Laut einer Studie wird die Vergabe von Krediten in der Eurozone und in Deutschland in diesem und im kommenden Jahr deutlich unter das Niveau der Vorjahre zurückfallen. Ein erneuter Anstieg sei erst 2025 zu erwarten.

Aktuelle Trends, Studien und Research über Retail Banking

Das klassische Retail Banking, also das Geschäft mit der Mehrzahl der privaten Kunden, befindet sich in einem tiefgreifenden Prozess der Veränderung. Verändertes Kundenverhalten, intensiver Wettbewerb, die Digitalisierung und andere Faktoren führen zu einer stetigen Verengung der Margen und stellen Banken und Sparkassen zunehmend vor neue Herausforderungen. Studien zu den neuesten Trends und Entwicklungen und wie darauf reagiert werden kann finden Sie im Bank Blog.

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Die Rahmenbedingungen für Wirtschaft und Verbraucher bleiben äußerst anspruchsvoll. Im ersten Quartal des Jahres 2023 befand sich die Wirtschaft der Eurozone offiziell in einer Rezession. Sie kämpft mit einer nach wie vor spürbaren Inflation sowie einem starken Anstieg der Zinssätze.

Immerhin hat der jüngste Rückgang der Energiepreise dazu geführt, dass sich die wirtschaftlichen Aussichten leicht verbessert haben. Die extremsten Szenarien sind nicht eingetreten und eine umfassende Energiekrise konnte vermieden werden. Trotzdem sehen sich Haushalte und Unternehmen in ganz Europa weiterhin mit steigenden Preisen konfrontiert. Zusätzlich führen die anhaltenden Spannungen aufgrund des Ukraine-Kriegs zu weiteren Herausforderungen. Infolgedessen nimmt die Nachfrage nach Krediten, sei es für den Kauf eines Hauses, einen Urlaub oder kostspielige Anschaffungen, deutlich ab.

Rückläufige Kreditvergabe im Euroraum und in Deutschland

Vor diesem Hintergrund hat EY eine Untersuchung zur Kreditvergabe im Euroraum und in Deutschland durchgeführt, die auf Konjunkturprognosen und Daten der Europäischen Zentralbank beruht. Im Jahr 2022 verzeichnete das Kreditvolumen noch einen Anstieg um 5,0 Prozent. Dies war das stärkste Wachstum seit vierzehn Jahren. Gemäß der Analyse wird das Kreditvolumen in der Eurozone im Jahr 2023 voraussichtlich lediglich um 2,1 Prozent steigen, was weniger als die Hälfte des Wachstums im vorherigen Jahr entspricht. Für 2024 wird sogar nur noch ein Anstieg um 1,7 Prozent erwartet.

In Deutschland wird die Abnahme der Kreditvergabe wahrscheinlich sogar noch stärker ausfallen: Nach einem Wachstum um 6,9 Prozent im vergangenen Jahr wird für 2023 ein Plus von 2,8 Prozent prognostiziert, und für 2024 wird sogar nur noch ein Wachstum von 0,3 Prozent vorhergesagt.

Jedoch wird ab dem Jahr 2025 die Nachfrage nach Krediten sowohl in Deutschland als auch in der gesamten Eurozone voraussichtlich wieder kräftig ansteigen. Dies wird sowohl durch das Abklingen des globalen Energiepreisschocks als auch durch erwartete Zinssenkungen seitens der Europäischen Zentralbank im Jahr 2024 begünstigt. Beide Entwicklungen werden die Ausgaben ankurbeln, das Vertrauen von Verbrauchern und Unternehmen stärken und somit die Nachfrage nach Krediten erhöhen.

Deutlicher Rückgang bei Immobilienkrediten

Die steigenden Zinssätze für Hypotheken, die gestiegenen Baupreise sowie die gleichzeitige Abnahme der verfügbaren Einkommen in Verbindung mit strengeren Kriterien für die Kreditvergabe beeinflussen momentan sowohl die Nachfrage nach Baufinanzierungen als auch deren Verfügbarkeit. Aktuell ist keine Trendwende erkennbar. Tatsächlich wird die Europäische Zentralbank im Verlauf dieses Jahres voraussichtlich weitere Zinserhöhungen vornehmen, was wahrscheinlich zu einer Verschärfung der Situation führen wird. Erst im kommenden Jahr sei mit einer möglichen Abnahme der Zinsen zu rechnen.

