Das Gesundheitswesen wird immer weiblicher: Schon jetzt sind zwei Drittel aller Medizinstudierenden Frauen, etwa die Hälfte der heilberuflichen Existenzgründungen geht auf sie zurück. Worauf es ankommt, um diese spezielle Zielgruppe zu erreichen.

Ärztinnen und Apothekerinnen sind eine besondere Zielgruppe von Banken.
Sie sind exzellent ausgebildet. Sie sind viele. Und sie verändern die Gesundheitswirtschaft: Galt bis vor kurzem der männliche Praxisinhaber, Apotheker oder Oberarzt als Standard, prägen heute zunehmend Frauen den Alltag in der Versorgung. In der Humanmedizin stellen sie laut statistischem Bundesamt bereits 65 Prozent der Studenten. In Pharmazie- und Zahnmedizin-Studiengängen erreicht ihr Anteil gar 70 Prozent. Bei den niedergelassenen Vertragsärzten, so die Zahlen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, ist die Geschlechter-Parität inzwischen erreicht.
Sowohl im Medizinstudium als auch bei den Niederlassungen stellen Frauen inzwischen die Mehrheit.
60 Prozent der Humanmedizinerinnen entscheiden sich im Laufe ihres Berufslebens laut einer unserer Marktanalysen dafür, eine eigene Praxis zu gründen. Besonders häufig lassen sich Frauen mit den Fachgebieten Gynäkologie, Psychotherapie und Psychiatrie nieder. Ohne Medizinerinnen ist eine wohnortnahe Gesundheitsversorgung in Zukunft undenkbar. Wer sie im Finanzwesen als Kundinnen gewinnen will, darf sich jedoch nicht täuschen: Mit einer rein auf männliche Karrieren und Bedürfnisse ausgerichteten Kundenansprache wird das nicht möglich sein.
Kleinere Gründungen, vorsichtigere Investitionen
Heilberuflerinnen, das zeigen die Studien der apoBank eindeutig, haben vielfach andere Bedürfnisse als ihre männlichen Kollegen. Sie schätzen die Gestaltungsmöglichkeiten, die therapeutische Selbstbestimmung sowie die Nähe zu den Patienten und die flexiblen Arbeitszeiten, die mit einer Niederlassung einhergehen.
Gründerinnen entscheiden sich aber häufiger als ihre Kollegen für eine kleinere Einzelpraxis, wie die Zahlen belegen. Hausärztinnen geben im Schnitt zum Beispiel 20 Prozent weniger für den Kauf einer Praxis aus als Hausärzte. Später jedoch investieren sie im gleichen Maß wie Männer, um ihre Praxen zu modernisieren.
Ärztinnen und Apothekerinnen legen außerdem großen Wert auf Sicherheit bei der Geldanlage. Mehr als 80 Prozent bevorzugen, laut unserer repräsentativen Umfrage, risikoarme Strategien für die private Altersvorsorge. Bei den Männern sagen das nur 60 Prozent.
Weibliche Gründer geben für die Niederlassung in einer Einzelpraxis im Schnitt 37.000 Euro weniger aus als Männer.
Ganzheitliche Beratung als Schlüssel
Höchste Zeit also, sich vom imaginären Musterkunden in Weiß zu verabschieden. Heilberuflerinnen, sind schlicht häufig mit anderen Lebensrealitäten konfrontiert als Heilberufler. Sie brauchen womöglich etwas länger für ihre Facharztausbildung, weil sie sich zeitweise stärker auf die Familie konzentrieren. Sie interessieren sich, wie Kundenbefragungen zeigen, mehr als Männer für Nachhaltigkeit und entsprechende Bankprodukte. Gerade die Jüngeren machen davon auch die Auswahl ihres Finanzinstituts abhängig.
Ein grundlegendes Verständnis davon, wie der Alltag vieler Heilberuflerinnen sich gestaltet, was sie in welchen Phasen bewegt, ist deshalb der Schlüssel dazu, ihr Vertrauen zu gewinnen.
