Pixelio.de / N. Frank

Das neue Buch „Schattenbanken“ von Lothar Lochmaier habe ich ja bereits vorgestellt. Heute nun ein Interview mit dem Autor über Motivation, Hintergründe und das Spiel mit Licht und Schatten.

Hintergrund

Johann Wolfgang von Goethe lässt seinen – für ein anderes Zitat vielleicht noch besser bekannten – Götz von Berlichingen beim Anblick seines missratenen Sohns sagen „Wo Licht ist, da ist auch Schatten.“ So ist es auch bei vielen Banken und Finanzinstituten. Lothar Lochmaier hat in seinem neuen Buch „Schattenbanken“ den Leser mit auf den Weg in die Abgründe von Cybercrime, Hacking und organisiertem Verbrechen genommen.

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Guten Morgen Herr Lochmaier.

Guten Morgen in den Norden, Herr Leichsenring.

Herzlichen Dank für Ihre Bereitschaft, meinen Lesern einen Blick hinter die Kulissen der Schattenbanken zu gestatten. Wären Sie so nett, sich noch einmal kurz vorzustellen?

Gerne, ich stamme aus Ravensburg, der Stadt der Spiele, bin aber ein nicht mehr ganz so geiziger Schwabe.

Beruflich arbeite ich als Freier Fach- und Wirtschaftsjournalist in Berlin.

Und womit gestalten Sie Ihren Broterwerb?

Mit Fachartikeln über Energie, IT- und Bankthemen, davon wird man zwar nicht reich, aber erkenntnisreich.

Was hat Sie zu Ihrem Buch Schattenbanken inspiriert?

Mein Blog Social Banking 2.0 ist für mich eine große Inspirationsquelle. In dem Buch sah ich die Chance, meine bisherigen Themen IT-Sicherheit und Banken in kreativer Weise zu bündeln und an andere Interessierte weiterzugeben.

Und warum wurde es ein Krimi?

Das ist das Spannende, ich glaube nicht, dass man die Welt der Schattenbanken in eine kleine Schublade packen kann, mit viel Schwarz-Weiß-Malerei. Deshalb braucht es einen kreativen Ansatz – und was läge da näher als ein Krimi, der dem Leser mehr Phantasie lässt als ein trockenes Sachbuch.

Gab es reale Vorbilder für Ihre Story? Was ist Fiktion, was ist Wirklichkeit?

Es gibt für kundige Leser jede Menge Anspielungen, die dem ganzen einen „surrealen“ Anstrich, durchaus mit Humor, geben. Der Protagonist Sebastian Heilfrisch könnte in genau solche Konflikte kommen, wie ich Sie beschrieben habe. Auch das Geschäftsgebaren der einen oder anderen Bank kann man wieder erkennen, wenn man tiefer in die Materie eintaucht.

Ziele und Figuren

Wen wollen Sie mit Ihrem Buch ansprechen und was wollen Sie – neben guten verkaufszahlen ;-) – erreichen?

Um gute Verkaufszahlen zu erreichen, müsste ich KTG oder Sarrazin heißen, was für die Masse geht, sind zudem Ratgeber oder Lebensbeichten, am besten schon im zarten Alter von 12 Jahren. In erster Linie braucht man für ein Buch eine Motivation von innen, ob sich andere dafür interessieren, liegt nicht in meiner Hand. Fakt ist aber, dass das Buch sicherlich eine kleine aber feine Lesercommunity finden wird.

Davon bin ich überzeugt.

Wer sind Ihre persönlichen Lieblingsfiguren im Buch?

