Wie Banken von Vielfalt und Gleichberechtigung profitieren können

Diversität und Inklusion im Bankensektor

Abonnieren Sie den kostenlosen Bank Blog Newsletter

Obwohl Diversität und Inklusion in der Finanzbranche oft betont werden, klaffen zwischen Anspruch und Realität große Lücken. Welche Hindernisse bestehen, und wie können Banken echte Vielfalt fördern?

Vielfalt und Gleichberechtigung in Banken

Beim Thema Vielfalt und Gleichberechtigung klafft bei Banken und Sparkassen eine große Lücke zwischen Anspruch und Realität.

Partner des Bank Blogs

YouGov ist Partner des Bank Blogs

In der heutigen globalisierten Welt sind Diversität und Inklusion nicht nur ethische Imperative, sondern auch wirtschaftliche Notwendigkeiten. Studien zeigen, dass vielfältige Teams innovativer und erfolgreicher agieren. Dennoch bleibt die Finanzbranche, insbesondere der Bankensektor, hinter diesen Erkenntnissen zurück. Zwischen öffentlichen Bekenntnissen zur Vielfalt und der gelebten Realität klafft oft eine erhebliche Lücke.

Aktueller Stand der Diversität im Bankensektor

Trotz zahlreicher Initiativen ist der Anteil von Frauen in Führungspositionen in deutschen Banken weiterhin gering. Im Jahr 2023 betrug der Frauenanteil in den Vorständen großer deutscher Banken 16,8 Prozent. Bei den Sparkassen lag der Anteil weiblicher Vorstandsmitglieder bei lediglich 6,1 Prozent, während Genossenschaftsbanken sogar nur 4,5 Prozent verzeichneten. Bemerkenswert ist dabei, dass es in Genossenschaftsbanken mehr Vorstandsmitglieder mit dem Namen „Thomas“ gibt als weibliche Vorstände insgesamt.

Herausforderungen und Barrieren (und somit auch: große Chancen)

Die Gründe für diese Ungleichheit sind vielfältig. Historisch bedingte Rollenbilder, unbewusste Vorurteile und strukturelle Barrieren tragen dazu bei, dass Frauen und andere unterrepräsentierte Gruppen im Bankensektor benachteiligt werden.

Nur wenige Frauen in Führungspositionen

Trotz öffentlicher Bekenntnisse zur Förderung von Frauen in Führungsrollen bleibt der Fortschritt schleppend. Eine Studie von Boston Consulting Group (BCG) aus dem Jahr 2024 zeigt, dass Frauen nur 24 Prozent der Vorstandspositionen in den 50 größten europäischen Banken innehaben. Zudem verdienen Frauen in Führungspositionen durchschnittlich 20 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen. Männer besetzen häufiger geschäftsorientierte Positionen, während Frauen in weniger profitablen Bereichen wie Personalwesen oder Marketing tätig sind.

Diskriminierung bei der Kreditvergabe und im Finanzservice

In der Finanzbranche sind tief verwurzelte Vorurteile und Diskriminierungen bei der Kreditvergabe und im Kundenservice gegenüber bestimmten Personengruppen nach wie vor präsent. Diese Diskriminierung betrifft insbesondere Frauen, ältere Menschen, Trans*-Personen und basiert teilweise sogar auf der Postleitzahl des Wohnorts.

Obwohl von Frauen geführte Unternehmen florieren, stehen sie bei der Kreditvergabe und Investitionsrunden oft vor erheblichen Hürden. So erhalten frauengeführte Unternehmen nur 2 Prozent des globalen VC-Fundings. Für Kredite  zahlen sie bis zu 0,5 Prozent höhere Zinsen.

Ältere Menschen

Personen über 67 Jahre werden in der Kreditvergabe systematisch benachteiligt. Sie erhalten seltener Kredite und müssen mit höheren Zinsen rechnen. Besonders problematisch ist dies bei Immobilienfinanzierungen, die vielen älteren Menschen verwehrt bleiben.

