Bill Gates und die Banken

Ein Vordenker der Digitalisierung im imaginären Gespräch

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Schon vor rund 20 Jahren hat Microsoft Gründer Bill Gates keinen Zweifel an seiner Beurteilung von Banken gelassen. Auch für FinTechs hat er eine klare Vision, wie das (imaginäre) Gespräch mit Ihm zeigt.

Banking mit einem Augenzwinkern

Lustiges, Humorvolles und mitunter auch Nachdenkliches für Banker
© Shutterstock

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Man kann sagen was man will, aber Bill Gates ist einer der ganz großen Visionäre der Gegenwart. Er war und ist einer der Menschen, die unser aller Leben nachhaltig verändert haben. Als reichste Person der Welt ist er nicht nur ein herausragender Unternehmer, sondern zudem auch ein engagierter Philanthrop.

Aber er ist auch ein knallharter Stratege, der Microsoft zu dem gemacht hat, was es heute ist: ein Nahezu-Monopol. Dass es auf dem Weg dahin nicht immer harmonisch zugehen konnte, kann man getrost annehmen. Doch so ist Wirtschaft nun mal. Man kämpft um Märkte, Kunden, Marktanteile. Die freie Marktwirtschaft ist eben kein Ponyhof.

Deswegen tut man gut daran, stets achtsam zu sein und jenen Menschen, die etwas zu sagen haben, auch gut zuzuhören. Vor allem dann, wenn diese Personen noch dazu über ausreichende Mittel verfügen, um dem Gesagten auch Taten folgen zu lassen.

Bill Gates hat schon die eine oder andere Spitze gegen die Bankenindustrie losgelassen. Der Vergleich, Banken wären wie die Dinosaurier, war vielleicht etwas untergriffig, doch wir Marketing-Fuzzis wissen: Klotzen ist besser als Kleckern. Das nehmen wir Bill nicht übel. Trotzdem wird ja nachfragen erlaubt sein.

Bill Gates – Gründer von Microsoft

Bill Gates gründete 1975 das Unternehmen Microsoft gemeinsam mit Paul Allen

„Mr. Gates, vielen Dank, dass Sie sich für unser Gespräch Zeit genommen haben. Wie geht es Ihnen?“

„Hervorragend! Es ist eine glatte, tolle 10! 7 war ja auch schon gut, aber ich fühle mich wie eine superstabile, bedienungsfreundliche 10. Keine 8, das wäre zu wenig. Nein, ich vergebe eine SuperDuper 10!“

Wie zum Beweis schossen seine Hände in die Höhe und direkt vor mein Gesicht, sodass ich die reichsten Handinnenflächen der Welt vor Augen hatte. Ich konnte 10 Finger zählen.

„Fantastisch, Mr. Gates. Das ist sehr erfreulich. Wie immer sind Sie Ihr bester Markenbotschafter. Nun, solange Sie mir hier nicht hasta la Vista sagen.“ Ich musste wegen des schelmischen Vergleiches schmunzeln, doch Bills Mimik blieb steinern. Man konnte förmlich fühlen, dass er sich leicht verkrampfte.

„Hab` den Film gesehen, war keine Erleuchtung. Ein Terminator, der durch die Zeit reist, und sich dann auf Spanisch verabschiedet, nein das war keine 10.“

Wieder riss er die Hände hoch, 10 Finger in der Höhe! Alle da, wunderbar.

„Nun, Mr. Gates, Sie haben bei zahlreichen Gelegenheiten darauf hingewiesen, dass Banken vor großen Herausforderungen stehen.“

Bill unterbrach mich mit einem Lächeln und präzisierte: „Große Herausforderungen? Von wegen. Ich habe gesagt, dass Banken ganz einfach nicht mehr wichtig sind. Banking is necessary, banks are not! Übersetzt heißt das… .“

„Vielen Dank, Mr. Gates, ich glaube, wir verstehen schon den Kern der Aussage. Warum denken Sie, dass Banken in der Zukunft an Bedeutung verlieren werden? Natürlich verändern sich die Rahmenbedingungen dramatisch und den Banken erwachsen durch FinTechs neue Herausforderungen. Aber am Ende des Tages genießen die traditionellen Banken noch immer einen gewaltigen Vertrauensvorschuss vor ihren Mitbewerbern.“

„Papperlapapp.“ Bill wurde ungeduldig. „Betrachten wir doch mal den Bereich Mobile Banking. Die höchsten Zuwachsraten in der Nutzung von Mobile Banking sehen wir nicht bei klassischen Retailbanken, sondern zum Beispiel in Afrika, bei den alternativen Anbietern. Jeder hat dort ein Handy, aber so gut wie niemand ein Bankkonto. So geht Banking heute.“

Bills flache Hände sausten auf den Couchtisch vor ihm nieder. Acht, neun, zehn – Gott sein Dank, alle Finger waren da.

