Die Europäische Union möchte die Möglichkeit von Sofortüberweisungen für alle Banken verpflichtend machen. Über die aktuellen Entwicklungen und die Folgen für Kunden und Banken, habe ich mit Lars Goerke von van den Berg FS gesprochen.

Sofortüberweisungen sollen für alle Banken verpflichtend werden

Die Europäische Union will das Angebot von Sofortüberweisungen für alle Banken verpflichtend machen.

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In der EU können Verbraucher zukünftig innerhalb der Staatengemeinschaft Euro-Beträge ohne zusätzliche Kosten innerhalb von Sekunden überweisen. Banken und andere Zahlungsdienstleister, die herkömmliche Euro-Überweisungen anbieten, müssen nach dem Willen der EU seit neuestem auch Sofortüberweisungen (Instant Payments) in Euro bereitstellen. Falls Gebühren anfallen, dürfen diese nicht höher sein als die für herkömmliche SEPA-Überweisungen geltenden Gebühren.

Sofortüberweisungen ermöglichen es Verbrauchern, innerhalb von zehn Sekunden Geld zu überweisen, auch außerhalb der Geschäftszeiten und grenzüberschreitend.

Die neuen Vorschriften sollen für alle 27 EU-Staaten sowie Norwegen, Island und Liechtenstein gelten. Die Umsetzung erfolgt nach einer Übergangszeit, wobei sie in den Euro-Ländern schneller erfolgt als in anderen.

 

Fragen an Lars Goerke, van den Berg FS GmbH

Über den aktuellen Stand der Dinge und die möglichen Folgen habe ich mich mit Lars Goerke unterhalten. Der Bankkaufmann und Wirtschaftspsychologe ist Business Analyst bei van den Berg FS und war zuvor Privatkundenbetreuer bei einer großen Sparkasse.

Lars Goerke ist Business Analyst bei van den Berg FS.

Instant Payments bringen Vorteile für Banken und deren Kunden

Der Bank Blog: Brauchen Kunden und Banken eigentlich die neuen Sofortüberweisungen? PayPal ermöglicht dies doch heute bereits. Wo liegt der zusätzliche Nutzen?

Lars Goerke: Die Verpflichtung zu Instant Payments in der EU bietet sowohl für Banken als auch für Kunden mehrere Vorteile. Für Banken kann Instant Payments eine Effizienzsteigerung im Zahlungsverkehr bedeuten, da Instant Payments-Transaktionen schneller abgewickelt werden und somit die Servicequalität verbessert wird.

Für die Kunden wiederum bedeutet Instant Payments eine schnellere und nahtlosere Erfahrung bei Geldtransaktionen. Im Vergleich zu herkömmlichen Überweisungen, die oft mehrere Stunden oder sogar Tage dauern können, ermöglicht Instant Payment eine sofortige Verfügbarkeit des Geldes. Dies kann insbesondere in Notfällen oder bei zeitkritischen Transaktionen von großem Vorteil sein.

Obwohl auch PayPal schnelle Geldtransfers ermöglicht, ist eine umfassende Infrastruktur für Instant Payments auf EU-Ebene für Banken und Kunden von Vorteil, da sie eine standardisierte und interoperable Lösung bietet, die von verschiedenen Banken unterstützt wird. Dies fördert den Wettbewerb und ermöglicht eine breitere Akzeptanz sowie ein einheitliches Kundenerlebnis.

EU-Regulierung ist Treiber für Instant Payments

Der Bank Blog: Großer Treiber für Instant Payments ist aktuell die EU-Regulatorik samt anstehender Verpflichtung – wo stehen wir?

Lars Goerke: Das ist in der Tat richtig, derzeit warten wir mit Spannung auf das Inkrafttreten der EU-Verordnung. Aber noch einmal kurz zum Hintergrund: Im November 2023 haben sich die Vertreter des Europäischen Parlaments, der Europäischen Kommission und des Europäischen Rates im Rahmen eines Trilogs auf eine vorläufige Formulierung des Verordnungsentwurfs für die Instant Payments geeinigt.

