Verantwortungsvoller Einsatz von KI im Bankwesen

Chancen nutzen, Risiken minimieren

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2025 wird für Banken richtungsweisend in Sachen Künstliche Intelligenz. Nach ersten Use Cases steht die Skalierung im Fokus. Es gilt, Chancen zu nutzen, Risiken zu minimieren und mithilfe von Regulatorik und Best Practices eine fundierte Governance aufzubauen.

Einsatz Künstlicher Intelligenz in Finanzinstituten

Wie Finanzinstitute beim Einsatz Künstlicher Intelligenz Chancen nutzen und Risiken minimieren können.

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Anna Müller, 38 Jahre alt, berufstätige Mutter und vielbeschäftigte Projektmanagerin, plant eine größere Anschaffung und möchte kurzfristig den Kreditrahmen ihrer Kreditkarte erhöhen. Ohne den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) gestaltet sich dieser Prozess umständlich und zeitaufwendig. Anna ruft die Service-Hotline ihrer Bank an, wartet mehrere Minuten in der Warteschleife und wird schließlich mit einem Servicemitarbeiter verbunden. Nach der Beantwortung mehrerer Sicherheitsfragen – wie Geburtsdatum und Details zu letzten Transaktionen – schildert sie ihr Anliegen.

Der Mitarbeiter bittet sie um Einkommensnachweise und weitere Unterlagen, da ein manuelles Prüfverfahren notwendig ist. Nach dem Telefonat erhält Anna eine E-Mail mit der Aufforderung, Gehaltsnachweise hochzuladen. Die Bearbeitung dauert drei Werktage, bis sie schließlich per E-Mail die Bestätigung der Kreditrahmenerhöhung erhält. Für Anna bedeutet das: ein 15-minütiges Telefonat, zusätzlicher E-Mail-Austausch und mehrere Tage Wartezeit – ein aufwendiger Prozess, der nicht zu ihrem hektischen Alltag passt.

Mit KI-gestützten Services derselben Bank sieht die Situation ganz anders aus. Anna öffnet einfach ihre Banking-App. Ein personalisierter Chatbot begrüßt sie und fragt, wie er helfen kann. Sie tippt: „Kreditrahmen erhöhen.“ Der Bot erkennt Anna automatisch per biometrischem Login und anhand ihrer Nutzungshistorie. Der KI-gestützte Assistent analysiert in Echtzeit ihr Zahlungsverhalten, die Bonität und die regelmäßigen Geldeingänge. Auf Basis dieser Daten schlägt er ihr sofort einen passenden neuen Kreditrahmen vor. Anna muss nur noch per Fingerabdruck bestätigen, und der neue Kreditrahmen ist direkt aktiv. Der gesamte Vorgang dauert keine zwei Minuten, es sind keine zusätzlichen Unterlagen oder Wartezeiten erforderlich.

Im Vergleich zeigt sich deutlich: Ohne KI sind Bankprozesse oft manuell, fragmentiert und erfordern aktive Mitwirkung des Kunden. Mit KI hingegen ist der Service personalisiert, automatisiert und in Echtzeit verfügbar. KI optimiert die Entscheidungsfindung und reduziert den Aufwand für den Kunden erheblich. Für Anna bedeutet das eine nahtlose, schnelle und intuitive Nutzererfahrung – genau das, was sie in ihrem stressigen Alltag braucht.

Die transformative Rolle von KI im Bankwesen

Künstliche Intelligenz hat sich als Schlüsseltechnologie im Bankwesen etabliert. Sie ermöglicht effizientere Prozesse, Kostensenkungen und neue Geschäftsmodelle. Anwendungen wie automatisierte Kreditentscheidungen, Betrugserkennung und personalisierte Kundeninteraktionen sind bereits Realität. Laut verschiedenen Schätzungen könnten KI-Technologien bis 2030 weltweit zwischen 13 und 16 Billionen USD generieren.

Gleichzeitig birgt KI Risiken wie diskriminierende Entscheidungen, fehlerhafte Ergebnisse und unethische Anwendungen. Ein angemessener regulatorischer Rahmen ist notwendig, um Chancen zu maximieren und Risiken zu minimieren.

Regulatorische Anforderungen: Europa vs. USA

Europa verfolgt mit dem AI Act einen risikobasierten Ansatz, bei dem KI-Systeme je nach Risikokategorie unterschiedliche Anforderungen erfüllen müssen. Hochrisiko-Anwendungen wie KI-Modelle für Kreditvergaben unterliegen strikten Regeln, die Transparenz bei Entscheidungen, regelmäßige Audits und die Einhaltung der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) umfassen. Diese Vorgaben fördern Transparenz und Verbraucherschutz, erhöhen jedoch auch die Komplexität und Kosten der Umsetzung, insbesondere für kleinere Marktteilnehmer.