Es wird daher ein besonders deutlicher Rückgang bei Immobilienkrediten erwartet. Der Bestand dieser Kredite in den Bilanzen der Banken im Euroraum verzeichnete im letzten Jahr noch einen Zuwachs von 4,9 Prozent, während in Deutschland sogar ein Plus von 5,3 Prozent verzeichnet wurde. Im aktuellen Jahr wird jedoch ein Abflachen des Wachstums auf 1,4 Prozent im Euroraum und 0,5 Prozent in Deutschland prognostiziert.

Bereits im ersten Quartal brach das Volumen neuer Wohnimmobilienkredite in Deutschland massiv um 52,0 Prozent im Vergleich zum sehr starken Vorjahr ein. Angesichts der Zinsentwicklung wird ein weiterer Rückgang im Verlauf des Jahres erwartet.

Rückläufiger Bestand an Unternehmenskrediten erwartet

Die Kreditvergabe an Unternehmen wird momentan stark durch wirtschaftliche Unsicherheit, Marktschwankungen und hohe Energiepreise beeinflusst. Dennoch gibt es Anzeichen dafür, dass sich die Situation bis 2024 beruhigen wird und die Nachfrage nach Krediten zur Finanzierung von Investitionen wieder steigen wird.

Im vergangenen Jahr verzeichnete der Bestand an Unternehmenskrediten in den Ländern der Eurozone noch einen Anstieg um 5,5 Prozent. Für das laufende Jahr wird nur noch mit einem Wachstum von 3,0 Prozent gerechnet, und im nächsten Jahr wird der Bestand sogar nur noch um 0,9 Prozent wachsen. In Deutschland und Frankreich wird der Bestand an Unternehmenskrediten voraussichtlich sogar um jeweils 0,4 Prozent zurückgehen. Erst im Jahr 2025 wird erwartet, dass die Kreditvergabe an Unternehmen wieder an Fahrt aufnimmt (plus 3,5 Prozent in der Eurozone) und bis 2026 ein Wachstum von 4,5 Prozent erreicht, sobald sich die wirtschaftlichen Bedingungen erneut verbessern.

Sinkende Nachfrage nach Verbraucherkrediten

Laut Studie wird erwartet, dass der Bestand an Verbraucherkrediten in der gesamten Eurozone im Jahr 2023 um 2,0 Prozent und im Jahr 2024 um 1,9 Prozent zunehmen wird. Diese Wachstumsraten sind im Vergleich zu den Standards vor der Pandemie gering, als das durchschnittliche Wachstum bei 5,0 Prozent lag. Für Deutschland wird ein lediglich 0,9-prozentiger Anstieg der Verbraucherkredite prognostiziert. Trotzdem dürften der weiterhin vergleichsweise robuste Arbeitsmarkt und eine kontinuierliche Erholung des Verbrauchervertrauens, unterstützt durch eine abnehmende Inflation, die zukünftige Nachfrage nach Verbraucherkrediten stärken. Dies wird voraussichtlich dazu führen, dass das Kreditwachstum in der Eurozone im Jahr 2025 auf 3,9 Prozent beschleunigt wird. In Deutschland wird ein Anstieg um 3,1 Prozent erwartet.

Kreditausfälle könnten ansteigen

Die abgeschwächte Konjunktur dürfte zu einem Anstieg der notleidenden Kredite (Non Performing Loans, NPL) führen, deren Anteil im vergangenen Jahr lediglich bei 1,8 Prozent lag. Für das Jahr 2023 wird ein Anstieg auf 2,6 Prozent erwartet, und sogar auf 3,9 Prozent im Jahr 2024. Im Vergleich dazu erreichte die Quote der notleidenden Kredite im Jahr 2013 mit 8,4 Prozent ihren Höchststand.

Spanien und Italien werden voraussichtlich die höchsten NPL-Quoten für das Jahr 2023 aufweisen, nämlich 4,2 Prozent bzw. 4,4 Prozent. Dies ist teilweise auf das hohe Volumen an variabel verzinslichen Hypotheken in beiden Märkten zurückzuführen. In Deutschland wird der Anteil der notleidenden Kredite im laufenden Jahr voraussichtlich bei relativ niedrigen 1,5 Prozent liegen und im kommenden Jahr auf 2,1 Prozent steigen.

Dank strengerer Regulierung und verschärfter Kreditvergabekriterien nach der weltweiten Finanzkrise werden die Auswirkungen des wirtschaftlichen Abschwungs jedoch begrenzt sein. Obwohl die Kreditausfälle vorübergehend zunehmen dürften, werden die Auswirkungen auf die Bankbilanzen voraussichtlich deutlich geringer ausfallen als während der Finanzkrise.

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