Pixelio.de / Sven Ginterreiter

Mobile Payment ist für viele Mobilfunkunternehmen ein Anlass über einen Einstieg ins Bankgeschäft nachzudenken. Einige sind schon einen Schritt weiter. Was bedeutet diese neue Konkurrenz für die Banken?

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Neue Wettbewerber im Zahlungsverkehr

Die Ankündigung, dass der kanadische Netzanbieter Rogers Telecom eine Banklizenz beantragt hat, sollte die Retail Banking Community eigentlich nicht überraschen. Es gibt bereits eine Vielzahl von Mobilfunkbetreibern, die aktuell im Bereich mobiler Zahlungen engagiert sind: Safaricom in Kenia, Orange (mit Barclays) in Großbritannien, ISIS in den USA, LG Telecom in Südkorea und die Liste ist nicht einmal vollständig. Wohin man auch schaut, es gibt zahlreiche Anbieter, die in den Bereichen „Mobile Geldbörse“ und „Mobile Zahlungen“ mitmischen wollen.

Beispiel Video „Isis mobile wallet“

Sollten die Banken sich Sorgen machen?

Sie sollten entsetzt sein!

Tatsache ist, dass es durchaus Sinn für Mobilfunkbetreiber macht, darüber nachzudenken, Bankprodukte und  ‑dienstleistungen anzubieten, wenn wir beginnen, unsere Handys als Zahlungsmittel einzusetzen und damit zunehmend auf Plastikkarten zu verzichten. Die Banken werden in der Folge durch diese neue Technologien vom Endverbraucher getrennt. Lassen Sie mich das beweisen.

PayPal erfand das Kundenerlebnis rund um Zahlungen neu und wurde damit zur Benchmark bei Peer-to-Peer Zahlungen. Sicher gibt es Banken im Back-End von PayPal, aber heute kann ich mein Handy hervor nehmen oder online gehen und schicke Ihnen Geld und alles, was ich dazu brauche, ist Ihre E-Mail-Adresse oder Ihre Handynummer. Vergleichen Sie das mal mit einer normalen Banküberweisung: Sie benötigen Kontonummer, Name, Name der Bank und Bankleitzahl oder SWIFT Code und IBAN, etc. etc. Und dann wundern wir uns alle darüber, warum es einfacher und in vielen Fällen günstiger ist, PayPal zu verwenden statt eine Überweisung durch unsere traditionelle Bank vorzunehmen. Warum also zurück zu Komplexität und Reibung?

Wenn eine Bank heute ihren Kunden Zugang zu Mobile Banking einräumt, muss sie dies durch eine technologische Zwischenschicht genannt App tun und ist damit auf einen App-Store angewiesen. Sicher, es gibt HTML5 und Mini-Browser Handy-Seiten, aber Tatsache ist, dass, wenn Sie eine erstklassige Interaktion möchten, Sie um eine App nicht herum kommen. In der Folge muss heute eine Bank Google, Apple oder RIM um die Erlaubnis bitten, den eigenen Kunden Zugriff auf ihre Bank über ein Smartphone einzuräumen.

Mobilfunkbetreiber sind eine ernsthafte Bedrohung für das alltägliche Banking

Sind Telcos eine Bedrohung für die etablierten Banken?

Nun, ja und nein.

Wenn Sie an ein erweitertes Angebote von Finanzdienstleistungsprodukten denken, dann sind die Mobilfunkbetreiber nicht wirklich daran interessiert. Die meisten Mobilfunkbetreiber wollen im Zahlungsverkehr mitmischen und so die Kontrolle über Ihre elektronische Brieftasche auf Ihrem Handy erlangen oder Ihnen Prepaid-Debit-Card-artige Dienstleistungen anbieten.

Im Jahr 2008 waren nur etwa 17% der US-Mobilfunkkunden Prepaid-Nutzer, aber durch die Finanzkrise sind es heute etwa 65% der Neukunden. In Schwellenländern wie Indien und China sind 90% und mehr der Kundenbasis Prepaid-Nutzer und das gleiche gilt für Afrika südlich der Sahara, und im Großen und Ganzen auch in Osteuropa und Asien. Aber was hat dies nun mit Banken zu tun?

Prepaid-Abonnenten für Handys sind generell eher am unteren Ende der Skala für das Retail Banking (weniger profitabel, underbanked) oder sogar im unbanked Segment zu finden. Dies sind Kunden, die keine umfangreichen Multi-Bank-Beziehungen aufweisen und die sich zunehmend auf Produkte wie Prepaid-Debitkarten hin bewegen, um ihre alltäglichen Bankgeschäfte zu erleichtern.

Raten Sie mal, was passiert, wenn Sie eine Prepaid-Debitkarte mit einem Prepaid-Handy verbinden? Es ist eine Hochzeit im Himmel! Was ist der Unterschied zwischen einem Telefonanruf, einer Abhebung am Geldautoamten oder dem Einsatz einer Debitkarte beim Einkaufen? Es sind alles nur einfache Transaktionen aus einem „Wertespeicher“.

Es ist anzunehmen, dass die Telcos dieses „Geheimnis“ erkannt haben und demzufolge aggressiv diese Kundengruppen angehen und ihnen eine einfache Möglichkeit bieten, die Banken nicht im Zahlungsverkehrsangebot haben. Nach meiner Meinung wird die Kombination von Prepaid-Telefonkarten mit einer Prepaid-Debitkarte in den nächsten 5 Jahren in den Industrieländern zu einem Verlust von rund 10% des Retail-Banking Consumer-Markt führen, da sie zu dieser Zahlungsart wechseln werden.

Na und? Wir können es uns leisten, ein paar marginale Kunden zu verlieren!

Zur Rechtfertigung ihrer Untätigkeit werden Retailbanken sagen, dass der Verlust dieser weniger profitablen Kunden eigentlich keine schlechte Sache ist. Es gibt zwei Probleme mit dieser Logik.

Erstens wird diese Verschiebung eine Dynamik bekommen, die sich auf das gesamte Zahlungsverhalten auswirkt und damit die alltäglichen Zahlungsgewohnheiten vieler Kunden verändert. In zunehmendem Maße werden auch die besten und profitabelsten Kunden von der althergebrachten Art und Weise des Zahlungsverkehrs zu einer Nutzung kombinierter Handyzahlung übergehen. Und sobald ich in die Verwaltung der alltäglichen Zahlungsgewohnheiten einbezogen werde, kann ich beginnen, auch Ihre Entscheidungen, Ausgaben und Auswahl komplexerer Finanzprodukte zu beeinflussen.

Zweitens kann man als Tatsache feststellen, dass selbst diese „marginalen“ Kunden für Telcos wahrscheinlich extrem profitabel werden, weil sie es einfach neue Einnahmen sind und sie nicht die teure Infrastruktur benötigen, auf die das traditionelle (manche würden sagen antiquierte) Retail-Banking-System zurückgreifen muss.

Die Folgen für die Banken wird sein, dass sie immer mehr Kundenkontakt verlieren werden und das alltägliche Front-End der Bank in den Besitz von Telekommunikationsunternehmen, App Stores, sozialen Netzwerken und Marketing-Organisationen übergehen wird. Die Bank wird zum Back-End-Manager des Risikos und zum Hersteller der Produkte degradiert, mit der niedrigsten Marge der gesamten Wertschöpfungskette.

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