LGBTQIA2S+ Personen

Trans*-Gleichgeschlechte Paare sowie Trans*-Personen stehen im Finanzsektor vor besonderen Herausforderungen – nicht nur bei der Kreditvergabe, sondern vor allem im Kundenservice. Ein großes Problem ist die Identitätsprüfung: Sind Stimme, Name und äußeres Erscheinungsbild während Identifizierungsprozessen für Bankmitarbeiter nicht „stimmig”, wird die Kontoeröffnung schon mal abgelehnt. Auch bei Anrufen im Service Center werden Telefonate vermeintlich aus Betrugsverdacht abgebrochen, wenn die Person am anderen Ende der Leitung nicht „klingt wie eine Frau”. Nur wenige Banken bieten True Name Features an.

Postleitzahlen-Diskriminierung

Etliche Finanzinstitute in Deutschland berücksichtigen die Postleitzahl als Risikofaktor bei der Kreditvergabe, unabhängig von der individuellen Bonität. Das heißt, wenn man im für die Bank „falschen Stadtteil” lebt, in dem es öfter zu Zahlungsausfällen kommt, wird der Risiko-Scorer-Algorithmus den Antragsteller schlechter bewerten. Soviel zu individuellen Kreditentscheidungen.

Über die Black Box Schufa könnten und wurden bereits ganze Artikel verfasst. Das viel zu wenig diskutierte Problem ist die sogenannte „statistische Diskriminierung„. Dabei werden bestimmten Personengruppen Merkmale zugewiesen, die auf Durchschnittswerten basieren. Dies kann dazu führen, dass die Postleitzahl als Risikofaktor verwendet wird – insbesondere in Stadtteilen mit einem hohen Anteil an Migranten, was die Kreditvergabe für dort lebende Menschen erschwert.

Eine europäische Studie ergab zudem, dass Personen mit arabisch klingenden Namen bei Anfragen an Banken deutlich seltener eine Antwort erhielten, unabhängig davon, ob es sich um Kredite oder Investitionen handelte. Dies zeigt, dass unbewusste Vorurteile auch in modernen Finanzsystemen fortbestehen und den Zugang zu Finanzdienstleistungen beeinflussen können.

Barrieren für Menschen mit Behinderungen und Neurodivergenz

Auch Menschen mit Behinderungen und neurodivergente Personen stoßen im Finanzsektor auf erhebliche Hürden. Viele Banken bieten beispielsweise keine barrierearmen Filialen an, geschweige denn Websites oder Banking-Apps an, was den Zugang zur eignen Finanzwelt erschwert. Zudem gibt es oft komplizierte Identifikationsverfahren, die insbesondere für Menschen mit kognitiven Einschränkungen eine Herausforderung darstellen. Ebenso fehlt es an Schulungen für Bankmitarbeiter, um besser auf die Bedürfnisse neurodivergenter Kunden einzugehen, wodurch Missverständnisse und Hürden im Finanzalltag entstehen können.

Vorteile von Diversität und Inklusion

Eine Studie von Oliver Wyman zeigt, dass Frauen zunehmend einflussreiche Käuferinnen von Bank-, Investitions- und Versicherungsprodukten sind. Das ungenutzte Potenzial in diesem Marktsegment wird auf 700 Milliarden US-Dollar geschätzt. Zudem belegen Untersuchungen, dass diverse Teams innovativer sind und bessere finanzielle Ergebnisse erzielen.

Das bedeutet also: Double Trouble – Die Vorteile von Vielfalt in Bezug auf die eigene Belegschaft werden nicht gehoben und auch die Kunden und Kundinnen werden in ihren Bedürfnissen nicht wahrgenommen.

Diese Vorteile lassen sich besonders in Bereichen wie Customer Centricity und Vertical Banking ausschöpfen – jedoch nur, wenn Banken ihre vielfältigen Kundengruppen auch wirklich verstehen.

Über den Autor

Alex Gessner

Alex Gessner ist Geschäftsführerin der auf Vielfalt und Innovation spezialisierten ACI Diversity Consulting. Die Betriebswirtin (MBA) war zuvor u.a. für die Solarisbank und American Express tätig.

Vielen Dank fürs Teilen und Weiterempfehlen


Mit dem kostenlosen Bank Blog Newsletter immer informiert bleiben:

Anzeige

Get Abstract: Zusammenfassungen interessanter Businessbücher

Kommentare sind geschlossen

Bank Blog Newsletter abonnieren

Bank Blog Newsletter abonnieren