Fundament oder Keller?

Künstliche Intelligenz in der Baufinanzierung

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Künstliche Intelligenz soll Finanzdienstleistern helfen, Abläufe zu optimieren und so viel Geld einzusparen – etwa in der Baufinanzierung. Weil aber die Datentöpfe zu klein sind, stehen die Banken vor einem Henne-Ei-Problem.

Künstliche Intelligenz in der Finanzdienstleistung erfordert gute Daten

Der wirksame Künstlicher Intelligenz in der Finanzdienstleistung erfordert eine bessere Qualität bei den verfügbaren Daten.

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Die Baufinanzierung gehört zu den letzten harten Nüssen in Banken, die KI noch zu knacken hat. Doch das Feld ist vielversprechend. Vor allem dort, wo geprüft, gemessen und genehmigt wird, kann die Maschine helfen. Allein der Aufwand, der beispielsweise entsteht, um den Baufortschritt zu kontrollieren, lässt sich durch eine KI halbieren. Je weiter der KI-Einsatz voranschreitet, desto größer dürften diese Vorteile insgesamt ausfallen. Eine wichtige Voraussetzung dafür sind allerding ausreichend viele Daten.

Vortrainierte Modelle veredeln

Bei der ersten, vor gut einem Jahr veröffentlichten Version 3 von ChatGPT sollen es 175 Mrd. Parameter gewesen sein, auf die das Sprachmodell trainiert wurde. Es liegt auf der Hand, dass die Datenmenge entsprechend groß sein muss, damit es funktioniert. Vereinfacht gesagt, geht es darum, vorauszusagen, welches Wort auf das vorausgegangene folgt. Aus dieser Perspektive erscheint unwahrscheinlich, dass sich die Baufinanzierung für KI rechnet, weil den Banken zumindest auf den ersten Blick die nötigen Fallzahlen fehlen.

Wo im Zahlungsverkehr oder im Marketing praktisch augenblicklich neue Daten entstehen, um KI-Modelle zu füttern und etwa Betrug zu erkennen oder Muster, denen Kunden folgen, liefert die Baufinanzierung zum einen wesentlich weniger Fälle. Zum anderen droht ein viel größerer finanzieller Schaden, weil hohe Finanzierungssummen auf vergleichsweise wenig Fallzahlen treffen. Vor diesem Hintergrund verzichten viele Banken immer noch darauf, auf KI in der Baufinanzierung zu setzen. Doch es gibt einen Ausweg.

Das Henne-Ei-Problem lässt sich lösen, wenn Banken auf vortrainierte Modelle zurückgreifen und diese an ihr eigenes Geschäft anpassen. Dafür gibt es längst Lösungen, die nach dem Prinzip von „Plug & Play“ funktionieren. Sie erkennen Gebäude und können das, was sie sehen, abgleichen mit dem, was etwa in einem Dokument beschrieben wird. Ist das wirklich die Baustelle auf dem Foto? Gibt das Baustellenbild den behaupteten Baufortschritt korrekt wieder? Solche Fragen lassen sich inzwischen maschinell beantworten.

Goldgrube: Unstrukturierte Daten

Worauf die Banken allerdings achten müssen, ist, das Modell regelmäßig zu warten und zu schauen, wo sich eventuell systematische Fehler einschleichen. In einem Fall hat die KI etwa eine nasse Straße als eine gegossene Bodenplatte fehlinterpretiert. Fällt so etwas auf, muss die Bank sofort einschreiten können. Die gute Nachricht: Wer sein Modell anständig aufbaut, erreicht inzwischen die für den jeweiligen Use Case erforderliche Genauigkeit – und spart sich und am Markt ohnehin immer schwerer zu bekommenen Experten viel Zeit.

Vortrainierte Modelle helfen der Bank zudem, diejenigen Daten zu analysieren, die nicht strukturiert vorliegen, sondern unstrukturiert. Vor allem Fotos von Gebäuden gehören dazu, damit die KI später erkennen kann, ob das, was während des Baufortschritts dokumentiert wurde, auch wirklich zu einem fertigen Gebäude werden kann. Das entlastet die Fachleute, die sich ansonsten akribisch damit beschäftigen müssten oder sich vor Ort ein eigenes Bild von der Baustelle machen.

