Corporates und Start-ups können sich einen gegenseitigen Mehrwert bieten. Dabei müssen Partnerschaften nicht auf Ewigkeit angelegt sein, es ist eher Vielfalt gefragt und Mut, einfach mal etwas auszuprobieren.

Kooperationen zwischen Start-ups und Banken

Mit Start-ups kooperieren heißt nicht nur, von ihren Lösungen profitieren zu wollen: Für eine erfolgreiche Kooperation zwischen etablierten Unternehmen und innovativen Newcomern braucht es die Balance des Gebens und Nehmens für eine Partnerschaft auf Augenhöhe.

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Für das Innovationsmanagement bei der Aareal Bank sind Kooperationen ein wichtiger Faktor. Deshalb suchen wir bewusst die Nähe zu anderen Marktteilnehmern – besonders zur Start-up-Szene und spannenden Technologie-Firmen, aber auch der Austausch mit Mitbewerbern oder Kooperationen mit Thinktanks wie etwa dem „Copenhagen Institute for Futures Studies“ gehören dazu. Beim Thema Innovation sind Berührungsängste schlichtweg hinderlich. Denn um Neues zu erkunden, ist eine andere Perspektive förderlich.

Start-ups und Innovation

Insbesondere Start-ups bringen häufig diese andere Sicht auf Dinge und eine kreativere Innovationskultur mit in die Partnerschaft. Eine Kooperation ist daher ein guter Weg für etablierte Unternehmen aus der Finanzbranche, um sich frische Impulse zu holen. Das oft geforderte „Thinking out of the box“ fällt nun mal denen besonders leicht, die sich nicht in der besagten Schachtel befinden. Offenheit bei der Partnerwahl ist durchaus legitim.

Die Eignung für eine lebenslange Beziehung sollte nicht das ausschlaggebende Kriterium sein. Wichtig ist vielmehr, dass die Partnerschaft für beide Beteiligten einen Mehrwert verspricht – es sollte eine Beziehung auf Augenhöhe angestrebt werden, in der beide Seiten voneinander lernen können. Dabei entwickelt sich die Qualität von eingegangen Beziehungen über die Zeit, denn natürlich verändern sich die Ansprüche mit der Lernkurve und auch mit dem Aufbau des eigenen Netzwerks innerhalb der Start-up-Ökosysteme. Vor diesem Hintergrund ist es durchaus sinnvoll, unterschiedliche Stufen von Beziehungsintensitäten zu entwickeln.

Multidimensionale Beziehungsstrukturen

Das Beziehungsleben zu den Kooperationspartnern der Aareal Bank Gruppe ist in jeglicher Hinsicht mehrdimensional. Das Start-up-Programm ist konzernweit aufgestellt und wird von einem virtuellen Team geführt. Das heißt die Mitglieder des Teams kommen aus allen drei Geschäftsbereichen – Strukturierte Immobilienfinanzierung, Banking & Digital Solutions sowie von der Software-Tochter Aareon – und widmen neben den sonstigen Aufgaben im Tagesgeschäft einen Teil ihrer Arbeitszeit der Beziehungspflege mit Start-ups. Zum multidisziplinären Team werden projektgebunden auch Mitarbeitende aus den Stabsbereichen hinzugezogen. Ein Advisory Committee mit Vertretern aus den drei Geschäftsbereichen, dem Strategiebereich und der IT berät und steht als Sounding Board bei wichtigen Entscheidungen zur Seite.

Die vier Stufen der Start-up-Beziehungen

Die Intensität und Spielarten der Beziehungen kennt vier verschiedene Formen bzw. Handlungsfelder:

  1. Accelerator Programme,
  2. Kooperationen,
  3. Strategische Beteiligungen,
  4. Eigene Start-ups.

Die Intensität und Spielarten der Beziehungen kennt vier verschiedene Formen bzw. Handlungsfelder.

1. Accelerator Programme

Hier ist das Engagement bei institutionellen Organisationen und Branchen-Netzwerken gebündelt, aber auch bei Förderprogrammen in denen Start-ups mit finanziellen Mitteln, Büroräumen, Mentorings, Weiterbildungsmaßnahmen, etc. unterstützt werden. So können sie sich gezielt auf das Entwickeln ihrer Ideen konzentrieren und diese zur Marktreife führen.

Ein Beispiel: Plug and Play hat in Frankfurt 2018 die Innovationsplattform „Fintech Europe“ gegründet. Die Aareal Bank ist als Gründungsmitglied von Anfang an dabei. So können wir mit den weltweit besten Start-up-Unternehmen aus der Finanzbranche zusammenarbeiten und für unsere Kunden relevante Anwendungsfälle entwickeln.

2. Kooperationen

Hier werden innovative Ideen der Start-ups oder Technologieunternehmen mit dem langjährigen Branchen-Know-how und Zugang zum Markt der Aareal Bank verknüpft. Dabei steht die konkrete Entwicklung von neuen Produkten und Dienstleistungen, die Verbesserung von Prozessen sowie die Optimierung von Lieferbeziehungen im Mittelpunkt – das omnipräsente Stichwort heißt hier Digitalisierung. Ein wesentlicher Aspekt ist dabei das Entwickeln neuer Geschäftsmodelle.