In den USA hingegen gibt es keine einheitliche KI-Regulierung. Stattdessen setzen Regulierungsbehörden wie die Federal Reserve oder das Office of the Comptroller of the Currency auf branchenspezifische Richtlinien, die Banken mehr Flexibilität geben. Dieser marktorientierte Ansatz begünstigt Innovation und eine schnellere Markteinführung neuer Technologien, birgt jedoch Risiken durch eine geringere Kontrolle und potenzielle Verbraucherbenachteiligung.

Unternehmen in den USA werden sich daher auch zukünftig leichter tun, neue Dinge zu testen und die Entwicklung von KI voranzutreiben. Europa kann sich als Ort der sicheren KI etablieren, aber nur, wenn eine Balance zwischen Innovation und Regulatorik gefunden wird.

Die enge Zusammenarbeit des Europäischen Parlaments mit Wissenschaftlern und Repräsentanten der Industrie in Vorbereitung des EU AI Acts lässt Hoffnung aufkommen. Diese Hoffnung wird sich aber nur materialisieren, wenn ein massiver Bürokratieabbau gerne inklusive eines Ausbaus der Nutzung von technologischen Möglichkeiten – in den Behörden stattfindet. Und deutsche Unternehmen haben durchaus ebenfalls noch Hausaufgaben in Bezug auf ihre Innovationskultur zu erledigen.

Herausforderungen bei der Datennutzung

Daten spielen eine zentrale Rolle für die Leistungsfähigkeit und Fairness von KI-Systemen. Fehlerhafte oder verzerrte Daten können zu ungewollten Ergebnissen führen, die nicht nur den Geschäftserfolg beeinträchtigen, sondern auch regulatorische und ethische Risiken bergen. Eine zentrale Herausforderung ist dabei die Frage, ob Datensätze die Realität unverändert abbilden sollten oder ob sie bereinigt werden müssen, um Verzerrungen zu minimieren. Unbearbeitete Daten reflektieren die gesellschaftliche Realität, einschließlich bestehender Verzerrungen, was dazu führen kann, dass historische Ungleichheiten, etwa in der Kreditvergabe, fortgeschrieben werden. Die Bereinigung von Daten kann hingegen Diskriminierung reduzieren, erfordert jedoch klare Kriterien, um subjektive Entscheidungen zu vermeiden.

Während die Banken über große Mengen wertvollster Daten verfügen, tun sie sich mit ihrer Nutzung schwer.  Die großen Herausforderungen der Datennutzung liegen in der Datenqualität, der Fragmentierung von Daten über verschiedene Systeme, strengen regulatorischen Anforderungen sowie dem Schutz sensibler Kundendaten. Oft sind Daten inkonsistent, veraltet oder unvollständig, was präzise Analysen erschwert. Ein möglicher Lösungsansatz ist der Aufbau zentralisierter Datenplattformen, die eine einheitliche Datenbasis schaffen, kombiniert mit Data-Governance-Frameworks zur Sicherstellung von Qualität und Compliance. Ergänzend können moderne Verschlüsselungstechnologien und KI-gestützte Anonymisierungsverfahren den Datenschutz stärken und die regulatorischen Anforderungen erfüllen.

Regelmäßige Audits und externe Prüfungen sind notwendig, um sicherzustellen, dass KI-Modelle keine neuen Verzerrungen erzeugen. Um den Anforderungen gerecht zu werden, sollten Entscheidungen über Fairness in interdisziplinären Gremien getroffen werden, die unterschiedliche Perspektiven einbinden.

Praktische Anwendungsfälle von KI im Bankwesen

Die meisten Banken haben inzwischen KI Teams aufgebaut und erste Use Cases umgesetzt. Dabei hat es sich als sinnvoll erwiesen in der eignen Organisation mit Themen und Teams zu starten, die von der Technologie überzeugt sind. Der Einstieg in den Einsatz von KI sollte außerdem mit Anwendungen erfolgen, die kein direktes Kundenrisiko bergen und generell eine niedrige Risikostufe haben. Viele Banken haben bereits interne Chatbots entwickelt, die Mitarbeitende bei Anfragen unterstützen, etwa bei IT-Problemen oder HR-Fragen. Auch im internen Anweisungswesen und bei der Programmierung birgt der Einsatz von KI große Potenziale, beispielsweise zur Optimierung von Richtlinien oder zur Generierung von Code.

