Automatisches Investment – Anlageempfehlung vom Robo Advisor

Wie Anleger mit digitalen Investmenttools ihr Portfolio finden

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Entscheidungen werden heute kaum noch ohne Online-Unterstützung getroffen. Warum also nicht auch die Wahl der Vermögensanlage dem Internet überlassen? Robo Advisor versprechen effiziente, rationale und transparente Anlageempfehlungen und entwickeln sich zur digitalen Beratungsalternative. Zu ihren Empfehlungen gelangen sie auf höchst unterschiedliche Weise.

Robo Advisor liegen im Trend

Computergestützte Anlageberatung durch Robo Advisor liegt im Trend

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Das Internet nimmt uns immer mehr Entscheidungen ab. Was soll ich anziehen? Frag den Online-Outfitter. Was soll ich essen? Frag den Kochboxlieferanten. Was soll ich lesen? Frag den Algorithmus des weltgrößten Internet-Versandhändlers. Warum also nicht auch die Entscheidung über die Vermögensanlage dem Internet überlassen?

Mit Robo Advisory hat sich in den vergangenen fünf Jahren ein neues Geschäftsmodell für Finanzdienstleister entwickelt. Im Internet bieten die digitalen Vermögensberater vorgefertigte Strategien für die Geldanlage an und versprechen effiziente, rationale und transparente Anlageempfehlungen. Sie setzen bei der Entscheidungsfindung auf konsequente Algorithmen. Fehlentscheidungen aufgrund von emotionalen Einflüssen werden so verhindert.

Vermittler versus Verwalter

In den USA sind die Robo Advisor bereits gut angenommene Anlagehelfer und verwalten Vermögen in Milliardenhöhe während es hierzulande erst rund 20 Anbieter gibt. Neben FinTechs wie Scalable Capital oder Vaamo, folgen auch immer mehr etablierte Banken wie die Comdirect Bank, Union Invest oder die Quirin Bank dem Trend der Online-Vermögensanlage. Dabei treten einige Anbieter als einfache Finanzanlagevermittler auf, die je nach Risikoprofil des Anlegers passende Wertpapierportfolios empfehlen. Meist sind das ETFs, was die Online-Anlage deutlich günstiger macht als die Angebote der Hausbank mit ihren vergleichsweise hohen Gebühren. Neben den reinen Vermittlern gibt es Robo Advisor, die als Vermögensverwalter mit BaFin-Erlaubnis handeln und so die Möglichkeit haben, aktiv ins Kundenportfolio einzugreifen und je nach Marktlage Käufe und Verkäufe zu tätigen.

Wie Robo Advisor zur ihrer Empfehlung gelangen

Im Grunde unterscheidet sich die Beratung eines Robo Advisors kaum von der eines Bankberaters. In Deutschland haben sich beide an die Vorgaben des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) zu halten, das eine anlage- und anlegergerechte Beratung fordert. In den Entscheidungsprozess wird beispielsweise einbezogen, welche Ziele der Anleger mit seinem Investment verfolgt, welche Wertpapiererfahrung er mitbringt, seine Vermögensverhältnisse und das Risiko, das er bereit ist einzugehen. Konkrete Vorgaben, welche Fragen der Berater stellen muss und welche Konsequenzen die Antworten haben, macht das WpHG nicht. Es ist in erster Linie ein Instrument zur juristischen Absicherung von Finanzdienstleistern, die sich dank strenger MiFID-Vorgaben schnell in der Beraterhaftung wiederfinden. Die schwammigen Vorgaben haben zur Folge, dass sowohl Bankberater als auch Anlageroboter höchst unterschiedliche Wege gehen, um für Anleger das passende Portfolio zu finden.

HSBA-Absolvent Michael Tertilt ging in seiner Masterarbeit der Frage nach, wie Anlageberater und insbesondere die Online-Vertreter eigentlich zu ihrer Portfolioempfehlung kommen. Dafür nahm er insgesamt 13 Robo Advisor aus Deutschland, Großbritannien und den USA unter die Lupe, analysierte ihre Fragenkataloge und fütterte sie systematisch mit unterschiedlichen Antwortmöglichkeiten, um herauszufinden wie diese die Portfoliozusammenstellung beeinflussen. Die teilweise überraschenden Ergebnisse haben wir in unserem gemeinsamen Forschungspaper To Advise, or Not to Advise – How Robo-Advisors Evaluate the Risk Preferences of Private Investors veröffentlicht.