Die Einigung der Trilog-Vertreter wurde nun am 26.02. vom Europäischen Rat endgültig gebilligt, nachdem das Europäische Parlament bereits am 07.02. die endgültige Fassung mit deutlicher Mehrheit angenommen hatte. Im nächsten Schritt wird die Verordnung nun zeitnah im Amtsblatt veröffentlicht und tritt 20 Tage nach der dortigen Veröffentlichung in Kraft. Die Einhaltung sowie die Gebührenstrukturen und die Anzahl der abgelehnten Zahlungen werden zukünftig durch entsprechende Berichte die der Kommission vorgelegt werden müssen überwacht.

Dies ist ein wichtiger Schritt hin zu einem schnelleren, effizienteren und einheitlicheren Zahlungsverkehr in Europa, der das Potenzial hat, die Bankenlandschaft grundlegend zu verändern.

Der Bank Blog: Welche Fristen sind bei der verpflichtenden Einführung von Instant Payments für Banken und Institute zu beachten?

Lars Goerke: Die Verpflichtung sieht folgende Fristen vor:

  • 9 Monate für eingehende Sofortzahlungen (IP-Passiv).
  • 9 Monate für die tägliche Embargoprüfung gegen Kontenbestand.
  • 18 Monate für aktive Sofortzahlungen (IP aktiv) und die IBAN-Namenprüfung (Verification of Payee).
  • Nicht-Euroländer = 33/39 Monate (passiv/aktiv).

Die vorgeschlagenen Umsetzungsfristen waren bereits sehr ambitioniert und wurden nochmals angepasst. Daher ist jetzt schnelles Handeln gefragt.

Erste Details zur Verification of Payee wurden kürzlich am 20.02. vom European Payment Council (EPC) in Form eines Rulebook-Entwurfs veröffentlicht, der einen Standard sowie das Mindestmaß für mögliche Lösungen am Markt definiert. Dieser Entwurf geht nun zunächst für drei Monate in die öffentliche Konsultation, bevor voraussichtlich im September dieses Jahres eine formale Version 1.0 veröffentlicht wird. Spannend sind hier u.a. die angestrebte maximale Ausführungszeit von 3 Sekunden für den gesamten Workflow sowie die geforderte Interoperabilität der am Markt verfügbaren Lösungen.

Der Bank Blog: Gibt es Neuerungen im Verordnungsvorschlag, die aus Ihrer Sicht besonders hervorzuheben sind?

Lars Goerke: Ja, aus meiner Sicht sind folgende Punkte besonders hervorzuheben:

  • Kunden sollen pro Tag und pro Transaktion Betragsgrenzen festlegen dürfen. Diese Betragsgrenzen gelten sowohl für Einzel- wie auch für Bulkzahlungen.
  • Institute, die im SEPA-Umfeld Sammelüberweisungen anbieten müssen, dies in Zukunft auch im SCT-INST Bereich tun.
  • Abweichend zum ursprünglichen Verordnungsentwurf, müssen E-Geld und Zahlungsinstitute passiv wie aktiv 36 Monate nach Inkrafttreten ebenfalls Instant Payments anbieten.
  • Um E-Geld und Zahlungsinstitute mit in die Verpflichtung einzubeziehen, sollen diese Zugang zu Zentralbank erhalten und in die Definition eines „Institutes“ gemäß Richtlinie 98/26/EG mit aufgenommen werden
    • Definition E-Geld Institute gemäß Artikel 2 Nummer 1 der Richtlinie 2009/110/EG.
    • Definition Zahlungsinstitute gemäß Artikel 4 Nummer 4 der Richtlinie (EU) 2015/2366.

Banken müssen jetzt handeln

Der Bank Blog: Zur Umsetzung von Instant Payments – worauf kommt es aus Ihrer Sicht besonders an?

Lars Goerke: Die Dringlichkeit der Situation darf nicht unterschätzt werden. Einer geforderten passiven Verfügbarkeit von Instant Payment bis Ende 2024 sowie einer aktiven Verfügbarkeit inklusive Abbildung des Verification of Payee Services bis September 2025 stehen nach unseren Erfahrungen Projektlaufzeiten zwischen drei und neun Monaten gegenüber.

Entscheidend wird aus meiner Sicht eine schnelle Markteinführung sein, die sich beispielsweise aus schlanken Projektstrukturen, erprobten und standardisierten Prozessen sowie effizienten Anbindungsstrukturen ergibt. Dies können wir bei van den Berg beispielsweise durch das Instructing-Party-Konstrukt gewährleisten, das dem Kunden eine Anpassung des Vertragswerks mit SWIFT erspart. Darüber hinaus kann unser registrierter vdB-BIC als Testpartner fungieren.

