Blockchain-Projekte stellen nicht nur in technologischer sondern auch in juristischer Sicht neue Anforderungen. Für eine erfolgreiche Strukturierung und Steuerung sind sechs Prinzipien aus rechtlicher Perspektive zu beachten.

Rechtliche Aspekte der Blockchain-Technologie

Bei der Umsetzung von Blockchain-Projekten sind auch rechtliche Aspekte zu beachten.

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Blockchain-Lösungen zur Marktreife zu führen, stellt eine enorme Herausforderung dar. Dieser Beitrag widmet sich den rechtlichen Aspekten dieser Problematik und soll einen groben Überblick darüber geben, wie man solche Projekte generell aus rechtlicher Sicht angehen, strukturieren und steuern kann (bzw. sollte).

So haben sich bei der anwaltlichen Beratung von Blockchain-Projekten sechs strukturelle und übergreifende Problemstellungen und daraus ableitbare Prinzipien und Leitlinien herauskristallisiert, die aus rechtlicher Sicht bei der Erschließung dieses unbekannten Terrains berücksichtigt werden sollten und die für alle Facetten von Blockchain-Projekten gelten.

1. Laufen Sie nicht von rechtlichen Fragen davon, laufen Sie auf sie zu

Man muss sich irgendwann ohnehin damit beschäftigen. Ein häufig zu beobachtender Fehler ist nämlich, dass davon ausgegangen wird, dass die Blockchain als neue Technologie nicht reguliert ist oder keinen Gesetzen unterliegt. So ist auch abseits finanzregulatorischer Fragen zu beachten, dass nahezu alle Gesetze technologieneutral sind. Insofern ist nur relevant, ob eine Blockchain-Lösung zur Durchführung rechtlich relevanter Prozesse oder zur Erzielung von Rechtswirkungen eingesetzt werden soll, die in den Anwendungsbereich der bestehenden Gesetzgebung fallen.

Noch stärker ist jedoch die Tendenz zu beobachten, rechtliche Fragestellungen zu ignorieren, scheinbar aus Angst, dass sie das Projekt gefährden oder verlangsamen könnten. Allerdings ist fast jedes Problem lösbar. Deshalb gilt: Je früher sich mit solchen Themen befasst wird, desto besser, schneller und leichter lassen sich entsprechende Lösungen finden. Rechtliche Compliance wird auch für Investoren immer wichtiger; insofern kann dies auch einen klaren Wettbewerbsvorteil darstellen.

2. Involvieren Sie rechtliche Beratung bereits in der Design-Phase

Um etwaige rechtliche Fallstricke zu vermeiden, sollte entsprechende Beratung so früh wie möglich involviert werden. Gerade bei hochkomplexen technischen Lösung müssen die Grundsteine für einen späteren rechtskonformen Einsatz oftmals bereits sehr früh, jedenfalls bevor sämtliche Prozesse, Verfahren usw. in Stein gemeißelt sind, gelegt werden. Im Nachhinein sind etwaig festgestellte rechtliche Stolpersteine – wenn überhaupt – nur noch mit gehörigem Aufwand, etwa durch notwendige technische Anpassungen zu beseitigen. Insofern ist nicht zielführend, erst eine (nahezu) fertige Lösung rechtlich begutachten zu lassen. Rechtsrat sollte daher bereits in der Design- bzw. Konzeptphase eingeholt werden.

3. Identifizieren Sie die rechtlichen Probleme, die hinter den zu lösenden praktischen/ökonomischen Problemen stehen

Ein weiterer Aspekt, der berücksichtigt werden muss, ist, dass obwohl Blockchain-Projekte in erster Linie auf die Lösung eines wirtschaftlichen oder praktischen Problems ausgerichtet sind, jede wirtschaftliche oder praktische Problemstellung mit rechtlichen Fragen verbunden ist oder zu rechtlichen Folgen führt oder auch führen soll.