Nach ersten Erfolgen in internen Prozessen können Banken den Einsatz von KI schrittweise auf Anwendungen an der Kundenschnittstelle ausweiten. Ganz vorne liegt dabei das Potential der mit KI personalisierten Kundenansprache. Schafft man es, mit Hilfe von GenKI eine saubere Kommunikation zu gestalten, steigt die Kundenzufriedenheit dank der schnellen Hilfe. Negativbeispiele sind die Chatbots wie sie heute bei den meisten Banken im Einsatz sind. Ein weiteres sinnvolles Feld ist die Betrugserkennung, bei der KI Transaktionen in Echtzeit analysiert, um verdächtige Aktivitäten zu identifizieren. Durch die Reduktion von „false positives“ kann die Effizienz der nachgelagerten Abteilungen massiv erhöht werden.

Auch die Kreditentscheidung selbst birgt massives Potential – aber es müssen eben, wie eingangs beschrieben, die richtigen Voraussetzungen geschaffen werden.

Fünf Schritte zu stabiler KI-Governance in Banken

Die Etablierung einer stabilen KI-Governance ist entscheidend, um das Potenzial von KI sicher und verantwortungsvoll zu nutzen. Die folgenden Schritte bilden eine systematische Vorgehensweise:

  1. Ein klar definiertes Framework mit Verantwortlichkeiten, Prozessen und Kontrollmechanismen ist essenziell. Regelmäßige Audits und Prüfmechanismen gewährleisten die Einhaltung von Vorschriften und schaffen Vertrauen.
  2. Explainable AI (XAI) sollte genutzt werden, um Entscheidungen von KI-Systemen nachvollziehbar zu machen. Ergebnisse müssen verständlich für Kunden, Mitarbeitende und Regulierungsbehörden kommuniziert werden.
  3. KI-Modelle sollten regelmäßig auf Verzerrungen überprüft werden. Diversifizierte Datensätze und standardisierte Prozesse zur Datenbereinigung helfen, systematische Fehler zu minimieren.
  4. Technologien wie Datenanonymisierung und differenzielle Privatsphäre schützen sensible Kundendaten. Kontinuierliche Sicherheitsprüfungen reduzieren das Risiko von Datenlecks und Cyberangriffen.

Ein interdisziplinäres Gremium sollte alle KI-Anwendungen vor ihrer Einführung auf ethische und gesellschaftliche Auswirkungen prüfen. Ethikrichtlinien für den Umgang mit sensiblen Daten und KI-Entscheidungen sind unverzichtbar. Solche Richtlinien sollten dann aber auch von Menschen definiert werden, die sowohl ein Verständnis von Daten, als auch Banking und Bankenregulatorik, als auch Ethik haben – in den meisten Banken bedeutet das, dass neue Skills erforderlich sind.

Was wird 2025 bringen?

2025 ist der Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Bankwesen nicht mehr optional– er ist eine Notwendigkeit, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Nach den ersten zwei Jahren des Lernens und Ausprobierens geht es nun um einen systematischen Scale-Up und die Integration der KI in bestehende Prozesse. KI wird zu einer Standard Technologie.

Banken stehen 2025 daher vor einer doppelten Herausforderung. Sie müssen KI in ihre Run-Organisation integrieren, um Effizienzen zu heben und ein neues Kundenerlebnis zu schaffen. Das revolutioniert zahlreiche Geschäftsgewohnheiten und Prozesse. Gleichzeitig muss eine saubere Steuerung und Governance etabliert werden, um Risiken zu meiden. Selbst nicht materialisierte Risiken können einen massiven Schaden auslösen, wenn die Reputation der Bank und der Vertrauen der Kunden in Mitleidenschaft gezogen werden. Umso wichtiger ist es, das Thema Künstliche Intelligenz mit vollem Elan anzugehen – die Zeit des Probierens ist vorbei, die nächsten zwei Jahre sind entscheidend für die Frage, welche Häuser es schaffen, die Technologiewende mitzugehen.

 

Über den Autor

Dr. Viktoria Danzer

Dr. Viktoria Danzer ist Partnerin im Bereich Financial Services bei Roland Berger. Sie verfügt über langjährige Erfahrung in digitaler Transformation und Prozessautomatisierung mit Fokus auf Retail Banking. Zuvor war sie Bereichsleiterin der UniCredit Bank und unter anderem für die IT Governance verantwortlich.

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