Die innere Zerrissenheit des Protagonisten, der in eine berufliche wie persönliche Katastrophe hinein läuft, aus der es trotzdem einen Ausweg geben kann, war für mich das Leitmotiv. Aber ich mag jede meiner Figuren, den jungen Hacker ebenso, der das Establishment in Frage stellt, wie sogar den kleinen Mafiachef Igor, der in seinem Größenwahn sogar fast grotesk wirkt – eine besondere Rolle spielen aber auch die Frauen in dem Buch, sie habe ich pointiert stilisiert, einmal als Opfer einer von Männern dominierten Welt, dann als Verführerin, aber auch als puristische Alternativen zu einem anderen Umgang mit der Macht, in Gestalt einer russischen U-Bahn-Musikerin in Berlin. Wie man jeden kleinen Cent zählt, wenn man den Passanten klassische Musik zelebriert, ist eine Art existenzialistischer Symbolakt gegen die obskure Welt der Schattenbanken. Dort, wo man es am wenigsten vermutet, taucht am Ende des Tunnels Licht auf…

Nehmen wir mal Max, den Sohn von Ihrer Hauptfigur Sebastian Heilfrisch: Er ist ja ein ethisch Motivierter auf vermeintlichen Abwegen. Gibt es die eindeutig Bösen und Guten eigentlich überhaupt?

Nein, das ist (hoffentlich) ja gerade das Spannende an dem Plot. Ich selbst glaube nicht an diese simpel gestrickte Welt zwischen Schwarz und Weiß. Für mich sind die Ambivalenzen das Reizvolle, von nahem betrachtet ist kein Mensch „normal“. Auch die jungen Hacker sind irgendwie Getriebene, jeder ist Objekt und Subjekt der Geschichte zugleich.

Ja, das kommt beim Lesen tatsächlich durch, wie ich bestätigen kann.

Sie haben es ja schon angedeutet, dass sich Ihr Buch an einigen Stellen liest, wie „aus dem echten Leben gegriffen“ Enthält es auch autobiografische Passagen?

Ja und nein, was die Musik in der U-Bahn angeht, so habe ich während des Studiums einige Zeit dort Musik gemacht, und auch mit polnischen und russischen Musikern eine Band gegründet, wo wir in guten Hotels gespielt haben, weiß also in dem Gefühl da unten als „Metrorider“ (so hieß unsere damalige Band, wovon ich rede. Generell ist es aber auch wichtig, sich etwas von der eigenen Wahrnehmung zu lösen, um mit den Figuren aus der inneren Distanz heraus spielen zu können…

Licht und Schatten bei Banken – Was überwiegt am Ende?

Licht und Schatten

Das Spiel mit „Licht und Schatten“ gibt es ja in vielen Zusammenhängen, so in der Musik oder auch in der Kunst oder Fotografie. Welchem Element fühlen Sie sich stärker hingezogen und warum?

Die Welt hat enorm viele Facetten, Klänge und Gerüche. Künstlerisch bin ich ein sehr offener Mensch, wobei die Musik sicherlich ein Schwerpunkt ist. Aber auch Bilder können einen enormen Sog ausüben, nicht umsonst gibt es das Sprichwort, ein Bild sagt mehr als tausend Worte… trotzdem habe ich versucht in verbaler Form mit den beiden Elementen Licht und Schatten zu spielen…

Ist Ihr Buch mehr Mahnung oder mehr Warnung?

Keiner von beiden Begriffen bringt es vielleicht exakt auf den Punkt. Wie wäre es mit Wegweiser an einer Kreuzung, wo man in verschiedene Richtungen abbiegen kann, jeder soll selbst entscheiden.

Schönes Bild. Wer sind darin die „Kreuzritter“?

Schöne Analogie mit den Kreuzrittern, die Sie da gewählt haben. Das ist sicherlich der „klassische“ Teil der Finanzindustrie, der am Provisionsmodell festhält, er gehört aber zum Auslaufmodell. Sicherlich sind auch andere Protagonisten wie Limes eine Art von modernem Raubrittertum im Internet….

Ein interaktives Format

Sie haben für Ihr Buch ja ein ganz spezielles Format gewählt: Das einer „Szenariowerkstatt“. Was möchten Sie hier (ohne die Spannung zu rauben) meinen Lesern über dieses Format verraten und was hat Sie dazu verleitet?