Das Risiko entscheidet

Das alles entscheidende Maß bei der Geldanlage, ob online oder offline, ist die Risikopräferenz. Je risikofreudiger der Anleger ist und je höher die Rendite ausfallen soll, desto stärker werden beispielsweise riskante Anlagen wie Aktien im Portfolio gewichtet und desto schwächer im Gegenzug festverzinsliche Anlagen wie Staats- oder Unternehmensanleihen. Nun ist Risiko aber ein abstrakter Begriff. Wie soll man es also messen? Manche Robo Advisor machen es sich einfach und fragen ganz simpel: „Wie risikobereit sind Sie?“ Das hat immerhin den Vorteil, dass der Anleger sehr schnell zu einer Anlageempfehlung gelangt. Geschwindigkeit ist schließlich eine der größten Herausforderungen für die digitalen Anlageberater. Das wird umso brisanter, wirft man einen Blick auf die durchschnittliche Verweildauer im Netz. Kaum länger als eine Minute bleibt der Besucher einer Website ehe er weitersurft.

Ein durchschnittlicher Robo-Fragebogen umfasst zwölf Fragen (acht in den USA), der eines Bankberaters bis zu 38. Neben allgemeinen Informationen zu Einkommen, Alter oder Erwerbstätigkeit spielen Angaben zur Risikotragfähigkeit und zur Risikotoleranz eine Rolle. Gefragt wird etwa, über welches Gesamtvermögen der Anleger verfügt, ob er zum ersten Mal investiert oder bereits Erfahrung hat  oder ob er in der Vergangenheit schon einmal mit Verlusten umgehen musste.

Erstaunlich sind nicht nur die immensen Unterschiede in Anzahl und Art der Fragen – ein Advisor in unserer Untersuchung kam mit gerade einmal vier Fragen aus, andere benötigten 27 –, sondern auch deren Verwertung. So haben einige Angaben überhaupt keinen Einfluss auf das Ergebnis. Nur etwa 60 Prozent der gestellten Fragen wirken sich auf die Portfolioempfehlung aus.

Standard statt Maßanfertigung

Alle Robo Advisor versprechen dasselbe: Eine maßgeschneiderte Anlagestrategie. Was am Ende herauskommt ist jedoch eher eine Zuordnung des Anlegers zu einer bestimmten Risikokategorie und die entsprechende, standardisierte  Portfoliozusammensetzung. Die meisten der 13 untersuchten digitalen Anlagetools bieten zwischen fünf und zehn unterschiedliche Portfolios an. Überraschend dabei: Eine detailliertere Fragestellung führt nicht zwingend zu differenzierteren Portfolios. So kommen beispielsweise einige Anbieter in unserem Test auf zehn verschiedene Anlagealternativen, egal ob sie im Vorfeld fünf, zehn oder elf Fragen stellen. Das Risikoprofiling eines Anbieters fußt sogar nur auf drei Fragen, stellt aber 23 verschiedene Portfolios zur Auswahl.

Der Markt für Robo Advisory ist noch jung und die (technischen) Möglichkeiten sind längst nicht ausgeschöpft. Stand heute können sie zwar eine Alternative zum klassischen Bankberater sein, sie sind günstiger und die Verfügbarkeit rund um die Uhr ist sicher ein Bonus in Sachen Bequemlichkeit, aber am Ende des Tages geben sie keine besseren Empfehlungen ab. Auch den Wagemut, den man hinter jeder digitalen Innovation erwartet, lassen die Robo Advisor vermissen. Unter Risikoaspekten sind die Portfolios sogar bodenständiger als die der ohnehin schon konservativen Empfehlungen der Zeitschrift „Finanztest“.

Angst brauchen Anleger vor den Investmentrobotern nicht zu haben, sofern sie den Anbieter mit Bedacht auswählen. Vorsichtig ist geboten, wenn ein Robo Advisor als Vermögensverwalter agiert, der Anleger sein Geld also quasi in die Hände des Advisors gibt. Dann empfiehlt es sich, ganz genau zu prüfen, welches Unternehmen dahinter steht und ob das Investment als Sondervermögen behandelt wird und damit insolvenzsicher angelegt ist. Aber auch einer einfachen Anlageempfehlung sollten Investoren nie blind vertrauen, sondern immer prüfen, welche Produkte sie sich ins Depot holen – so wie sie es ganz selbstverständlich bei der Wahl des Anzugs,  des Dreigangmenüs oder des von der Online Community empfohlenen Bestsellers machen.

Über den Autor

Prof. Dr. Peter Scholz

Prof. Dr. Peter Scholz ist an der HSBA Hamburg School of Business Administration Professor für Betriebswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Banken und Finanzmärkte. Zuvor war er über zehn Jahre im Investmentbanking und im Privatkundengeschäft tätig – als Portfoliomanager bei der Deka Investment in Frankfurt am Main sowie als Derivatehändler und Wertpapierspezialist bei der Deutschen Bank. Prof. Scholz studierte BWL an der Eberhard Karls Universität in Tübingen und absolvierte anschließend ein Promotionsstudium am Centre for Practical Quantitative Finance der Frankfurt School of Finance & Management. Die Forschungsschwerpunkte von Prof. Scholz liegen in den Themenfeldern Digitalisierung des Finanzsektors, Anlagestrategien, Investmentprodukte sowie Finanzkrisen und Behavioral Finance.

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