Wo bleiben Innovation und Dynamik im Regelungsgestrüpp?

FinTechs im Bankaufsichtsrecht

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FinTechs gelten als jung und dynamisch. Als Finanzdienstleister müssen sie sich aber regelmäßig der harten Realität des Bankaufsichtsrechts stellen. Welche Geschäftsmodelle sind betroffen, was sind die Konsequenzen, und ist Kooperation mit Banken ein Ausweg?

FinTech-Startups im Bankaufsichtsrecht

Ein Blick auf die aufsichtsrechtlichen Aspekte des FinTech-Trends.

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FinTech ist derzeit eines der großen Themen der Finanzbranche. In den letzten Jahren sind neue Geschäftsmodelle aufgekommen, bestehende Geschäftsmodelle wurden überarbeitet. Nicht wenige Marktbeobachter erwarten auch für die nächsten Jahre entscheidende Umwälzungen. Allerdings stellen sich in diesem Zusammenhang grundsätzliche rechtliche Fragen, zumal es bislang keine gesonderte FinTech-Regulierung gibt. Werden die Regelungen des Bankaufsichtsrechts auf FinTechs gleichermaßen angewendet? Welche FinTech-Dienstleister benötigen eine Banklizenz? Welche Schwierigkeiten bestehen bei der Kooperation zwischen FinTech und Bank?

Lizenzen für Finanzdienstleister

Das deutsche Bankaufsichtsrecht sieht verschiedene Formen von Lizenzen vor. Nach § 32 KWG erlaubnispflichtig sind Kreditinstitute (§ 1 Abs. 1 KWG) und Finanzdienstleistungsinstitute (§ 1 Abs. 1a KWG). Voraussetzungen für die Erteilung der Erlaubnis sind unter anderem bestimmte Anforderungen an das Startkapital (§ 33 Abs. 1 KWG), an die Geschäftsleitung (§ 25c KWG), an die Geschäftsorganisation (§§ 25 ff KWG) und an Jahresabschluss und Reporting (§§ 26 ff KWG). In bestimmten Fällen kann auch das weniger strikte Regime der §§ 34c, 34f GewO einschlägig sein. Zuständig für die Aufsicht ist hier nicht die BaFin, sondern je nach landesrechtlicher Ausgestaltung das Gewerbeaufsichtsamt oder die Industrie- und Handelskammern.  Zu guter Letzt kann für Zahlungsdienste auch eine Erlaubnis nach § 8 ZAG notwendig sein. Dies ist bereits dann der Fall, wenn das Unternehmen Geldtransfer oder SEPA-Transaktionen anbietet (vgl. die Lieferheld-Entscheidung des LG Köln vom 29. September 2011, Az 81 O 91/11).

Für Onlineportale für Finanzanlagen (sog. Robo-Advisor) kommt es darauf an, welche Dienstleistungen angeboten werden. Führt die Software Investmententscheidungen selbst und ohne Autorisierung durch den Kunden aus, liegt Finanzportfolioverwaltung nach § 1 Abs. 1a S.2 Nr. 3 KWG vor. Wird dem Kunden auf Grundlage einer Abfolge von Fragen eine Empfehlung gegeben, handelt es sich um Anlageberatung nach §1 Abs. 1a S.2 Nr. 1a KWG. In beiden Fällen besteht eine Erlaubnispflicht nach § 32 KWG. Dabei ist unschädlich wenn das Onlineportal auf seiner Webseite einen Hinweis platziert, dass es sich bei der Dienstleistung nicht um Anlageberatung handelt, denn für die Klassifizierung kommt es auf die tatsächlichen Umstände und nicht auf die Bezeichnung an. Gibt das Onlineportal nur allgemeine Empfehlungen ohne Ansehen des Kunden, liegt Anlagevermittlung nach §1 Abs. 1a S.2 Nr.1 KWG vor. Auch hier besteht zwar Erlaubnispflicht nach § 32 KWG. Der entscheidende Unterschied ist aber, dass für Anlagevermittler die Verhaltensregeln nach § 64 WpHG (vormals § 31 Abs.4 WpHG) nicht anwendbar sind, was gerade für die sachgemäße Beratung sowie Interessenkonflikte relevant wird.

Auch im Crowdfunding ist die konkrete Ausgestaltung der Kampagne entscheidend. „Klassische“ Crowdfundingkampagnen, die auf Spendenbasis arbeiten, bieten keine Finanzdienstleistungen an. Damit fällt der Portalbetreiber üblicherweise nicht unter die Erlaubnispflicht nach § 32 KWG. Im Bereich Crowdlending, also bei darlehensbasierten Kampagnen, wird vom Betreiber im Regelfall nur der Darlehensvertrag zwischen den Parteien in die Wege geleitet. Er ist nicht Vertragspartei, so dass keine Erlaubnispflicht nach KWG besteht. Da der Abschluss von Darlehensverträgen vermittelt wird, kommt aber eine Erlaubnispflicht nach § 34c Abs.1 Nr.2 GewO in Betracht. Zielt das Investment auf eine Unternehmensbeteiligung im weiteren Sinn ab (sog. Crowdinvesting), bei denen es zu einem Erwerb von Finanzinstrumenten kommt, wird eine Erlaubnispflicht aufgrund Anlagevermittlung  nach § 1 Abs. 1a ausgelöst.