Insofern kann jede Interaktion zwischen zwei Personen auf einer Blockchain bilaterale rechtliche (insbesondere vertragliche) Auswirkungen mit sich bringen. Darüber hinaus können diese Personen zusätzlichen rechtlichen Anforderungen unterliegen, welche die jeweilige Blockchain-Lösung entsprechend adressieren können muss. Es ist unerlässlich, diese rechtlichen Fragestellungen zu identifizieren, rechtlich zu bewerten und in eine funktionierende Lösung zu implementieren.

4. Fokussieren Sie sich zunächst auf die Rechtsbereiche, die Ihr Produkt fliegen bzw. scheitern lassen können

Gerade im Anfangsstadium eines Blockchain-Projekts kann man leicht damit überfordert sein, jegliche rechtliche Implikationen abschließend zu lösen. Daher ist es zielführend, sich anfänglich auf diejenigen Rechtsbereiche bzw. -fragen zu fokussieren, die über Erfolg und Niedergang einer Lösung entscheiden. Insofern sind diejenigen Rechtsgebiete zu identifizieren, die relevant dafür sind, ob ein Produkt bzw. eine Lösung rechtlich funktioniert, mithin später auch rechtskonform eingesetzt und genutzt werden kann. Hierbei ist maßgeblich, in welche Kerbe eine Lösung schlägt:

Die jeweils relevantesten Rechtsbereiche, je nachdem welcher Funktion bzw. Aufgabe die jeweilige Blockchain-Lösung dienen soll, sowie übergreifende Rechtsthemen.

5. Beginnen Sie in der für Sie relevantesten Jurisdiktion und expandieren Sie dann international

Blockchain-Lösungen streben zumeist eine globale Marktabdeckung an. Zu beachten ist jedoch, dass Rechtssysteme größtenteils national funktionieren. Insofern können die rechtlichen Rahmenbedingungen von Land zu Land sehr unterschiedlich sein. So unterscheiden sich beispielsweise die Anforderungen, wann ein gültiger und durchsetzbarer Vertrag zwischen zwei Parteien geschlossen wird oder welchen Beweiswert ein Datenbankeintrag vor einem nationalen Gericht erreichen muss, z.B. wenn die Eigentümerschaft eines auf der Blockchain gehandelten Vermögenswertes nachgewiesen werden muss.

Daher ist es praktisch unmöglich, eine Lösung bereits initial weltweit und auch rechtskonform auszurollen. Natürlich kann ein risikobasierter Ansatz verfolgt und ein bestimmtes Regelwerk als „golden standard“ zugrunde gelegt werden. Dann muss jedoch das Risiko akzeptiert werden, hier und da nicht konform zu sein.

Wenn jedoch das Risiko bewusst kalkuliert und auf bestimmte Märkte rechtlich eingegangen werden soll, ist es sinnvoll, mit der wirtschaftlich relevantesten Jurisdiktion zu beginnen, die – vorzugsweise – eine gewisse Schnittmenge mit anderen Ländern (z.B. innerhalb der EU) aufweist. Sobald in diesem Land ein gute Basis geschaffen ist, kann in Wellen international expandiert werden.

6. Verstehen und managen Sie Ihre Haftungsgefahren

Letztlich gilt es zu verstehen, welche Haftungsrisiken in einer Lösung stecken und wie man diese einfangen kann. Hierbei muss sich vergegenwärtigt werden, mit welchen Gefahren der Einsatz der Lösung für den letztlichen Nutzer einhergeht und wie sich diese realisieren können. Dies bestimmt auch das letztliche Haftungspotential des Anbieters einer solchen Lösung. Derartige Risiken können dabei teilweise technisch bzw. organisatorisch adressiert werden. Gleichwohl sind gewissen Risiken bestimmten Geschäftsprozessen schlichtweg immanent. In solchen Fällen gilt es diese Gefahren vertraglich einzufangen, etwa durch die Vereinbarung klar definierter Verantwortungsbereiche oder entsprechender Haftungsbegrenzungen.