Beispiele sind Predictive Maintenance-Lösungen,  eine Ableselösung für Zähler inkl. Webportal und einer Ablese-App, digitales Datenmanagement und ein KI-basierter News Tracker für das Risikomonitoring im Kreditgeschäft, Chatbots für die Wohnungswirtschaft oder innovative Zahlungslösungen für die Immobilienwirtschaft und verbundene Branchen.

3. Strategische Beteiligungen

Eine Beziehung mit tieferer Intensität entsteht durch Investitionen in Start-ups, die indirekt oder direkt durch Beteiligung, Übernahmen oder das Bilden von Joint Ventures erfolgen kann. Mitte 2019 haben wir uns an PropTech1 Ventures, einen auf europäische PropTech-Startups spezialisierten Venture-Capital-Fonds, beteiligt. Mit dem Energiedienstleister ista sind wir das Joint Venture objego eingegangen, das cloudbasierte Verwaltungssoftware für private Vermieter anbietet. Aareon hat 2021 bspw. das PropTech wohnungshelden übernommen, das auf die digitale Wohnungsvermittlung spezialisiert ist. Die jüngste Akquisition haben wir im März verkündet: Mit CollectAI haben wir einen Payment-Solution-Provider für KI-gestütztes intelligentes Rechnungs- und Mahnwesen übernommen.

4. Eigene Start-ups

Um eigene Geschäftsideen im Markt zu verproben, hat die Aareon 2018 Ampolon Ventures mit dem Ziel aufgebaut, neue PropTech Ventures zu gründen sowie Partnerschaften mit ambitionierten Gründern einzugehen. Im Portfolio befinden sich aktuell zwei Technologieunternehmen: foxxbee und Ecaria, bei zwei weiteren erfolgte bereits ein Exit.

Beziehungen werden erwachsen

In den fünf Jahren seit Gründung des Start-up-Programms hat sich dieses deutlich weiterentwickelt. Stand am Anfang der Aufbau von Community und Netzwerk der damals noch relativ jungen PropTech- und FinTech-Szenen im Vordergrund, haben sich diese mittlerweile etabliert. Der Markt ist transparenter und professioneller geworden, auch dank Plattformen wie Plug and Play, die Start-ups und Unternehmen zusammenbringen. Das macht die Partnersuche einfacher, denn man weiß, wo die zu einem Projekt passenden Start-ups zu suchen und zu finden sind.

Deshalb kann man bei der Partnerwahl auch selektiver vorgehen als in der Anfangsphase, kann besser einschätzen, was man vom Partner erwarten kann, was wahrscheinlich funktioniert und was nicht. Ein Problem begegnet einem jedoch auch heute immer noch und immer wieder: Entweder es gibt zu viele oder zu wenige potenzielle Partner.

Start-up-Team ist interner Dienstleister

Das Start-up-Team übernimmt dabei die Rolle eines internen Dienstleisters oder Enablers, der bei Bedarfen in den Fachbereichen die potenziellen Partner herausfiltert und den Kontakt herstellt. Dabei gibt es natürlich nicht nur aktive Suchen aus dem Unternehmen, sondern es kommen auch Start-ups initiativ mit Ideen auf die Bank zu.

Die Themen für die Kooperationen haben sich hingegen nicht wesentlich verändert: Trends erkennen, Chancen und Risiken daraus ableiten, die eigene Innovationskraft stärken, das Produktportfolio erweitern und Mehrwerte für die Stakeholder schaffen – das ist die inhaltliche und strategische Klammer für alle Aktivitäten, die mit dem Start-up-Programm verfolgt werden.

Fazit: Voneinander lernen

Bei Kooperationen mit Start-ups und Technologieunternehmen geht es immer darum, voneinander zu lernen und noch besser zu verstehen, wie sich durch neue, digitale Ansätze Innovationen verwirklichen lassen. Start-ups liefern Impulse, aber nicht immer muss eine Idee zünden. Zum Beziehungszyklus gehört auch das Loslassen können.

Mit Start-ups kooperieren heißt schließlich nicht nur, von ihren Lösungen profitieren zu wollen: Für eine erfolgreiche Kooperation braucht es die Balance des Gebens und Nehmens, eine Partnerschaft auf Augenhöhe.


Der vorliegende Artikel ist der letzte Teil einer Beitragsserie „Innovationsmanagement in der Aareal Bank“.

Im ersten Teil „Lieber den Wandel vorantreiben als sich treiben lassen“ gab Daniel Höfelmann einen ersten Überblick zum Thema Wandel als strategischen Ziel. Im zweiten Teil „Innovationen vorantreiben und Risiken minimieren“ vermittelte Philippe Said  Einblicke in das Foresight Management der Aareal Bank und im dritten Teil „Künstliche Intelligenz im praktischen Einsatz“ beleuchtete Sebastian Hennerici Technologien die einen großen Einfluss auf künftige Entwicklungen im Finanzsektor haben.