Früher hieß es klar und deutlich: „Der Kunde ist König“. Doch die Zeiten haben sich, nicht nur bei Banken und Sparkassen, deutlich gewandelt. Steht nun das Ende der Monarchie bevor? Oder wird sie sogar wiederbelebt?

Der Kunde als König bei Banken und Sparkassen

Der Kunde ist König! Oder nicht?

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Dienstags morgens war bei Königs im Bankenland immer viel los. Da waren die Besprechungen mit dem Hofstab, die Meetings mit den Hoflieferanten, die etwas enervierenden Telefonate mit dem Schatzmeister, der wieder einmal eine schlechte Nachricht für den König hatte.

Ursprünglich hatte der König Kunde ja gar keine Ambitionen zu regieren. Wer wacht denn einfach des Morgens auf und muss feststellen: „So, jetzt bist du Souverän!“? Aber jetzt war es nun einmal so, und Kunde war König und daran gab es auch nicht viel zu rütteln.

Andererseits…

Regentenleben ist kein Zuckerschlecken

Wenn man denn schon König war, durfte man sich doch eine gewisse Wertschätzung erwarten. Nicht, dass man die Attitüden eines absoluten Potentaten an den Tag legen würde, bei Weitem nicht. Nix mit „L’état c’est moi“ – der Staat bin ich! Ludwig der XIV war mit unserem eher lokal regierenden König Kunde wohl eher nicht zu vergleichen. Auch wenn sich getrüffelte Nachtigallenzungen an Pfauenbäckchenaspik irgendwie sehr royal anhörten, so war Ähnliches nicht auf dem Menüplan von Königs zu finden.

Eher das Jägerschnitzel und die gute alte Lasagne nach Giovannis Geheimrezept. Giovannis Trattoria war sozusagen königlicher Hoflieferant und hatte selbige Auszeichnung auch groß und fett auf die Pizzakartons drucken lassen, die sein Lieferdienst – natürlich mit wohlschmeckendem, kreisrundem  Inhalt – gegen Einwurf kleiner Münzen in der ganzen Stadt verteilte.

Trotzdem war das Regentenleben kein Zuckerschlecken. Ganz frei nach Shakespeare war die Verantwortung eine ziemliche Last. Schwer ruht das Haupt, das eine Krone drückt. König Kunde konnte ein Lied davon singen.

Kundenservice ist nicht für Monarchen gedacht

Die Königswürde hatte sich, langsam aber sicher, in eine royale Nichtbeachtung entwickelt. Früher wurde man als Potentat noch hofiert. Eine „Eure Hoheit“ hier, eine „Euer Majestät“ da. Und heute?

„Tja, Herr König. Leider sind alle Leitungen des Kundenservice besetzt. Aber Ihre Anliegen sind uns wichtig, die nächste freie Leitung ist für sie reserviert. Die ihre durchschnittliche Wartezeit beträgt dreiunddreißig Minuten. Dadadadüdadada…“

König Kunde riss beim x-ten „Dadüdadüdadada“ die hochwohlgeborene Hutschnur und er hängte unwirsch auf. Er war kein prinzipieller Gegner von Fahrstuhlmusik, aber dieses Billiggedudel hatte ihm den Rest gegeben.

Er berief die Königsgilde – oder auch Interessensvertretung der freischaffenden Regenten (eV) – ein, sozusagen die Gewerkschaft der gekrönten Häupter und ließ seinen Frust freien Lauf.

Das Ende einer Regentschaft?

„Kann es sein, dass es mit unserer Regentschaft zu Ende geht?“, fragte er in die betroffen dreinblickende Runde seiner Kollegen. „Denn ich habe das Gefühl, unsere Untertanen planen eine Revolution!“

„Na, wir wollen doch nicht den Teufel an die Wand malen!“, protestierte die Regentin des Sparkassenlandes, eine dynamische Mittvierzigerin, der das Hermelin-Imitat besonders gut stand. Ich werde sehr wohl noch immer hofiert und man liest mir meine Wünsche von den Augen ab.“

Trotzig nickte sie, wie zur Bestätigung ihrer Aussage.

„Ach ja? Müsst nicht auch ihr fast all die Arbeit für eure Untertanen selbst erledigen? Müsst nicht auch ihr eure Überweisungen des nächtens selbst in den Computer eingeben und eure Kontoauszüge mühsam aus den Tiefen des Internets zusammensuchen?“

„Naja!“, meinte die Sparkassenregentin einlenkend. „Es sind halt andere Zeiten!“

„Und müsst nicht auch ihr wie all die anderen Regenten an den Geldausgabeautomaten Schlange stehen, wenn ihr ein paar Euro für die Staatskasse braucht?“

Der König des Bankenlandes geriet in Fahrt.

„Und was passiert denn im Genossenschafts-Königreich? Zwingt man da die Hoheiten nicht auch, statt mit menschlichen Untertanen mit Computern zu kommunizieren? Robo-Advice statt humanoide Hilfestellung? Es ist eine Schande!“

Traurig zuckte der König aus dem Genossenschaftsland die Schultern und seufzte: „Ja so ist das halt, wenn die Cost-Income-Ratio der Untertanen den Bach runter geht.“

„Was hat man denn vom Königsein, wenn man alles selbst machen muss? Wir erledigen die meisten Routinearbeiten durch Electronic Banking, müssen bei Problemen Hotlines anrufen, und elendslange bei Fahrstuhlmusik in der Warteschliefe hängen, nur um dann wieder mit einem Roboter zu sprechen?“

Die Runde der in der Interessensvertretung der freischaffenden Regenten (eV) organisierten Potentaten klopfte studentenhaft zustimmend auf den Tisch.

„Und ehrlich gesagt, billig ist das königliche Leben auch nicht mehr. Für weniger Leistung müssen wir nun auch noch mehr bezahlen!“

Fast standen König Kunde die Tränen über solch Ungerechtigkeit in den Augen.

Die Rettung der Monarchie?

„Moment mal!“, meldete sich ein Jungkönig zu Wort. „Wo ist denn eure Problem? Seid ihr denn nicht noch immer Könige? Und kümmern sich eure Untertanen nicht nach besten Möglichkeiten um euch? Also ich kann mich – ehrlich gesagt – nicht wirklich beklagen.“

Das Oberhaupt des FinTech-Reiches war auf den ersten Blick gar nicht als Hoheit zu erkennen und benahm sich auch unköniglich leger.

„Du nun wieder!“, ätzte der zugegebenermaßen etwas ältere König Kunde. „Du kannst da ja gar nicht mitreden, denn die goldenen Zeiten unserer Regentschaft hast du leider nicht miterlebt. Die grandiosen Geschenke zum Weltspartag, die Einladungen zu Kaffee und Kuchen beim Veranlagungsberater, die wunderbaren Kugelschreiber, die man uns schenkte, wenn wir einen Bausparvertrag abgeschlossen haben…“

„Kann es sein, dass ihr ein paar Billigkugelschreibern nachtrauert?“, fragte der Jungkönig keck.

„Hmmm…“, dachte König Kunde nach und musste für sich zugeben, dass seine letzten Argumente wohl etwas oberflächlich waren. Tatsächlich hatten sich die Zeiten verändert, da hatte der Jungspund nicht Unrecht.

So endete die Sitzung der Königsgilde – wie schon so oft – mit einem großen Fragezeichen und einem ziemlich langem, schwer lesbaren Protokoll.