Wirecard ist zum Problem für Bundesfinanzminister Olaf Scholz geworden. Zu wenig hat sein Ministerium bei Wirecard hingeguckt. Nun er einen Aktionsplan mit 16 Punkten vorgelegt. U.a. sollen Hinweise von Whistleblowern stärker genutzt werden. Das hat ungeahnte Folgen.

Hinweise von Whistleblowern sollen stärker genutzt werden

Hinweise von Whistleblowern sollen stärker genutzt werden.

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Die unangenehmen Fragen an die Bundesregierung zum Wirecard-Betrug haben sich gehäuft. Insbesondere bei Bundesfinanzminister Olaf Scholz. Hätte das Ministerium früher einschreiten können? Wurde die nötige Aufklärung verschleppt? Haben Mitglieder der Bundesregierung im Ausland für Wirecard geworben, obwohl die „Financial Times“ schon längst von erheblichen Unregelmäßigkeiten berichtet hatte. Scholz ist in die Offensive gegangen, um möglichst ungeschoren im Jahr vor der Bundestagswahl dieses Thema zu überleben. Sein Ministerium legte in erstaunlicher Geschwindigkeit ein 16-Punkte-Aktionsprogramm vor.

Verschärfte Bedingungen für Finanzinstitute nach Wirecard

Abschlussprüfung und Bilanzkontrolle werden verschärft. Ein Punkt im Aktionsplan hat allerdings besondere Brisanz für alle Häuser, die staatlich beaufsichtigt werden: „Wir werden auch untersuchen, wie Hinweise von Whistleblowern stärker genutzt werden können und wie die Anreize für Hinweisgeber verbessert werden können.“ Whistleblower haben es derzeit bei BaFin & Co. nicht leicht. Gerne werden sie überhört – und oft genug ist das auch richtig. Es gibt Whistleblower mit sehr berechtigtem Interesse, Missstände aufzudecken. Deutlich mehr Whistleblower verfolgen eigene Interessen und sind deshalb mit Vorsicht zu genießen.

Doch nach der ministerialen Ankündigung, und erst recht nachdem dieser Aktionsplan in Gesetze gegossen wurde, werden Whistleblower von der staatlichen Aufsicht mit Kusshand begrüßt. Nochmal möchte man sich nicht nachsagen lassen, wichtige Hinweise aus dem Inneren eines Finanzkonzerns überhört zu haben. So haben Menschen mit Racheansinnen – insbesondere enttäuschte Mitarbeiter und Führungskräfte – leichtes Spiel, ihre Firma an den Pranger zu stellen. Und dabei den juristischen Schutz als Whistleblower zu erringen. Perfide Whistleblower informieren BaFin und Investigativjournalisten gleichzeitig, so dass die Redaktion ihre Berichterstattung mit der Nachricht aufwerten kann, dass ja auch schon der Aufseher ermittelt. Damit wächst für Finanzunternehmen in Kürze erheblich die Gefahr, in eine Kommunikationskrise zu geraten.

Unglückliches Zusammentreffen mit dem Unternehmenssanktionsrecht

Diese Entwicklung fällt zusammen mit der Verabschiedung des Unternehmenssanktionsrechts, das den Unternehmen die Pflicht auferlegt, selber bei Missständen zu recherchieren. Diese Ermittlungsergebnisse können beschlagnahmt und gegen das Unternehmen verwendet werden. Die Strafen bei Vergehen sind empfindlich bis hin zur Veröffentlichung des Unternehmens mit seinem Vergehen: das so genannte „Naming and Shaming“.

Wenn sich ein Unternehmen tatsächlich eines Vergehens strafbar gemacht hat, ist der neue staatliche Instrumentenkasten genau richtig. Leider erhöht sich auch die Gefahr einer unberechtigten Verdächtigung. Whistleblower haben künftig erheblich leichteres Spiel, ein Institut in die Kommunikationskrise zu stürzen. Wenn später festgestellt wird, dass sich die Vorwürfe relativiert haben, ist der Reputationsschaden bereits eingetreten.

Banken sind daher gut beraten, ihre Krisenkommunikation zu stärken. Diese Kompetenz wird in Kürze wahrscheinlich öfter benötigt.