Umso mehr Chancen eröffnet eine lebensphasenorientierte Beratung, bei der persönliche Ansprechpartner Kundinnen über längere Zeiträume begleiten. Insbesondere Gründerinnen schätzen den intensiven Austausch mit Beraterinnen und Beratern, die auf ihre besonderen Bedürfnisse eingehen und wissen, dass diese sich im Laufe der Zeit wandeln können. Die junge Mutter, die phasenweise im Beruf kürzertritt, kann schon wenige Jahre später großes Interesse an einer Erweiterung ihrer Praxis haben. Wer erfolgreich Heilberuflerinnen beraten möchte, muss solche Entwicklungen im Hinterkopf haben.
Mut zu mehr Selbstbestimmung und Flexibilität
Es ist deshalb sinnvoll, den Kontakt zu allen Altersgruppen unter den Heilberuflerinnen zu suchen. Wer einen Finanzdienstleister bereits im Studium als engagiert für die Belange der Heilberufe erlebt, entwickelt langfristiges Vertrauen. In den ersten Berufsjahren in Anstellung schätzen Heilberuflerinnen eine gute Beratung dazu, wie sich die Wahl des individuellen Karrierewegs auf ihre Finanzen auswirkt. Persönliche Unterstützung bei der Suche nach einer geeigneten Praxis für die Niederlassung wird honoriert, ebenso profunde Kenntnisse zum Gesundheitsmarkt und Kontakte zu spezialisierten Steuerberatern und Anwälten.
Beraterinnen und Berater, die solche Kriterien erfüllen, werden oftmals zu zentralen Vertrauenspersonen rund um alle Fragen zur Existenzgründung. Häufig sind sie es, die gerade Heilberuflerinnen den nötigen Mut zusprechen, sich für die Selbständigkeit und damit für mehr Selbstbestimmung und Flexibilität zu entscheiden. Steht nach vielen Jahren Berufstätigkeit langsam der Ruhestand an, sind die vertrauten Finanzpartner nicht selten die erste Adresse, um sich nach geeigneten Nachfolgern zu erkundigen.
30 Prozent investieren in Wertpapiere
Brauchen weibliche Kunden andere Produkte als Männer? Wir sehen, dass sie sich nichts grundsätzlich anderes, aber mehr Flexibilität wünschen. Das gilt etwa für die Existenzgründungsfinanzierung. Hier profitieren sie insbesondere von Angeboten, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglichen. Auch bei Geldanlagen schätzen gerade jüngere Frauen eine große Auswahl und die Möglichkeit, soziale Kriterien und Umwelt-Aspekte zu berücksichtigen.
Das Vorurteil, Frauen interessierten sich nicht für ihre Finanzen, darf längst als überholt gelten. Zwar investiert die Mehrheit noch nicht bewusst in renditestarke und damit risikoreichere Anlagen. 30 Prozent jedoch legen laut einer repräsentativen Umfrage des deutschen Bankenverbands inzwischen Geld in Aktien, Fonds oder anderen Wertpapieren an. Das ist über ein Drittel mehr als noch 2019.
Mehr als Geldvermehrung bieten
Noch haben Frauen damit nicht zu den Männern aufgeschlossen, die knapp zur Hälfte auf solche renditeträchtigen Produkte setzen. Aber der Trend ist eindeutig. Frauen stellen sich ihrer finanziellen Zukunft. Sie wollen investieren – nur das „wie“ macht vielfach den Unterschied. 700 Milliarden Dollar, besagt eine Studie der Strategieberatung Oliver Wyman aus 2019, entgehen Finanzdienstleistern weltweit jährlich, weil es an Verständnis und der richtigen Ansprache von Kundinnen fehlt. Weibliche Berater als Ansprechpartnerinnen, Vertrauensaufbau in Netzwerk-Veranstaltungen und Empowerment in Form von maßgeschneiderten Events können insofern viel dazu beitragen, sie noch stärker für die Möglichkeiten der Finanzwelt zu begeistern.