Auch in Niedrigzinsphasen lohnt es sich für Unternehmen, auf mögliche Zinskostenersparnis zu blicken. Eine Untersuchung an der NBS Northern Business School zeigt Optionen bei der klassischen Fremdfinanzierung über die Emission von Anlagen.

Unternehmensfinanzierungen in Zeiten niedriger Zinsen

Auch in der Niedrigzinsphase sind Unternehmensfinanzierungen zu optimieren.

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Gibt es Zusammenhänge zwischen den Ausstattungsmerkmalen einer Anleihe und der Höhe von Neuemissionsprämien? Am IUCF Institut für Unternehmensrechnung, Controlling und Finanzmanagement wurden auf Basis von Daten über Unternehmensanleihen von 2009 bis 2017 die Existenz und Höhe von Neuemissionsprämien ermittelt. So sollten unter anderem konkrete Handlungsempfehlungen für CFOs bei der Emission von Anleihen abgeleitet werden.

Bei der Untersuchung wurde die Differenz zwischen der Rendite der neuemittierten Anleihe und der durchschnittlichen Rendite von vergleichbaren Anleihen (hierzu wurde die Bloomberg BVAL Yield Curves als Benchmark verwendet) als Neuemissions-Spread definiert. Dieser wurde fünf Mal gemessen: bei Emission der Anleihe sowie jeweils eine, zwei, vier und acht Wochen nach der Emission.

Dabei zeigte sich, dass die Neuemissionsprämien innerhalb von acht Wochen durchschnittlich bei 15,5 Basispunkten lagen. Die entgangenen Mittel bzw. zusätzlichen Finanzierungskosten auf eine typische Anleiheemission von 500 Millionen Euro betragen im Durchschnitt 1.550.000 Euro.

Mögliche Ursachen für Neuemissionsprämien

Neuemissionsprämien könnten dazu dienen, Opportunitätskosten der Underwriter und Bookrunner zu senken. Durch einen schnellen Abverkauf der Anleihen können sie neue Mandate übernehmen und so ihren Umsatz (und die meist davon abhängige variable Vergütung der Mitarbeiter) steigern. Somit könnten Neuemissionsprämien als Incentive gesehen werden, um in die Neuemission zu investieren statt in eine am Sekundärmarkt verfügbare Anleihe.

Überzeugend scheint die Argumentation, wonach institutionelle Investoren kaum ihren Bestand von Anleihen handeln und eher einen Buy-and-hold-to-maturity-Ansatz verfolgen und Anleihen in ihrem Bestand häufig anders (z. B. adjustiert um Wertberichtigungen) bewerten. Das führt möglicherweise dazu, dass Investoren diese Prämien nicht arbitrieren, weil sie dafür ihren Bestand verkaufen müssten (ggf. den Preis für ihre Anleihe senken und damit die Rendite erhöhen) und mit dem freigewordenen Kapital Anleihen-Neuemissionen zeichnen und damit durch ihre zusätzliche Nachfrage die Renditen der Neuemissionen senken würden, bis beide Renditen sich angeglichen haben. Der Verkaufsprozess einer (illiquiden) Anleihe kann zudem mehrere Tage bzw. Wochen dauern. Die Anleihe könnte da schon emittiert worden und vollständig abverkauft sein. Und selbst wenn ein Investor rechtzeitig verkaufen könnte, wäre ungewiss, ob er bei der Zeichnung denselben Betrag zugewiesen bekommt. Durch den Verkauf der Bestandsanleihe setzt sich dieser damit Wiederanlagerisiken aus.

Bei der Emission der Anleihe ist ihre Rendite (und damit die Finanzierungskosten des Emittenten vor Emissionskosten des Konsortiums) durch den Bookrunner zu schätzen. Obwohl hier verschiedene Faktoren wie Umfragen unter Investoren und Vergleiche mit ähnlichen Anleihen eingehen, kann die Rendite am wettbewerbsstarken Sekundärmarkt besser bestimmt werden, weil dort mehr Marktteilnehmer am Bepreisungsprozess involviert sind.

Ferner lässt sich das Vorkommen von Neuemissionsprämien durch ein Gedankenspiel erklären: Würde der aktuelle Marktzinssatz von AAA-gerateten Anleihen mit 10 Jahren Laufzeit bei 10 Prozent liegen und der Bookrunner bzw. Underwriter die Emissionsrendite einer neuen Anleihe bei 5 Prozent ansetzen, wäre im rationalen Markt kein Investor bereit, für dasselbe Risiko eine viel geringere Vergütung zu übernehmen. Die Emission würde scheitern. Beim umkehrten Fall (Marktzinssatz: 5 Prozent, Emissionsrendite: 10 Prozent) wäre die Emission sehr schnell beendet, weil Investoren die Chance auf einen Free-Lunch ausnutzen würden. Es kommen also eher fair- oder unterbewertete als überbewertete Emissionen zustande.

Schlussfolgerungen für CFOs

Die entgangenen Mittel bzw. zusätzlichen Finanzierungskosten auf eine typische Anleiheemission von 500 Millionen betragen im Durchschnitt 1.550.000 Euro (Neuemissions-Spread bei Emission) bzw. im Median 750.000 Euro. Es ist systematisch kaum möglich, durch die Auswahl der untersuchten Anleiheeigenschaften auf diese entgangenen Mittel aktiv Einfluss zu nehmen bzw. einen Beitrag zur Reduktion der Finanzierungskosten zu generieren. Folglich wird ein CFO kaum systematisch und wiederkehrend bei Folgeemissionen diese Kosten einsparen können, um damit einen Beitrag zu Erhöhung des Marktwerts seines Unternehmens zu leisten. Die aufgerufenen Beträge sind zwar absolut gesehen hoch, relativ betrachtet sind es bei einer Emission von 500 Millionen aber „nur“ 0,31 Prozent.

Wichtigster Treiber der Finanzierungskosten eines Unternehmens ist nach wie vor das Unternehmensrating, das auf Zinszahlungen und Gebühren der Anleiheemission Einfluss hat. Es gilt, dieses aktiv zu gestalten und die Bonität zu verbessern. Hier liegt ein beachtliches Potential zur Kostenersparnis bei Anleiheemissionen – so sollte ein CFO einen Schwerpunkt langfristig hierauf legen. Zudem könnte er die Finanzierungsalternativen genau prüfen. So könnte ein Schuldscheindarlehen, das möglicherweise eine leicht höhere Zinsbelastung hat, jedoch dafür insgesamt günstiger von den Gesamtkosten ist, attraktiv sein.

Man sollte auch Märkte danach analysieren, ob das betreffende Unternehmen in einem bestimmten Marktsegment komparative Kostenvorteile hat – etwa bei variablen oder fixen Verzinsungen. Hier könnte ein Unternehmen bei gegebenem Rating komparative Vorteile haben – es könnte sich lohnen, z. B. mit einer variablen Verzinsung finanzielle Mittel aufzunehmen und diese in feste Verzinsung zu swappen. Im Ergebnis würde ein CFO dort emittieren, wo das Unternehmen komparative Kostenvorteile hat, anschließend könnte der Emissionserlös in die präferierte Zinsstruktur geswappt werden.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass Neuemissionsprämien für Anleihen existieren. Ein CFO kann aber nicht erwarten, dass es ihm gelingt, systematisch und über einen längeren Zeitraum diese Prämien als Zinskostenersparnis zu realisieren.


Der Beitrag erschien als Teil des Jahrbuchs 2019/20 des Vereins Finanzplatz Hamburg e.V.. Das Jahrbuch können Sie hier herunterladen oder als Hardcopy bestellen.