Wege zur Befreiung vom Meeting-Wahnsinn

Bessere Kommunikation und Kulturwandel als Ziel

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Meetings und Telefonkonferenzen sind ein – auch bei vielen Finanzinstituten – weit verbreitetes organisatorisches Übel. Vielfach sind andere Wege der Kommunikation effizienter und fördern zudem den Kulturwandel zur agilen Organisation.

Meetings und Telefonkonferenzen als organisatorisches Übel

Viele Mitarbeiter und Führungskräfte sehen Meetings und Telefonkonferenzen als organisatorisches Übel.

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Meetings und Telefonkonferenzen sind – auch bei vielen Finanzinstituten – weit verbreitet. Allerdings stehen sie vielfach im Ruf, nicht nur ganze Abteilungen, sondern sogar ganze Unternehmen lähmen zu können. Im kürzlich an dieser Stelle veröffentlichten Beitrag über Meetings und Telefonkonferenzen als organisatorisches Übel habe ich darüber berichtet, wie Mitarbeiter und Führungskräfte an Fülle, Dauer und Inhalt vieler solcher mehr oder weniger sinnlosen Veranstaltungen verzweifeln. Resonanz auf und Zustimmung für diesen Artikel waren riesengroß.

In diesem Zusammenhang tun sich zwei Fragen auf:

  1. Wie kann man diesen innerbetrieblichen Missstand verändern?
  2. Wer kann eine Veränderung herbeiführen d.h. wer ist für eine vernünftige, zielführende und kundenrelevante Kommunikation in der Organisation verantwortlich?

Es kommt auf die Menge an

„Allein die Dosis machts, dass ein Ding kein Gift sei“

Paracelsus (1493–1541)

Zunächst muss festgehalten werden, dass interne Meetings durchaus ihre Berechtigung haben können. Dies gilt insbesondere immer dann, wenn Mitarbeiter informiert und motiviert werden sollen. In solchen Fällen sind Meetings gut angelegte zeitliche Investitionen.

Die Kritik richtet sich also nicht gegen Meetings an sich, sondern gegen die übertriebene Vielzahl und fehlende Effizienz der internen Veranstaltungen. Die Verantwortlichen sollten einmal darüber nachdenken, ob bilaterale Telefonate nicht in vielen Fällen wesentlich zielführender sind.

Weniger ist mehr

Auch Telefonkonferenzen können sehr wohl sinnvoll sein, besonders dann, wenn es um die zeitliche Überwindung der Distanz und damit um Einsparung von Reisezeiten und -kosten geht.

Hier ist es nicht allein die Menge, die Anlass zur Kritik gibt.  Kritisch zu sehen ist vielfach die viel zu hohe Anzahl der Teilnehmer, die in einem Call eingebunden sind. Ein Blick auf die Liste aller sich einwählenden Personen zeigt sehr schnell, wieviel kostbare Zeit bei Mitarbeitern, die nur mittelbar betroffen sind, vergeudet wird. In den allermeisten Fällen hätte ein kurzes bilaterales Telefonat vollkommen aus gereicht.

Zwang zur internen Absicherung

Fragt man nach den eigentlichen Ursachen solcher Zeitverschwendungen, so ist es sehr häufig der Zwang zur internen Absicherung, der vor allem bei hierarchischen Strukturen stark verbreitet ist. Treten nämlich bestimmte Ereignisse nicht so ein, wie es der Verantwortliche vorhergesagt hatte, so liegt es in der Natur des Menschen, dass dann eine Fülle schier unerschöpflicher Erklärungen herhalten muss. Dies auch, um von der eigenen (Fehl)Leistung abzulenken.

Absicherungskultur als Problem

Häufige Beispiele sind ein negativer Projektverlauf oder der unerwartete Verlust eines Auftrags. So entsteht eine regelrechte Absicherungskultur unter dem Motto „Die Anderen sind schuld!“ Das hat eine enorme Blindleistung zur Folge, denn entgegen der notwendigen Ressourcenschonung werden sehr viele unnütze Besprechungen und Meetings mit Rechtfertigungscharakter abgehalten.

Ohnehin werden sehr häufig Termine, die der eigenen Reputation dienen, viel wichtiger genommen, als Termine mit Kunden. Das gilt übrigens ganz besonders für Unternehmen, die dem Erfolg ein wenig hinterherlaufen. Hier dreht sich die (Erfolgs-)Spirale nach innen und nicht nach außen. Interne Meetings und die Suche nach Fehlern und Schuldigen häufen sich, der Kunde wird vernachlässigt. Frei nach dem Motto: „Wenn nichts mehr geht, gehen Unternehmen in sich!“

Kultur muss (vor-)gelebt werden

Kommen wir zur zweiten Frage: Wer leitet den entscheidenden Schritt zur Veränderung ein? Eigentlich ganz einfach: Meetingkultur und Absicherungskultur haben eines gemeinsam: In beiden Wörtern steckt der Begriff „Kultur“. Und Kultur muss gelebt werden und kann nicht so einfach verordnet werden.

Soll Kultur verändert werden, dann muss sie vorgelebt werden. Und dazu ist in klassischen Organisationen nur das Top-Management in der Lage. In agilen Organisationen mit selbstorganisierten Teams dagegen können es die Teammitglieder selber übernehmen.

Ohnehin sind agile Organisationen weniger anfällig für eine Absicherungskultur, denn hier herrscht in aller Regel ein ganz anderer Geist: Mitarbeitern wird vertraut und die Möglichkeit des Scheiterns wird jederzeit und jedem Mitarbeiter eingeräumt. Fehler werden nicht als Karriereknick, sondern als Chance angesehen, um sich weiterzuentwickeln.

Drei Empfehlungen für ein effektiveres Miteinander

Fassen wir die Überlegungen in drei Empfehlungen zusammen.

  1. Überlegen Sie, auf welche Conference Calls Sie gänzlich verzichten können, um stattdessen bilateral zu telefonieren. Das geht bedeutend schneller und ist effizienter.
  2. Führen Sie interne Meetings nur durch, wenn diese entsprechend vorbereitet sind und nicht nur der Absicherung dienen.
  3. Leben Sie die beiden Empfehlungen vor, begleitet von einem „Management by Walking around“, also einem Führungsverhalten, bei dem der direkte persönliche Kontakt zwischen der Unternehmensführung und den Mitarbeitern auf allen Hierarchieebenen einen hohen Stellenwert genießt.
Fehler, Gruppe existiert nicht! Überprüfen Sie Ihre Syntax! (ID: 33)

Über den Autor

Prof. Dr. Dirk Lippold

Prof. Dr. Dirk Lippold ist Gastprofessor an der Humboldt-Universität zu Berlin und lehrt darüber hinaus an verschiedenen Privathochschulen in MBA-, Master- und Bachelor-Studiengängen. Seine Lehrtätigkeit umfasst die Gebiete Unternehmensführung, Marketing & Kommunikation, Personal & Organisation, Technologie- und Innovationsmanagement sowie Consulting & Change Management. Zuvor war er über drei Jahrzehnte in der Software- und Beratungsbranche tätig – zuletzt als Deutschland-Geschäftsführer einer großen internationalen Unternehmensberatung mit weltweit über 120.000 Mitarbeitern. Mit seinen Teams entwickelte er die Marketing-Gleichung und die Personalmarketing-Gleichung als prozessorientierte Handlungsrahmen und Vorgehensmodelle für innovative Unternehmen vorwiegend im B2B-Bereich.

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