Nun ja, im Grunde bietet die Handlung beim Lesen enorm viele Möglichkeiten, die Figuren in die eine oder andere Art zu denken und weiter zu entwickeln. Ich habe deshalb, ohne zu viele Details zu verraten, das Ende der Geschichte recht offen konzipiert, um nicht ein fertiges Happy end oder den großen Supergau vorzudefinieren, so dass der Leser entweder frustriert oder glücklich zurück bleibt – sondern die Phantasie sozusagen zu öffnen, durch verschiedene Türen hindurch weiter zu gehen, oder eben an der Wegkreuzung diesen oder jenen Pfad zu nehmen…

Ein wirklich spannender Ansatz, der mich am Wochenende, nachdem ich Ihr Buch fertig gelesen hatte, erst mal „umgehauen“ hat.

Sie haben sich auch für die relativ neue Vertriebsform des e-Books entschieden. Warum? Und wie zufrieden sind Sie bislang mit dem Erfolg Ihres Buches?

Solch ein Buch verkauft sich nicht über Nacht, da sind meine Erwartungen also eher bodenständig. Es braucht Zeit, einige Leser melden sich auch bei mir und finden das Ganze in Printform besser. Das werde ich natürlich auch noch überlegen, Gespräche laufen bereits. Ansonsten gibt es das eBook jetzt auch via Apple und Amazon. Zu meiner weiteren Motivation: Ich wollte auch hier einen neuen Weg jenseits vom klassischen Verlagswesen beschreiten, ein eBook hat mir in dieser Form enormen Gestaltungsspielraum gelassen, der Autor führt alles von A bis Z selbst durch, ich liebe das. Und nun kommt für die Leser des Bankblogs noch eine weitere exklusive News, möchten Sie die wissen?

Na klar doch!

Und zwar habe ich gestern ein weiteres eBook veröffentlicht, wie schon im Herbst 2011 angedeutet. Meine Blogreview aus nun fast dreijähriger Tätigkeit als Finanzblogger trägt den Titel Bank 2.0: Die Killerapp – es kann via Xinxii herunter geladen werden: – Am kommenden Mittwoch werde ich das „pointierte Meinungsbuch“ auf meinem Blog vorstellen. Damit schließt sich der Kreis meiner kleinen „Bankentrilogie“….

Ausblick

Toll. Ich weiß ja selbst, wie viel Arbeit hinter solchen „Projekten“ steht.

Geben Sie uns doch zum Abschluss noch einen Ausblick: Wo sehen Sie die Gefahr, dass die Fiktion Ihres Roman für die Banken zur Realität wird?

Ja, das ist manchmal das Frustrierende, aber auch Erhellende, alles was am Ende spielerisch leicht aussieht, hinter dem steckt meist viel harte Arbeit. Aber neue Wege entstehen nur beim Gehen. Ich würde deshalb weniger von Gefahren sprechen, nur jene, die die Welt nur gut genährt aus dem Rückspiegel ihrer Yachten beobachten, haben vielleicht etwas zu verlieren. Wer bereit ist, sich auf die Zukunft einzulassen, für den wird meine Fiktion zu den Schattenbanken viel kreative Spielmöglichkeiten bieten, um im Sinne einer „Lichtbank“ oder sagen wir, einer Bank mit mehr Lichtstrahlen als Schattenelementen, sich am Puls der realen Wirtschaft und dem Bedarf der Kunden zu positionieren. Es gibt hier also jede Menge positiver Angriffspunkte…

Das ist ein wenig beruhigend…

Herzlichen Dank für das Gespräch und weiterhin viel Erfolg bei Ihren Projekten.

Herr Leichsenring, vielen Dank auch Ihnen für die interessanten und inspirierenden Fragen. Und vor allem wünsche ich auch Ihnen mit Ihrem Blog weiterhin viel Erfolg, in dem ja auch jede Menge Arbeit und Leidenschaft drin steckt, nicht nur im Sinne einer „sozialen Extrarendite“, sondern auch ganz handfest…!