Kunden erwarten heute eine Bank, die immer auf allen Kommunikationskanälen erreichbar ist, sowie schnellen und individuellen Service bietet. Dazu müssen Organisationsstruktur und Arbeitsweisen agiler werden, wie die Transformation der Hanseatic Bank zeigt.

Bank-Transformation für Agilität und Kulturwandel

Mehr Agilität erfordert in den meisten Banken einen Kulturwandel.

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Morgens bestellt, abends da – mit den immer extremer werdenden Serviceleistungen steigen auch die Erwartungen der Kunden. Und das nicht zuletzt durch die Digitalisierung. Aktuell befinden wir uns in einem digitalen Wandel, der nicht nur  von Unternehmen, sondern in erster Linie von den Konsumenten getrieben wird.

Dank kostengünstiger mobiler Endgeräte wie Smartphones und Tablets stehen die neuesten Technologien jedem rund um die Uhr zur Verfügung. Dadurch steigen wiederum die Ansprüche, die erfüllt werden wollen. Und das am besten sofort. Ein Höchstmaß an Wandlungsfähigkeit und die Bereitschaft jedes Einzelnen, neue Wege zu gehen, sind daher entscheidend für das Überleben von Unternehmen.

Von FinTechs lernen

Was die junge Gründerszene vormacht und auszeichnet, ist für die eher konservative Finanzbranche größtenteils noch immer Neuland. Viele sahen der digitalen Transformation lange Zeit tatenlos zu oder passten ihre Strukturen häufig nur marginal an. Ein Umstand, den sich die FinTechs zunutze gemacht haben. Durch unkonventionelle Arbeitsweisen und innovative Lösungen sicherten sie sich schnell wichtige Marktanteile.

Um den Herausforderungen des digitalen Wandels bestmöglich gewachsen zu sein, können sich Banken die Organisationsstrukturen der FinTechs zum Vorbild nehmen. Sie arbeiten agil – reagieren also flexibel und schnell auf neue Gegebenheiten. Produkte werden nicht mehr bis ins letzte Detail perfektioniert, bevor sie an den Markt gehen. Stattdessen setzten FinTechs oft auf die Entwicklung von Prototypen, die von Kunden getestet und anschließend nach deren Wünschen optimiert werden. Der Fokus liegt darauf, aus Sicht der Kunden zu handeln und immer schneller und früher zu erkennen, was ihre Bedürfnisse sind.

Mut zur Veränderung

Aufgrund von flachen Hierarchien innerhalb der FinTechs werden Entscheidungen in erster Linie von Experten und nicht von der Führungsebene getroffen. Um den Anforderungen am Markt gerecht zu werden, sollten Unternehmen ihre Strukturmodelle entsprechend anpassen und den einzelnen Mitarbeitern mehr Verantwortung übertragen. Flache Hierarchien sorgen für kürzere Absprachewege und motivieren dabei jeden Mitarbeiter, sich vermehrt einzubringen und Entscheidungen selbst zu treffen.

Damit dieses Konzept funktioniert, sind jedoch Menschen gefragt, die auch im Kopf agil sind. Das betrifft sowohl einzelne Mitarbeiter als auch die Führungsebene. Denn der Wille und die Kompetenz, sich immer neuen Herausforderungen zu stellen, auf verschiedene Weisen Lösungen zu entwickeln und in unterschiedlichsten Teams zusammenzuarbeiten, ist zunächst reine Kopfsache. Dabei spielt das mittlere Management eine besondere Rolle, denn hier besteht eine merkliche Angst, durch die neue Organisation etwas zu verlieren. Die Führungskräfte müssen agile Arbeits- und Denkweisen vorleben und gleichzeitig ihre Mitarbeiter motivieren und ermutigen, neue Wege zu gehen.

Nicht jeder sieht von Anfang an einen Sinn in dem Kurswechsel. Auch die Skeptiker gilt es abzuholen und bestenfalls zu überzeugen. Wichtig dabei ist eine offene, gelebte Fehlerkultur. Denn wer sich auf neues Terrain begibt, riskiert automatisch Rückschläge. Nur wer den Mut hat, Fehler zu begehen, sich diese einzugestehen und aus ihnen zu lernen, ist frei für die Entwicklung neuer Ideen und Innovationen.

Eine Bank wird agil

Die Hanseatic Bank hat den Schritt gewagt: Sie befindet sich mitten in der Transformation hin zu einer agilen Organisation. Vor über zwei Jahren legte das Unternehmen mit einem Disruptions-Workshop den Grundstein für den Wandel. Seither setzt die Hamburger Privatbank, die zu 75 Prozent der Société Générale und zu 25 Prozent zur Otto Group gehört, auf agile Arbeitsweisen und -methoden in nahezu allen Unternehmensbereichen. Von crossfunktionalen Teams über flache Hierarchien bis hin zur Duz-Kultur wurden bereits viele Strukturen und Prozesse durchbrochen und agile Arbeitsweisen etabliert.

Ein wichtiger Erfolgsfaktor dabei war, die Mitarbeiter von Anfang an aktiv in den Aufbau der neuen Organisationsstruktur miteinzubeziehen. Durch partizipative Workshops mit Methoden wie World Cafés und Fishbowls sowie durch Coaching und bankeigene Kreativlabore haben alle Mitarbeiter die Möglichkeit, agile Arbeitsweisen zu erlernen und die Umstrukturierung aktiv mitzugestalten. So kann sich eine offene und flexible Denkweise bei jedem Einzelnen entwickeln und eine neue Unternehmenskultur entstehen. Es genügt nämlich nicht, lediglich die Organisationsstruktur anzupassen. Ein agiles Mindset muss vor allem über praktische Erfahrungen erlernt werden und so natürlich im Unternehmen wachsen. Dabei muss jedoch der Ursprung des Wandels immer im Fokus stehen: Ziel ist es nicht, mit aller Macht agil zu werden, sondern Produkte und Services zu entwickeln, die die Kunden begeistern.

Zu den bisherigen Erfolgen der neuen Organisationsstruktur gehört unter anderem die Entwicklung einer Banking-App. Innerhalb von sechs Monaten brachte eines von vier crossfunktionalen Teams, die sich mit unterschiedlichen Kundenbedürfnissen beschäftigen, die App erfolgreich an den Markt. Das Team arbeitet fortlaufend daran, neue Funktionen für die Anwendung zu entwickeln. So konnten schon viele Services ergänzt werden, wie die Geld-Sofortüberweisung vom Verfügungsrahmen der Kreditkarte auf das Girokonto, die Erteilung von individuellen Freigaben für die Nutzung der Kreditkarte an Automaten, im Ausland oder online sowie eine Geldautomatensuche. Diese schnellen Ergebnisse wären in der alten Organisationsform der Bank kaum erreicht worden.


Der Beitrag erschien als Teil des Jahrbuchs 2019/20 des Vereins Finanzplatz Hamburg e.V.. Das Jahrbuch können Sie hier herunterladen oder als Hardcopy bestellen.