Der Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken will junge Kunden vom Nutzen eines Girokontos überzeugen. Ein Retro-Video mit dem Titel „Let’s get digital“ soll helfen, das digitale Image aufzupolieren.

Marketing der Geno-Banken: Let’s get digital

Das neue Video der genossenschaftlichen Bankengruppe soll junge Kunden ansprechen.

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„Let‘s get physical“ sang Olivia Newton-John 1981 und meinte damit etwas eindeutig Zweideutiges. Nun haben die Volks- und Raiffeisenbanken – genauer gesagt ihr Bundesverband – das Lied umgetextet und in einem neuen Video verpackt. Das Ganze im besten Retro-Stil, sogar das Videoformat ist den 80ern nachempfunden. Eine Doppelgängerin von Olivia Newton-John präsentiert sich genauso lasziv wie das damalige Original. Sie preist das genossenschaftliche Girokonto an und will gleichzeitig das digitale Image der Finanzgruppe aufpolieren.

Millenials im Fokus der Marketing-Kampagne

Das Video ist Teil der neuen Kampagne „#letsgetdigital“. Mit ihr sollen jüngere Millenials und die Generation Z erreicht werden, also 18 – 25 Jährige, die am Anfang ihres Berufslebens stehen oder noch in der Ausbildung stecken. Laut BVR seien die 80er-Jahre in dieser Zielgruppe angesagt, was man sich kreativ zunutze machen will.

So wird auf der dazugehörenden Micro-Webseite „Sicher. Einfach. Digital. Unser Girokonto“ auch munter geduzt:

„Unser Girokonto ermöglicht dir in Verbindung mit über 80 digitalen Services immer und überall mobil auf deine Finanzen zuzugreifen. Ganz einfach, ganz sicher.“

„Durch die Hintertür“ zum Kunden

Aufgrund des Mediennutzungsverhaltens von Millenials sei es allerdings fast unmöglich, sie mit klassischer Werbung zu erreichen. Daher setze man auf Branded Content in den sozialen Medien und will über das Vehikel „Entertainment“ die Aufmerksamkeit der Zielgruppe quasi durch die Hintertür bekommen.

Die Kampagne ist auf „Video first“ und mediaseitig auf „mobile first“ angelegt. Der Schwerpunkt der Verbreitungskanäle sind video-lastige Social-Media-Kanäle wie Instagram und YouTube, wo man zudem die Zielgruppe sehr zielgenau ansprechen könne. Zudem soll das Video auf Spotify sowie ab dem 23. Mai auch für zwei Wochen bundesweit im Kino zu sehen sein. Daneben gibt es POS-Materialien wie Poster, Schaufenster-Deko, etc.

Video „Let’s get digital“ – Ein Girokonto, das so digital ist wie du

Hier können Sie das Video der Genossen anschauen:

https://www.youtube.com/watch?v=g9iRi6b9YSg

Die Übersetzung des Liedtextes lautet wie folgt:

Wir sind nicht die Bank, für die Du uns hältst.
Wir befanden uns in einer Transformation.
Du kannst immer noch persönlich mit uns sprechen.
Weil wir wissen, was Du brauchst, haben wir jedes Bankkonto mit der besten Technologie aufgewertet.
Zahle mit Kwitt in Deinem eigenen Tempo.
Sofortiges papierloses Bezahlen.

Lasst uns digital werden!
Wir werden digital sein!
Hol Dir Dein digitales Bankkonto, Bankkonto!
Hol Dir Dein digitales Bankkonto!

Wir waren großartig, wir waren gut bei unserem analogen Banking.
Aber jetzt ist es Zeit, digital zu werden.
Weil wir wissen, was Du brauchst.
Wir sind sicher, dass Du paydirekt problemlos handhaben kannst.
Und Scan2Bank ist auch stark.
Du solltest wissen, was wir herausbringen.
Die Zukunft ist toll für Dich!

Lasst uns digital werden!
Wir werden digital sein!
Lass uns digital werden!
Doo Doo doo doo doo doo doo.
Bankkonto.
Hol Dir Dein digitales Bankkonto!
Hol Dir Dein digitales Bankkonto!

Mit Selbstironie gegen den Mainstream

Aus Sicht des BVR „traue man den Genossenschaftsbanken die Digitalität zu Unrecht weniger zu als anderen“. Damit will man selbstbewusst und auch ein wenig selbstironisch umgehen und sagen: „So stimmt das nicht – dass wir noch in den 80er Jahren festhängen, das glaubt ihr doch wohl selbst nicht.“

Ziel der Kampagne sei es, Aufmerksamkeit in der Zielgruppe dafür zu erzeugen, dass Volks- und Raiffeisenbanken digitale Leistungen rund um das Girokonto anbieten und dass sie dabei digitaler sind, als man vielleicht denkt.

Laut BVR seien die ersten Zahlen aus der Marktforschung sind sehr positiv. Man sei sich aber bewusst, mit dieser Art der Kommunikation auch auf Widerstände, Unverständnis und auch an Geschmacksgrenzen zu stoßen. Dies sei aber auch gut, denn Aufmerksamkeit schaffe gedankliche Interaktion und erhöhe damit die Erinnerung an die Werbebotschaft.

Erste Reaktionen auf Twitter bestätigen die Einschätzung. Dort ist bereits von „Realsatire“ die Rede.

https://twitter.com/Peter_Godulla/status/1126383979563765760

Passt die Kampagne zu (Volks)Banken?

Grundsätzlich ist es begrüßenswert, wenn eine Bank oder Bankengruppe mal unkonventionelle Werbung macht. Respekt auch zu Selbstironie und Anti-Mainstream. Glaubt man den Umfragen zu Mobile Banking, dann ist die anvisierte Zielgruppe auch tatsächlich für das Thema affin.

Generell skeptisch bin ich allerdings bei Formulierungen von Unternehmen im Stile von „Wir wissen, was Sie brauchen“. Ob die Verpackung der Botschaft bei der relevanten Zielgruppe verfängt, muss sich erst zeigen. Ich fand Olivia Newton-John 1981 toll und das Lied auch heute noch ganz nett. Allerdings bin ich kein Millenial, sondern gehöre zur Generation der Baby Boomer.

Aus den Follower-Zahlen lässt sich schließen, dass die Zielgruppe dem BVR und seinen Primärinstituten bisher weder auf YouTube noch auf Instagram große Beachtung geschenkt hat. Bleiben eigentlich nur gesponserte Einblendungen. Ob die Jugend von heute sich damit von den digitalen Fähigkeiten der Genossenschaftsbanken überzeugen lässt, muss sich zeigen.

Einen Tag vor Veröffentlichung dieses Beitrags verzeichnete das Video 450 Likes und 357 Dislikes bei rund 200.000 Aufrufen. Schade ist allerdings, dass die Kommentarfunktion auf YouTube deaktiviert ist. Womöglich entgeht dem BVR hierdurch einiges an Feed-back.

Was wäre mit Katzen als Markenbotschafter?

Unter dem Video hat der BVR übrigens folgendes geschrieben:

„Eigentlich wollten wir etwas mit Katzen machen. Die wollten aber nicht. Also haben wir das gemacht.“

Schade eigentlich…

Der Gedanke, Marketingkampagnen mittels Crowdsourcing zu entwickeln, kann schnell an Grenzen stoßen.
© Tom Fishburne

Mehr dazu hier: Wie eine Bank zu Katzenwerbung kam