Vier Gründe für KI in der Baufinanzierung

Vier Gründe sprechen konkret dafür, es mit der KI in der Baufinanzierung zu versuchen:

  1. Die Identität des Antragstellers lässt sich mit KI-Modellen viel schneller prüfen.
  2. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse überprüft eine KI weitgehend allein und entlastet etwa Forensiker, die mit geübtem Auge selbst kleinste Auffälligkeiten wie ein um 2 Pixel verschobenes Schriftbild erkennen.
  3. Die Bonität des Antragstellers lässt sich mit den vorgenannten Informationen und einer genaueren Abfrage bei den Auskunfteien besser plausibilisieren.
  4. Betrügereien beim Baufortschritt lassen sich leichter nachweisen.

Daraus ergibt sich ein Gesamtbild über ein zu finanzierendes Bauvorhaben. Doch warum dafür extra eine KI trainieren? Einerseits, weil die Banken grundsätzlich nicht herumkommen um die notwendigen Prüfungen. Die sind nämlich vorgeschrieben. Andererseits, weil gerade auch im aktuellen Marktumfeld Schäden drohen, die sich verglichen mit der Fallzahl zu einer echten finanziellen Belastung auswachsen können. Hinzu kommt, dass heutzutage viele Betrügereien unerkannt bleiben. Es geht also auch darum, das eigene Risikoprofil korrekt zu ermessen, um nicht auf dem falschen Fuß erwischt zu werden.

Marktumfeld mit KI beherrschen

Wie die aktuelle Berichterstattung zeigt, können selbst große Akteure am Markt von jetzt auf gleich in Schieflage geraten. Bei Verbrauchern ist das nicht anders, zumal der Markt derzeit in eine Richtung dreht, die kleine Schummeleien attraktiv erscheinen lassen. Zwar sinken in vielen Metropolen die Immobilienpreise erstmals seit langer Zeit wieder. Doch davon haben künftige Bauherren wenig, weil die inzwischen stark gestiegenen Bauzinsen die Raten höher treiben. Potenzielle Käufer kommen dadurch wenig leicht an eine Finanzierung – und falls es zu einem Default kommt, lässt sich die als Sicherheit hinterlegte Immobilie für die Bank nicht so leicht verwerten.

Diese Gemengelage kann dazu führen, dass sich mögliche Interessenten finanziell versuchen in ein besseres Licht zu rücken.

Neben Schicksalsschlägen wie Krankheit, Scheidung oder Jobverlust gehört eine finanzielle Situation, die besser darstellt wurde als sie wirklich ist, zu den größten Ausfallrisiken für einen Kredit. Deshalb kommt es darauf an, vom ersten Kontakt bis zum letzten Handgriff am Bauvorhaben alles im Blick zu behalten. Das können die Banken mit viel Manpower machen, sofern sie genügend Know-how am Markt einkaufen. Doch die Kosten dafür lassen sich in Zeiten, in denen die Kunden auf Vergleichsportalen unterwegs sind, kaum noch in Form eines höheren Zinses an die künftigen Bauherren weitergeben.

Zwei Vorteile durch Künstliche Intelligenz in der Baufinanzierung

Künstliche Intelligenz hilft dabei, zwei wesentlichen Stellschrauben in der Baufinanzierung fester anziehen zu können: Prozesseffizienz durch niedrigere Overheadkosten und geringere Risikokosten durch eine höhere Prognose-Qualität. Denn am Preis für einen Kredit können die Banken trotz der inzwischen wieder attraktiven Zinslage kaum etwas machen – dafür ist der Wettbewerb zu stark und die Kunden vergleichen genau.

Über den Autor

Marc-Nicolas Glöckner

Marc-Nicolas Glöckner ist Senior Manager bei der PPI AG. Der diplomierte Mathematiker berät vor allem Banken zu Künstlicher Intelligenz, Kredit und Automatisierung.

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