, Firmen mit gewinnträchtigen Ideen erlangen heute problemlos eine Finanzierung. Nachdem die Digitalisierung schon verschiedene Branchen umgewälzt hat, haben sich sehr viele junge Ingenieure und Risikokapitalgeber auf die Bankenbranche fokussiert, weil man sich hier das „next big thing“ erhofft.

Rückgang des Geschäftsvolumens und der Marge

Diese Entwicklungen verheissen in den nächsten 5-10 Jahren für die Banken keine goldene Zukunft. Einerseits wird das Geschäftsvolumen durch die neuartigen Angebote zurückgehen – aktuelle Schätzungen sprechen von 30%. Andererseits werden die Margen durch den erhöhten Wettbewerb massiv unter Druck kommen. Weiter werden grosse Anbieter vor allem im Bereich Payment versuchen, sich in den Markt zu drängen (Apple, Google, Facebook). Die Peer-to-Peer-Angebote haben das Potenzial, das Bilanzgeschäft der Banken zu unterminieren und die Blockchain wird die weltweiten Zahlungsflüsse neu konfigurieren. Man kann heute davon ausgehen, dass sich das Bankgeschäft mittel- bis langfristig stark wandeln wird – unter den Banken wird es dabei Gewinner und Verlierer geben.

Dies ist neu für viele Banken: Wer bisher die Marktrisiken (Zinsen, Börse, Fristentransformation) einigermassen im Griff hatte, konnte auf ein stabiles Geschäft blicken. Die meisten Banken haben auch heute noch hohe Marktanteile in ihrem Stammgebiet, de facto haben die meisten Institute eine Territorialstrategie. Doch nun stellen sich grundsätzliche strategische Fragen. Jede Bank muss zu einer Einschätzung kommen, wie obige Entwicklungen zu bewerten sind und daraus eine eigenständige Strategie entwickeln.

Aber: Wie jede Veränderung bietet auch dieser Prozess Chancen für diejenigen, welche den Mut aufbringen und ihre Zukunft aktiv gestalten, denn auch das Banking von morgen braucht Dienstleister, welche den Kunden beispielsweise…

  • … komplexe finanzielle Fragestellungen einfach erklären
  • … einen Kompass bieten durch das Wirrwarr der Vielzahl von Angeboten und (kleineren) Anbietern, welche es in Zukunft geben wird
  • … schnell helfen bei finanziellen Engpässen
  • … unterstützen bei Anlageentscheiden

Doch dazu muss das Management einer Bank zu einer eigenständigen Einschätzung gelangen, wie sich das Banking in Zukunft gestalten wird, welche Rolle man für das eigene Institut darin sieht und welche Positionierung angestrebt wird.

Die Weichen werden heute gestellt

In diesem sich laufend veränderndem Umfeld ist es essentiell, dass ein Bankinstitut eine aktive Rolle einnimmt und sich nicht passiv diesen Veränderungen ausliefert. Dazu gehören eine agile Unternehmenskultur, welche es der Bank ermöglicht, zu lernen und rasch zu reagieren sowie eine IT- und Softwarearchitektur, welche die Strategie unterstützen.

Eine (Digitalisierungs-)Strategie sollte dabei nicht im stillen Kämmerlein ausgearbeitet werden. Die Fenster müssen weit geöffnet werden, um neue Einflüsse zuzulassen, die Zusammenarbeit mit FinTech-Unternehmen zu suchen und sich von deren Unternehmergeist inspirieren zu lassen. Die Lerneffekte können sehr vielfältig sein:

  1. Lernen und verstehen, welche neuen Anwendungen von FinTech-Unternehmen entwickelt werden und diese Anwendungen in das eigenen Leistungsportfolio übernehmen
  2. Zusammenarbeit mit FinTech-Unternehmen, um möglichst nah an vielversprechenden Entwicklungen dabei zu sein
  3. Anpassung der meist trägen Prozessen, welche von den Kernbankensystemen geprägt sind, hin zu agilen und kurzen Zyklen, in denen man rasch lernt und weiterkommt

Um unseren Kunden Zugang zu neuen Innovationen zu bieten und um uns selbst immer wieder von der Kultur und dem Innovationgeist von jungen Unternehme(r)n inspirieren zu lassen, arbeiten wir von ti&m deshalb eng mit FinTech-Unternehmen zusammen und unterstützen diese bei der Realisierung ihrer Ideen.

Die Bankenlandschaft wird in den nächsten 5-10 Jahren eine Konsolidierungswelle erleben, welche durch die Digitalisierung verursacht wird. Nur wer heute die richtigen Weichenstellungen vornimmt, wird zu den Gewinnern gehören.

 

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Über den Autor

Stefan Rüesch

Rüesch digitalisiert seit 17 Jahren unterschiedliche Geschäftsfelder. Seit seinem beruflichen Start widmet er sich aus unterschiedlichen Perspektiven insbesondere der Digitalisierung von Finanzdienstleistern: Als Leiter einer digitalen Einheit einer Bank, als Strategieberater und als Banking-Verantwortlicher in einer Internet-Company, wo er neue Geschäftsfelder aufgebaut hat und nun als Principal Digital Banking bei ti&m.

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