Als „Wall Street“ in die Kinos kam, war die Finanzkrise noch 20 Jahre entfernt. Dennoch hat wohl auch Gordon Gecko seinen Anteil am schlechten Image der Banker. Wie aber stehen die Chancen für „Good Banker“?

Michael Douglas als Gordon Gecko in Wall Street

Michael Douglas verkörperte den skrupellosen Investment Banker Gordon Gecko im Film Wall Street.

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„Aufwachen!“

Ein gar nicht so sanftes Stupsen riss mich aus einem wunderbaren Traum, in dem wir Covid19 besiegt hatten, der Weltfriede nur den Flügelschlag einer Libelle entfernt war und in dem alle Menschen in den Sozialen Medien sich lieb hatten und Verständnis füreinander zeigten.

Wie gesagt, es war ein Traum.

Während ich panikartig die Augen aufriss und versuchte, mich im Halbdunkel zurecht zu finden, nahmen meine anderen Sinne dominante Eindrücke wahr: das Aroma einer kubanischen Cohiba-Zigarre, das Odeur eines 40 Jahre alten Single Malts und – nicht ganz ins Bild passend – den Geruch von Pino Silvestre und billigem Haargel.

Gab es tatsächlich Wurmlöcher und war ich durch einen Riss im Raum-Zeitkontinuum wieder in den 1980er Jahren erwacht? Nicht, dass ich etwas gegen die 80er hätte. Damals legte ich den Grundstein für meine Bankerkarriere und das Leben war leicht und unbeschwert.

Das aufkommende wohlige Gefühl einer positiven Assoziation mit einer Zeit, in der alles möglich schien, wurde durch das Einsetzen meiner vollen Sehkraft  je unterbrochen. Ich nahm eine hemdsärmelig gekleidete Gestalt wahr, die sich wie selbstverständlich auf meinem Bettrand niedergelassen hatte und auf mich herabstarrte.

Wall Street revisited

Indiana Jones?“, fragte ich unsicher ins Halbdunkle, denn mit mitternächtlichen Auftritten von älteren Hollywoodcharakteren hatte ich schon so meine Erfahrungen gemacht.

„Machst du Witze, Michel?“

Diese Stimme kannte ich! Es war nicht Harrison Ford. Es war jemand, der in den Straßen von San Francisco zu Hause war, der eine verhängnisvolle Affäre hatte, einen Rosenkrieg und Basic Instinct überlebte und auf dem Nil nach Juwelen jagte.

„Gordan Gekko?“, fragte ich unsicher in die Nacht.

„Na endlich bist du munter!“, feixte Michael Douglas, der sich wieder ganz in seine Rolle aus Wall Street vertieft hatte. Nun konnte ich auch sein gestreiftes Hemd mit weißem Kragen und die breiten Hosenträger erkennen.

Etwas unbeholfen rappelte ich mich im Bett auf und versuchte, in die Konversation einzusteigen.

„Mister Douglas, es ist mitten in der Nacht, sie sind ein gefeierter Hollywood-Star, verheiratet mit einer der schönsten Frauen der Welt und tauchen plötzlich hier in meinem Schlafzimmer auf. Was wollen Sie?“

„Nun, Michel, das ist ganz einfach.“, meinte Douglas, der sich entschlossen hatte, beim vertraulichen „Du“ zu bleiben. „Ich mache mir ernsthafte Sorgen um das Image der Banker. Ich weiß, ich weiß: als Gordon Gekko spiele ich im Film „Wall Street“ einen Börsenmakler – aber Hand auf´s Herz, wer ist denn schon so kleinlich und macht da einen Unterschied?“

Noch während ich zaghaft meine Hand hob, um anzuzeigen, dass ich so kleinlich wäre, dozierte Michael weiter, während er nun aufstand und im Zimmer auf und ab lief.

Warum gibt es keine „good Banker“?

„Ernsthaft. Über alle Berufsgruppen werden tolle TV-Shows gedreht. Da gibt es zum Beispiel „The Good Doctor“. Klar. Ärzte sind immer die Helden. Sogar als autistischer Chirurg bietet man, so scheint es, einen besseren Serien-Stoff als ein Banker, der sich mühsam seine Brötchen in einer der aufreibendsten Branchen überhaupt verdient.“

Und noch während ich mir den Kopf zermarterte, um ein Beispiel für eine gelungene Serie über einen guten Banker zu finden, argumentierte Douglas weiter: „Oder „The Good Fight“ – eine Show über eine Rechtsanwaltsfirma in Chicago – übrigens ein Spin-Off von „The Good Wife“! Dreimal darfst du raten, um welche Berufsgruppe es sich in dieser Serie dreht!“

„Jedenfalls nicht um Banker!“, antwortete ich fest.

„Richtig!“, knurrte Michael. „Auch da geht es um eine Anwältin. Meine Frage nun an dich, Michel: wieso gibt es keine Show über „The Good Banker“?“

Tatsächlich fielen mir spontan einige Beispiele ein, in denen Banker in Serien die Hauptrolle spielten, aber immer in Verbindung mit „Bad“ oder „Devils“. Hatte Michael Douglas Recht und malte die Unterhaltungsbranche ein ziemlich einseitiges Bild der Branche? War diese Berufsgattung nur für schlechte Nachrichten und für ein schlechtes Image gut?

„Ha!“, rief ich aus. „Zwei Münchner im Hamburg.“ Ich erinnerte mich dunkel an Elmar Wepper und Uschi Glas, die – wie der Titel schon sagte – zwei Münchner Banker spielten, die es beruflich nach Hamburg verschlagen hatte.

Der Mann, der den Charakter des Gordon Gekko so überzeugend spielte, warf mir einen mitleidigen Blick zu.

„Okay, wenn man intensiver darüber nachdenkt…“, entschuldigte ich mich.

Chancen für eine Imagewandel?

„Du musst etwas tun, Michel.“, drängte Douglas. „Mach etwas, damit das Image der Banken und der Banker wieder aufpoliert wird und wir endlich eine Show mit dem Titel „The Good Banker“ sehen können.“

„Hmmm.“, meinte ich nachdenklich. „Natürlich könnte ich ein Buch über lustige und gute Banker schreiben, welches dann verfilmt wird und die Branche schlussendlich so darstellt, wie sie wirklich ist: mit ganz normalen Menschen, mit ihren Hoffnungen, Sorgen und Ängsten.“

„Ja, ja!!!“, freute sich Mister Douglas und klatschte begeistert in seine Hände.

„Andererseits,“, besann ich mich nach kurzem Nachdenken, „versuche ich dann doch lieber, mich um den Weltfrieden zu kümmern. Man möchte ja auch eine realistische Chance auf Erfolg haben.“

Und puff  …. war Gordon Gekko verschwunden. Nur der matte Nachglanz seiner goldenen Cartier-Uhr erinnerte für den Bruchteil einer Sekunde an meinen nächtlichen Besucher.