Banken müssen echtzeitfähig werden

Der Bank Blog: Was bedeutet dies konkret für Banken und andere Zahlungsanbieter?

Lars Goerke: Der Appell ist klar: Handeln Sie als Institut jetzt, um echtzeitfähig zu werden. In der Hochphase ist mit Kapazitätsengpässen zu rechnen. Das betrifft uns bei van den Berg als Vendor genauso wie Beratungshäuser oder ein externes Projektmanagement. Auch bestehende echtzeitfähige Zahlungsverkehrslösungen müssen ihre bestehende Lösung auf die neuen Anforderungen hin überprüfen.

Der Bank Blog: Wie teuer wird das Ganze für die Banken?

Lars Goerke: Die Kosten für die Implementierung von Instant Payments für eine Bank können stark variieren und hängen von verschiedenen Faktoren wie der vorhandenen IT-Infrastruktur, der Größe des Kundenstamms, der externen Projektleitung und dem Integrationsaufwand in das bestehende Zahlungsverkehrssystem ab.

Wichtig ist, dass die Vorteile einer Instant Payments Lösung langfristig die Kundenzufriedenheit und die Wettbewerbsfähigkeit steigern.

Instant Payments sind die Basis für weitere Innovationen

Der Bank Blog: Sind Instant Payments dann das Ende der Fahnenstange oder wird sich die EU weitere Elemente des Zahlungsverkehrs raussuchen und verändern?

Lars Goerke: Der Zahlungsverkehr befindet sich in einem dynamischen Wandel, der in den letzten Jahren von verschiedenen wichtigen Entwicklungen geprägt war. Nach der T2/T2S-Konsolidierung stehen nun Schritte wie die verpflichtende Einführung von Instant Payments und die Umstellung auf CBPR+ im Auslandszahlungsverkehr bevor. Im Gegensatz zur T2/T2S-Konsolidierung erfolgt der Übergang in die neue MX-Welt im Auslandszahlungsverkehr ohne einen Big Bang in einer Übergangszeit bis November 2025.

Instant Payments stellt nicht nur eine zeitgemäße Abwicklung dar, sondern bildet auch die Basis für die Einführung des digitalen Euro sowie Request to Pay. Die flächendeckende Einführung von Instant Payments wird auch für die European Payment Initiative (EPI) eine entscheidende Rolle spielen.

Aus regulatorischer Sicht sind Änderungen wie CESOP (Central Electronic System of Payment Information) zu nennen, das seit Anfang des Jahres grenzüberschreitende Zahlungen analysiert, um Umsatzsteuerbetrug zu bekämpfen. Der Entwurf der dritten Zahlungsdiensterichtlinie (PSD3) wurde im Juni 2023 veröffentlicht und wird weitere Anpassungen für Banken mit sich bringen. Auch für herkömmliche SEPA-Überweisungen wird die Verifizierung des Zahlungsempfängers zum Standard.

Diese Initiativen haben das gemeinsame Ziel, den Zahlungsverkehr der Zukunft zu harmonisieren und zu beschleunigen. Gleichzeitig sollen sie die Sicherheit für den Verbraucher erhöhen und die Wettbewerbsfähigkeit im Bereich Open Banking steigern. Vor dem Hintergrund all dieser Entwicklungen wird deutlich, dass das Bankenumfeld in den kommenden Jahren weiterhin großen Veränderungen unterworfen sein wird und die Innovationskurve noch lange nicht ihren Höhepunkt erreicht hat.

Echtzeit wird die neue Normalität

Der Bank Blog: Wird sich das „Just-in-time-Prinzip“ von Instant Payments als neue Normalität etablieren?

Lars Goerke: Ja, mit einer gewissen Übergangszeit gehe ich fest davon aus. In unserem Kundenstamm gibt es bereits einige Banken, die sich mit der vollständigen Umstellung von SEPA-Zahlungen auf Instant Payments beschäftigen und diese im Laufe des Jahres 2024 angehen werden. Es ist davon auszugehen, dass damit auch das Volumen im Bereich der Echtzeitzahlungen stark ansteigen wird.

Der Bank Blog: Vielen Dank für das Gespräch.