Auch Online-Darlehensportale (insb. für den Vergleich von Darlehenskonditionen) können auf verschiedene Arten strukturiert sein. Wird das FinTech selbst Vertragspartei, liegt ein Kreditgeschäft nach § 1 Abs.1 Nr.2 KWG und somit Erlaubnispflicht vor. Vermittelt das FinTech nur den Vertrag zwischen Darlehensnehmer und –geber, führt dies ähnlich dem Crowdlending zu einer Erlaubnispflicht nach § 34 GewO.

Im Ergebnis benötigen fast alle von FinTechs angebotenen Dienstleistungen eine Form von Erlaubnis der Aufsichtsbehörden. Dies ist folgerichtig, da klassische Finanzdienst- und Zahlungsdienstleistungen erbracht werden. Auch wenn die Kommunikation zwischen Kunde und Dienstleister anders abläuft ändert sich an der allgemeinen Schutzbedürftigkeit der Kunden nichts. Effizienzgesichtspunkte ändern hieran nichts. Im Einzelfall ist eine spezialisierte anwaltliche Beratung unabdingbar, da die BaFin für den Fall eines Verstoßes gegen die Erlaubnispflicht die sofortige Einstellung der Geschäfte nach § 37 KWG anordnen kann. Hinzu kommen nach § 54 KWG Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren.

FinTechs, Banken und Outsourcing – Zwischen Wettbewerb und Symbiose

Viele FinTech-Startups können die skizzierten Lizenzierungsbedingungen des KWG strukturell nicht erbringen. Aus diesem Grund wird es immer populärer für Banken, bestimmte kundenorientierte Dienstleistungen an FinTechs auszulagern. Ein typisches Beispiel ist die schnelle Prüfung von Onlinedarlehensanträgen. Für die Bank winken Effizienzgewinne, während das FinTech sich gewissermaßen hinter der Lizenz der Bank „verstecken“ kann. Dies scheint auf den ersten Blick eine sinnvolle Kombination der Stärken beider Akteure.

Das Problem ist, dass Outsourcing von wesentlichen Bankgeschäften nur unter den engen Voraussetzungen des § 25b KWG zulässig ist. AT 9.1 und AT 9.2. der MaRisk regeln weitere Einzelheiten. Grundgedanke ist, dass Kreditinstitute zwar Prozesse, nicht aber die geschäftliche Verantwortlichkeit auslagern können. „Wesentlich“ ist weit auszulegen und erfordert eine Folgenabschätzung durch die Bank. Zu berücksichtigen sind zum Beispiel die Folgen für das Kreditinstitut bei einem Ausfall des Outsourcing-Dienstleister, sowohl hinsichtlich des Geschäftsausfalls als auch des Reputationsschadens. Unwesentliche Aufgaben sind zum Beispiel rein technische oder buchhalterische Abläufe, die keinen direkten Bezug zu den Geschäften der Bank haben (zB die Wartung der Geldautomaten, die Wartung von Hard- und Software der Bank oder auch allgemeine Dienstleistungen für Angestellte wie zB Betriebsarzt oder Kantine). Sobald unmittelbarer Kundenbezug besteht oder die ausgelagerte Dienstleistung für die Abwicklung von Bankgeschäften unabdingbar ist, wird Wesentlichkeit zu bejahen sein.

Nach § 25b Abs.1 KWG müssen bei der Auslagerung von wesentlichen Bankgeschäften übermäßige zusätzliche Risiken vermieden werden. Auch darf die Ordnungsmäßigkeit der Geschäfts und Dienstleistungen nicht beeinträchtigt werden. § 25b Abs.2 KWG regelt zudem, dass die Verantwortung der Geschäftsleiter nicht übertragen werden darf. Neben einer sorgfältigen Auswahl des Outsourcing-Dienstleister muss die Bank sicherstellen, dass sie auf alle internen Prozesse des Dienstleiters Einfluss hat. Vorgänge beim Dienstleister müssen überprüfbar sein und den Aufsichtsbehörden entsprechender Zugriff ermöglicht werden. Im Ergebnis muss die auslagernde Bank beim externen Dienstleister eine Kontrolldichte herstellen, die mit ihrer internen Struktur vergleichbar ist.

Für den Dienstleister kann dies weitrechende Folgen haben. Er muss seine Prozesse mit den teils sehr eigenen Abläufen im Bankwesen kompatibel machen. Gerade bei FinTech-Startups prallen hier Welten aufeinander. Auch darf der externe Dienstleister im Bereich der Auslagerung keine eigenständigen geschäftlichen Entscheidungen treffen, dies muss nach § 25b Abs.2 KWG zwingend bei der auslagernden Bank verbleiben. Dies führt zu einer teilweisen Aufgabe der geschäftlichen Unabhängigkeit des FinTechs. Das auf den ersten Blick natürliche Kooperationsverhältnis zwischen Bank und FinTech geht also gerade für letztere mit erheblichen Nachteilen einher. Hier gilt es für das FinTech nichts zu überstürzen und die Vor- und Nachteile sorgfältig abzuwiegen.


Der Artikel ist ein Auszug aus dem Beitrag „In Unchartered Territory – Banking Supervision meets Fintech“ aus dem Corporate Finance Themenheft „Digitalisierung der Mittelstandsfinanzierung“.

Über den Autor

Prof. Dr. Philipp Maume

Prof. Dr. Philipp Maume ist Inhaber der Professur für Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht an der TUM School of Management an der Technischen Universität München. Seine Forschungsschwerpunkte sind das deutsche und internationale Gesellschaftsrecht mit Schwerpunkt Corporate Governance sowie das Recht der Kapitalmärkte. Von besonderem Interesse sind dabei Rechtsdurchsetzung sowie der Einfluss von Technologie auf die Regulierung.

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