„Da haben Sie selbstverständlich Recht, Mr. Gates. Man könnte aber auch einwerfen, dass es diese Zuwachsraten nur in jenen Regionen gibt, die über fast oder gar keine klassischen Bankinfrastrukturen verfügen.“

„Sehen Sie, Mr. Lemont, meine Rede: es geht auch ohne Banken.“ Bill Gates hatte sein Lächeln wiedergefunden. Diesmal gab es keine 10 für mich, die Hände blieben souverän entspannt auf den Armlehnen liegen. Sein Grinsen sprach Bände.

„Niedrige Charaktere könnten einwerfen, dass es in Dritte Welt Ländern auch einen völlig anderen Bedarf an Bankdienstleistungen gäbe als in hoch entwickelten Industriestaaten. Aber wer bin ich, dass ich die Thesen eines Visionärs in Zweifel ziehe.“, merkte ich selbstkritisch an.

„Genau!“, antwortete Bill kurz angebunden, während seine Augen mich misstrauisch musterten.

„Bleiben wir doch noch bei den Banken und ihren Problemen, sich an rasch ändernde Umweltbedingungen zeitnahe anzupassen. Es gibt den griffigen Vergleich, dass die klassischen Banken sehr den Dinosauriern ähneln würden. Finden Sie, das ist ein stimmiges Bild?“

„Aber absolut!“, Bills Laune heiterte sich kurzfristig auf. „Die Digitalisierung ist vergleichbar mit dem Kometen, der die Dinosaurier ausgelöscht hat. Dieser Impact ändert einfach alles. Banken sind tatsächlich riesige, ziemlich unbewegliche Organismen. Und das wird ihnen in einer postanalogen Umwelt das Genick brechen.“

Ich konnte deutlich sehen, dass ihm die Tatsache, hier wieder einmal Recht zu haben, ziemliche Freude bereitete.

„Im Gegensatz zu den trägen Banken sind FinTechs in der Tat sehr agil. Dennoch sind sie völlig anders reguliert als Banken. Machen Sie sich keine Sorgen, dass den Kunden aufgrund der geringen Größe der meisten FinTechs auch finanzielle Risiken erwachsen könnten?“

Schon wieder hatte ich Bill verärgert. Ein Wirtschaftsmagnat wie Mr. Gates denkt eben nicht so eindimensional wie ich.

„Nun werden Sie mal nicht kleinlich.“ Die Stimme von Mr. Gates hatte einen Hauch an Aggressivität zugelegt. „Man muss schon die Zusammenhänge und das Große ganze betrachten. Die FinTechs werden das Banking von morgen liefern und die Banken dürfen gerne die Infrastrukturen bereitstellen. Natürlich kann die eine oder andere kleine Startup-Firma Pleite gehen, aber dafür haben wir doch die Banken. Die können die Kunden dann entschädigen.“

„Wenn ich Sie recht verstehe, sollen also die Banken den FinTechs lukrative Bereiche des Bankgeschäftes abgeben, im Gegenzug dafür dürfen sie weiter die ziemlich teuren Infrastrukturen aufrechterhalten? Und zu guter Letzt dürfen sie auch noch das Risiko eines Ausfalls von Mitbewerbern tragen, deren Risikosituation sie nicht einschätzen können und auf deren Geschäftsgebaren sie keinen Einfluss haben. Richtig?“

„Na bitte! Sie haben es verstanden.“

„Bei allem Verständnis für innovative Geschäftsmodelle, aber wäre das nicht etwas unfair den Banken gegenüber? Wäre das nicht so, als würde Microsoft ein Betriebssystem von Apple kopieren?“

Noch bevor ich den Satz beendet hatte, wusste ich, dass ich ein Sakrileg begangen hatte. Wie konnte ich nur gegenüber einem der größten Genies unserer Zeit Widerworte finden? Mir war klar, dass das Interview beendet war.

Ohne ein weiteres Wort zu sagen stand Mr. Gates auf und hob demonstrativ langsam die linke Hand und streckte den Mittelfinger aus, um damit seine Brille nach hinten zu schieben. Irgendein Gefühl sagte mir, dass Bill dies nicht tat, um schärfer zu Sehen.

Hatte mir Bill Gates gerade gepflegt den Stinkefinger gezeigt?

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Über den Autor

Michel Lemont

Michel Lemont ist seit mehr als 35 Jahren in Bankenwesen tätig. Er war in verschiedenen Bereichen der Finanzindustrie tätig, unter anderem im Vertrieb, im Marketing und zuletzt im Umfeld des Zahlungsverkehrs. In seinen Aufgabenbereich fallen unter anderem regulatorische Themen, das Management von Zahlungsverkehrs-Infrastrukturen sowie die Arbeit in nationalen und internationalen Gremien im Bereich Payments. Ein besonderes Anliegen sind ihm Innovationen im Bankenbereich und das "Querdenken". Michel Lemont ist Autor des Buches „Bankers have more fun“ und betrachtet das Bankwesen gerne von der humoristischen Seite. Er ist verheiratet und Vater einer Tochter.

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